Blutflüstern: Novelle (German Edition)
auf den Arm nehmen wollen.
»Dämlack«, sagte ich und ließ mich in meinem Stuhl zurückfallen.
»Rotzgöre«, schoss er zurück.
Ich war zu gut gelaunt, um mich aufziehen zu lassen. Gott, ich würde während der Sonnenwende Takata lauschen. Wie cool war das? Voller Vorfreude zappelte ich herum und starrte auf das Telefon. Ich musste Julie anrufen. Sie würde sterben. Sie würde sofort tot umfallen.
»Wie liefen deine Kurse?«, fragte Robbie plötzlich. Er hatte mir den Rücken zugewandt und schaltete die Kaffeemaschine ein. Ich lief rot an.Warum war das immer das Zweite, was ihnen einfiel, nachdem sie kommentiert hatten, wie groß man geworden war? »Du hast deinen Abschluss, oder?«
»Was denn sonst.« Ich bewegte unruhig die Füße und schob mir eine Strähne hinters Ohr. Ich hatte meinen Abschluss, aber zugeben zu müssen, dass ich durch jeden Kraftlinien-Kurs geflogen war, den ich belegt hatte, war nicht gerade mein größter Traum.
»Hast du schon einen Job?«
Meine Augen schossen zu der Bewerbung. »Ich arbeite daran.« Zu Hause zu wohnen, während ich aufs College ging, war nicht meine Idee gewesen, aber ich hing hier fest, bis ich mir die Miete würde leisten können, ob ich jetzt einen Abschluss hatte, oder nicht.
Robbie schenkte mir ein irritierend verständnisvolles Lächeln und setzte sich mir gegenüber. Seine langen Beine reichten fast unter dem Tisch hindurch. »Wo ist die Berlinetta? Sie stand nicht in der Einfahrt.«
Oh … Dreck. Ich sprang auf und ging zur Kaffeemaschine. »Wow, das riecht toll«, sagte ich, während ich zwei Tassen aus dem Schrank holte. »Was ist das? Espresso?« Als hätte ich irgendeine Ahnung. Aber irgendwas musste ich sagen.
Robbie kannte mich besser als ich mich selbst, nachdem er mich quasi aufgezogen hatte. Es war schwer gewesen, einen Babysitter zu finden, der sich um ein Kind kümmern wollte, das regelmäßig zusammenklappte und dann Spritzen brauchte, um seine Lungen wieder zum Laufen zu bringen. Ich konnte seinen Blick auf meinem Rücken fühlen. Ich drehte mich um, verschränkte die Arme und lehnte mich gegen die Arbeitsfläche.
»Rachel …«, sagte er, dann huschte ein panischer Ausdruck über sein Gesicht. »Du hast doch deinen Führerschein gemacht, oder? Oh, mein Gott. Du hast sie geschrottet. Du hast mein Auto geschrottet!«
»Ich habe es nicht geschrottet«, verteidigte ich mich, während ich mit einer Haarsträhne spielte. »Und es war mein Auto. Du hast es mir geschenkt.«
»Was?«, jaulte er und setzte sich auf. »Rache, was hast du getan?«
»Ich habe es verkauft«, gab ich zu und wurde rot.
»Du hast was?«
»Ich habe es verkauft.« Ich wandte ihm wieder den Rücken zu, zog vorsichtig die Kanne von der heißen Platte und füllte die zwei Tassen. Sicher, der Kaffee roch toll, aber wahrscheinlich schmeckte er genauso übel wie das Zeug, das Mom immer kaufte.
»Rachel, das war ein Oldtimer!«
»Weswegen ich auch genug dafür bekommen habe, um meinen schwarzen Gürtel zu finanzieren«, sagte ich. Er ließ sich wütend im Stuhl zurückfallen.
»Schau«, sagte ich, stellte die Tasse vor ihn und setzte mich wieder. »Ich konnte sie nicht fahren, und Mom behält
keinen Job lang genug, um regelmäßig Geld zu bekommen. Sie hat nur Platz weggenommen.«
»Ich kann nicht glauben, dass du mein Auto verkauft hast.« Er starrte mich entgeistert an. »Und wofür? Um tanzen zu lernen wie Jackie Chan.«
Ich presste die Lippen zusammen. »Ich war wütend auf dich, okay?«, rief ich, und er riss die Augen auf. »Du bist nach Dads Beerdigung verschwunden und nicht wiedergekommen. Ich durfte dableiben und versuchen, Mom aufrecht zu halten. Und dann haben es alle in der Schule mitbekommen und haben angefangen, mich rumzuschubsen. Ich fühle mich gerne stark, okay? Ein Auto, das ich nicht mal fahren konnte, half da nichts, aber der Kampfsport schon. Ich brauchte das Geld, um meinen schwarzen Gürtel zu machen, also habe ich die Karre verkauft!«
Er sah mich lange an, und in seinen Augen standen Schuldgefühle.
»Willst du, ähm, mal sehen, was ich alles kann?«, fragte ich zögerlich.
Robbie atmete tief durch und schüttelte sich. »Nein«, sagte er und starrte auf die Tischplatte. »Du hast das Richtige getan. Ich war nicht hier, um dich zu beschützen. Es ist mein Fehler.«
»Robbie …«, jaulte ich. »Niemand ist schuld. Ich will nicht beschützt werden. Ich bin schon viel stärker. Ich kann mich selbst beschützen. Eigentlich …« Ich schaute
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