Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
anlächelte und dass Adam sich elend fühlte. Ruckartig befreite sich Adam aus ihrem Griff und schob beide Hände in die Jackentaschen.
»Wo ist Dad?«
»Hast du wirklich die ganzen Kinder entführt? Clints Kinder?«
Sie hielt an und wartete, bis sie sicher war, Adams vollste Aufmerksamkeit zu haben.
»Du bist entweder ein totaler Idiot oder du hast eine Todessehnsucht.« Bei jedem ihrer Worte hüpften die lächerlichen Bommeln an ihrer Mütze vor und zurück. »Wahrscheinlich beides.«
»Ich habe sie gerettet.« Er sagte die Worte, um sich besser zu fühlen, aber vor seinem inneren Auge sah er nur Bobs blutüberströmten Körper. Furcht schnürte ihm den Hals zu und er konnte nicht schlucken. Er hatte richtig gehandelt, es konnte nicht anders sein. Jetzt musste er das nur noch Dad beweisen. Und Morgan so weit wie möglich von den Kindern fernhalten. Sie wickelte sein T-Shirt um ihre Finger und zog ihn so auf ihre Augenhöhe hinunter. Ihre andere Hand steckte in der Jackentasche.
Der Tasche mit dem Messer. Voller Panik und Wut sog er hastig die Luft ein. Er könnte sie töten. Er war größer. Stärker. Aber er wollte das nicht tun. Ihre Augen jedoch verrieten, dass sie das sehr gerne wollte: töten. Sie liebte es, zu töten. Weswegen sie am längeren Hebel saß. Wie immer.
»Du hast sie gerettet. Ich habe dich gerettet.« Ein breites Grinsen begleitete ihre Worte. »Vergiss das nicht, großer Bruder. Vergiss bloß nicht, was ich heute Morgen getan habe.« Sie lachte und schubste ihn so urplötzlich zur Seite, dass er stolperte und in den Schnee fiel.
»Mir ist egal, was Clint sagt. Du bist nur ein Fisch wie jeder andere.«
»Kinder, Kinder.« Aus dem Lieferwagen, der neben ihnen vorgefahren war, dröhnte eine vertraute Stimme. Adam blickte auf die weiße Verkleidung, auf der in grauen Lettern »Guardian-Schlüsseldienst« geschrieben stand. »Wir sind immer für Sie da. Tag und Nacht.«
»Hinein mit euch«, rief Dad. »Wir haben eine ganz schöne Strecke und viel Arbeit vor uns!«
Morgan sprang über einen Schneehaufen und ergatterte den Vordersitz, bevor Adam seine Beine aus dem mit Streusalz und Sand beschmutzten Schnee befreit hatte. Endlich stand er aufrecht und öffnete die Seitentür. Es hätte ihn nicht überrascht, im Inneren einen nackten, blutigen Fisch zu sehen. Stattdessen gab es im Laderaum des Transporters zwei schmale Bänke links und rechts entlang der Seiten, einen kleinen Kühlschrank und eine Kochplatte sowie ordentlich gestapelte Plastikbehälter. Als der Transporter anfuhr, plumpste Adam auf den nächsten Sitz.
»Schick, nicht wahr?«, jubilierte Dad. »Der ganze Komfort eines Zuhauses.«
»Was ist mit dem Laster passiert?«
»Habe ihn verscherbelt. Mir gefiel es nicht, deine Schwester allein zu lassen. Die neuen Bestimmungen und die GPS-Überwachung haben meinem Stil geschadet. Es gab nicht genug Zeit für Familienspaß.«
Er und Morgan wechselten einen Blick und kicherten gleichzeitig. Allein hinten auf dem Rücksitz fröstelte es Adam. Er gestand sich ein, dass es immer so gewesen war. Zumindest seit Dad Morgan aus der Einöde von Kansas gerettet hatte. Aber vielleicht war es schon früher so gewesen. Nein, das stimmte nicht. Dad kümmerte sich um ihn. Die Familie ging vor. Sagte er doch immer. Adams Sicht verschwamm und er drückte mit den Daumen gegen die Augen. Vor Müdigkeit sah er rote Blitze. Es gab keinen Spielraum für Zweifel. Es gab kein Zurück. Er musste an die Kinder denken und entscheiden, was das Beste für sie wäre. Das Beste wäre sicher, wenn sie bei ihrem Vater wären. Er sah Darrin wieder allein im Keller. Sally, die draußen vor dem Mobilheim beinahe erfror. Marty, der weinend von seiner Mutter davonrannte. Er hatte richtig gehandelt. Natürlich hatte er richtig gehandelt. Die Kinder brauchten ihren Dad. Jedes Kind brauchte seinen Dad. Er öffnete die Augen und sah, dass sie die Auffahrt zu Darrins Haus hochfuhren. Mittlerweile schien die Sonne bis ins Tal, aber die Westseite des Berges lag noch immer im Schatten. Dad fuhr von der Straße ab und wendete.
»Du weißt, was du zu tun hast?«, fragte er Morgan, die eine kleine Flasche Ketchup aus dem Handschuhfach holte. Sie nickte und sprang aus dem Wagen.
»Was machen wir hier?«, wollte Adam wissen. Dad legte seinen Arm auf die Rückenlehne der vorderen Sitzbank. Er konzentrierte sich mehr darauf, Morgan im Rückspiegel zu verfolgen, als Adam richtig anzuschauen.
»Du hast Darrin, nicht wahr?«
»Ich
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