Blutflucht - Evolution
wusste.
Jack brachte mich bis zu meiner Haustür, wo wir uns für den nächsten Abend in Sams Kneipe verabredeten. Erst nach vielen herrlichen Küssen trennten wir uns schweren Herzens voneinander. Ich traute mich nicht zu fragen, ob wir nun offiziell ein Paar waren, aber ich würde alles dafür tun, dass sich mein Wunsch erfüllte.
Es war Montagmorgen und wie immer begann ich diesen Tag in der Pension. Da Jack mein einziger Gast war und auch schon zur Arbeit, ging ich bald runter zu Sam in die Kneipe. Ich hatte ihm so viel zu erzählen. Natürlich wollte ich unbedingt seine Meinung hören, was meine neue Eroberung betraf. Ich schilderte ihm haargenau, was passiert war, von da an, wo mich die Jugendlichen fast umgebracht hätten, bis zu dem, was Jack mir alles über sich und seine Eltern erzählt hatte.
Was dieser Arzt Jack angetan hatte, gab ich nur kurz wieder, denn ich wollte nicht mehr daran denken, was er Furchtbares durchgemacht hatte.
Sam hörte sich meine Geschichte an, während er nebenbei die Arbeiter bediente. Ein paar Mal schüttelte er den Kopf, andere Male blickte er mich mit sorgenvoller Miene an. Ich passte höllisch auf, dass niemand der Anwesenden unsere Unterhaltung mitbekam. Aber Sam vertraute ich hundertprozentig. Er kannte jedes – na ja, fast jedes – Detail aus meinem Leben.
Als ich meine Erzählung beendet hatte, zeigte ich ihm unauffällig die blauen Flecken und Kratzer an meinem Hals, die ich lieber unter einem Tuch versteckte, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Anschließend zog Sam mich in die Arme und ich spürte seine Erleichterung, weil mir nichts Schlimmeres zugestoßen war. Er fand es unverzeihlich, dass er mich allein gelassen und meine Hilferufe nicht gehört habe. Und noch etwas spürte ich, bevor wir unsere Umarmung lösten: Irgendetwas schien Sam mir zu verschweigen. Seltsamerweise tauchte vor meinem geistigen Auge kurz Rons Gesicht auf.
Nachdem ich nun mehrere Stunden damit zugebracht hatte, meine eingeschlafenen Fähigkeiten zu reaktivieren – Jack sein Dank –, waren meine Sinne schärfer als je zuvor. Aber konnte es wirklich sein, dass Sam Geheimnisse vor mir hatte? Mein Onkel Sam? Und was hatte Ron damit zu tun?
Vielleicht bildete ich mir das bloß ein.
Sam plapperte unaufhörlich weiter, was so gar nicht seine Art war, deswegen beschloss ich, ihm erst einmal zuzuhören und mir später darüber Gedanken zu machen.
»Ich werde Jack heute Abend gleich einen Drink ausgeben und mit ihm anstoßen!« Sam war zwar nicht wohl bei dem Gedanken, dass ich mich in einen Mann verliebt hatte, der so ein großes Risiko für mich darstellte, doch er wünschte mir trotzdem viel Glück. »Ich habe gleich bemerkt, was für ein feiner Kerl er ist.«
Sam hatte also nicht die Cops gerufen, aber wer dann?
Zurück in meiner Wohnung setzte ich mich gleich ans Digi-Book, um vielleicht im Internet etwas über Loyal-Pharm herauszufinden, doch wie schon bei Jack zuvor, blieben auch meine Nachforschungen erfolglos.
Plötzlich vernahm ich das leise Summen meines Multi-Phones und machte mich auf die Suche nach dem kleinen Gerät, das ich immer wieder verlegte und fast nie bei mir trug. Schließlich zog ich es bei meiner Garderobe aus einer Jackentasche.
Auf dem Display leuchtete mich Sams zerknittertes Gesicht an. Was er zu dieser Zeit wollte? Seine Stimme klang aufgeregt: »Ein paar Männer von MUTAHELP waren gerade bei mir in der Kneipe. Sie suchen nach Jack! Sie wissen, dass ihr gestern zusammen wart …« Er holte kaum Luft beim Sprechen, so schnell sprudelten die Worte aus ihm heraus. »… habe Ron schon informiert, er bringt Jack zu dir. Du musst ihn
verstecken
, wenn du ihn nicht verlieren willst! Du weißt doch
wo
, Kate?«
»Ja, aber Sam …« Jetzt war ich wirklich verwirrt. Wieso benachrichtigte er Ron?
»Zöger nicht lange, Schätzchen, tu es einfach! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis MH bei dir auftaucht! Und wenn sie Jack finden, werden sie ihn an den Pharmakonzern ausliefern!«
Woher wusste er so viel? »Sam, erklär mir …«
»Ich melde mich später wieder. Versuche MUTAHELP zu überzeugen, dass du nicht weißt, wo er sich befindet. Aber unternehme nichts, was dich in Schwierigkeiten bringt!«
Und weg war er. Ich blickte ratlos auf den toten Bildschirm meines Telefons. Warum hatte Sam nicht mehr Zeit mit mir zu reden? Mein Herz hämmerte wild in meiner Brust. Sams Aufregung hatte sich direkt auf mich übertragen. Von wem wusste MUTAHELP, dass Jack sich hier in
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