Blutflecken (Ein Lucy-Guardino-Thriller) (German Edition)
Stelle.«
»Können wir nicht in ein Hotel ziehen oder so?«, fragte Megan. Ihre Stimme klang nun ruhiger, und sie faltete die Hände auf die gleiche Art wie Nick. »Jemand könnte mein Bodyguard sein, Taylor zum Beispiel. Er ist cool. Niemand würde auch nur auf die Idee kommen, dass er beim FBI ist.«
»Ich hoffe, du sagst ihm das nie«, bemerkte Walden lächelnd. Taylor war stolz darauf, als Undercover-Agent für die Regierung zu arbeiten, und zog sich dementsprechend an. Allerdings sah er eher aus wie der Juniorpartner einer Werbeagentur als wie ein FBI-Mann.
»Megan, wir sind hier nicht im Kino«, wandte Lucy ein.
»Warte mal. Ganz Unrecht hat sie nicht. Wir könnten von unserem Haus in die Praxis umsiedeln. Da gibt es genug Platz.«
Lucy starrte ihren Mann an. Er bezichtigte sie oft, in die psychologische Falle des Nichtwahrhabenwollens zu tappen, aber wer ignorierte dieses Mal die Tatsachen? Zum Glück kam Walden ihr zu Hilfe.
»Das könnte schwierig werden. Die Praxis ist der erste Ort, an dem man euch suchen würde.«
Nick streckte seinen Rücken gerade und nahm eine entschlossene Haltung ein. »Ich lasse meine Patienten nicht im Stich.«
»Nick …«
»Darüber wird nicht verhandelt, Lucy. Unsere Familie hat schon sehr viel für deinen Job geopfert. Umzüge, Schulwechsel, selbst …«
Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab, als er in Megans Richtung blickte. Lucy beugte sich über den Tisch, um seine Hand zu berühren. Sie wusste, dass er an September dachte. Aber er löste sich aus ihrem Griff und knüllte stattdessen seine Serviette fest zusammen.
»Und dann die ganze Zeit, die wir nicht mit dir verbringen konnten, weil du dich so sehr um deine Opfer und ihre Fälle gekümmert hast. Du kannst von mir nicht verlangen, dass ich mich auch nur einen Deut weniger um meine Patienten kümmern soll. Sie verlassen sich darauf, dass ich sie nicht im Stich lasse.«
Es gab nichts, das Lucy hätte antworten können, außer, dass sie sich in allen Anklagepunkten für schuldig erklärte. Immer wieder hatte sie Nick und Megan wegen ihrer Arbeit entwurzelt. Als sie die Beförderung hier in Pittsburgh akzeptiert hatte, hatte sie versprochen, immer pünktlich nach Hause zu kommen und weniger Risiken einzugehen – übrigens exakt das Gleiche, was auch das FBI von ihr erwartete. Aber hier saß sie nun und hatte ihr Leben und das von Nick und Megan schon wieder in die Schusslinie manövriert. Sie konnte nicht noch mehr von ihnen verlangen. Und sie konnte sie nicht für immer einsperren, so gerne sie das auch getan hätte. Die beste Lösung wäre einfach, den Dreckskerl zu finden, der hinter all dem steckte, ob es sich nun um jemanden aus dem Büro handelte, der auf ihren Posten scharf war, oder um einen durchgeknallten Psycho von der Straße, der sie um die Ecke bringen wollte. Sie konnte nur nachgeben.
»Okay.« Bis auf Weiteres. Ihr würde schon etwas einfallen, wie sie die beiden beobachten lassen könnte. Nick reckte sein Kinn und verengte misstrauisch die Augen. Megan sprang wieder vom Stuhl auf, lief mit großen Schritten auf Lucy zu und umarmte sie. Walden fing Lucys Blick auf. Er überlegte schon, wie er das nötige Personal für eine inoffizielle Bewachung zusammenkratzen könnte. Dann biss er wieder herzhaft in seine Pizza.
»Wir kriegen das schon hin«, sagte er, nachdem er heruntergeschluckt hatte. Lucy aber schob ihr halbgegessenes Pizzastück zur Seite. Ihr war der Appetit vergangen.
Kapitel 4
Adams Angst ließ nach, als er die Straße verlassen und sich in den Schutz von Stolfultzens Maisfeldern begeben hatte. Wenn er erst an seinem Spezialversteck angekommen wäre, könnte ihm niemand mehr etwas anhaben. In seiner Höhle konnte er nachdenken. Dort fühlte er sich sicher.
Er war erst zehn Jahre alt gewesen, als er den Ort entdeckt hatte. Damals war er auf der Flucht vor zwei Raufbolden gewesen, die ihn auf ihren Rädern vom Schulhof, der auf der anderen Seite der Farm lag, verfolgt hatten. Damals nutzte er die Beschaffenheit des Geländes zu seinem Vorteil, huschte über Zäune oder schlüpfte unter ihnen hindurch und duckte sich zum Schutz in den Mais, der im Juli schon hoch stand und seine Spuren verschluckte, bis er schließlich in den Wald und in Sicherheit gelangte.
New Hope lag eingeklemmt zwischen zwei Ausläufern des Warrior-Gebirgskammes am Ende eines sich verengenden Tales. Kalksteinhöhlen durchsiebten den Gebirgszug, manche von ihnen erstreckten sich viele Kilometer weit. Die
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