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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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derart eingestöpselt einen verzweifelten Versuch, endlich richtig wach zu werden. Gerade, als ich diesem Ziel recht nahegekommen war, tippte mir unsere Supersekretärin Ruth auf den Rücken. Ich zuckte zusammen und zog die Kopfhörer heraus.
    »Was?« Irgendwie musste ich dafür sorgen, dass dieser Schreibtisch umgestellt wurde, sonst würde ich noch einmal vor Schreck sterben, wenn jemand etwas von mir wollte.
    »Institutssitzung. Wir warten auf Sie«, sagte sie und legte demonstrativ den Telefonhörer auf die Gabel.
    »Stimmt was nicht?«, fragte sie unfreundlich.
    »Nein, nein, ich habe bloß nachgedacht.«
    Sie sah mich völlig teilnahmslos an. »Sie sollten früher ins Bett gehen.«
    Ich antwortete nicht, sondern folgte ihr wortlos durch die Tür. Es spielte überhaupt keine Rolle, wann ich ins Bett ging, solange ich einfach nicht einschlafen konnte.
    Als ich nach der Sitzung wieder in mein Büro kam, rief ich Fyn Nielsen an und sagte, dass ich mir den Bericht angesehen hätte und nun sehen wollte, was ich herausfinden konnte: Problematisch war, dass es keine Literatur über Langzeitverätzungen gab. Ich hatte sehr viel Zeit auf Medline und anderen medizinischen Datenbasen verbracht, ohne etwas Brauchbares zu finden. In diesem Punkt gab es anscheinend tatsächlich keine Erfahrungen, vermutlich, weil es nie zuvor einen solchen Fall gegeben hatte, bei dem jemand zwei Stunden lang buchstäblich in Rohrreiniger gebadet wurde.
    »Man muss bedenken, dass das Kind in diesem Zeug beinahe geschwommen ist«, erklärte ich Fyn Nielsen. »Normalerweise spült man so etwas ja sofort wieder ab, wenn man damit in Kontakt kommt. Es gibt diesbezüglich also keinerlei Erfahrungen.«
    »Und wie können sich die Brandwundenexperten dann so kategorisch äußern?«, fragte Fyn Nielsen. »Sie waren sich vollkommen sicher, dass die Verätzungen bis zu einer Woche alt seien.«
    »Na ja, Sie wissen schon, wie das mit Ärzten ist, für die ist das normal, sich derart kategorisch auszudrücken.«
    »Und wie wollen Sie das Problem angehen?« Fyn Nielsen klang fast verzweifelt. »Dieser Fall geht mir und den anderen verflucht an die Nieren. Ich weiß wirklich nicht, wann ich zuletzt mit etwas derart Widerlichem zu tun hatte.«
    »Ich muss etwas überprüfen, dann melde ich mich wieder«, erwiderte ich, legte auf, erhob mich und setzte mich an mein Leica-Mikroskop, unter das ich ein Glas gestellt hatte, das groß genug für meine Hand war, Handschuhgröße sieben. Dort hinein goss ich einen Viertelliter Rohrreiniger, sah auf meine Uhr, wartete, bis der Sekundenzeiger oben war, und schob meine linke Hand in das Glas, bis sie von der Flüssigkeit bedeckt war. Die Lösung drohte aus dem Glas verdrängt zu werden, aber ich hielt die Hand ganz still und sah auf den Sekundenzeiger. Ich spürte nichts. In den ersten fünfzehn Sekunden jedenfalls, weder Brennen noch Jucken. Schließlich zog ich die Hand heraus, wischte sie ab und inspizierte sie genau. Nichts zu sehen. Das Telefon klingelte. Eine Frau von einem jütländischen Hausfrauenverein, die große Freude an einem Vortrag gehabt hatte, den ich vor acht Jahren gehalten hatte, wollte ihn gerne noch einmal hören. Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete, und bat sie, zurückrufen zu dürfen. Dann betrachtete ich wieder meine Hand. Noch immer war nichts zu sehen. Ich rief Nkem an.
    »Könntest du mir helfen? Hast du ein bisschen Zeit?«
    »Eigentlich nicht, du hast gesagt, nach dem Lunch.«
    »Es dauert vermutlich nicht länger als fünf Minuten.«
    »Okay.«
    »Bring deine Pflaster mit.«
    Während ich auf sie wartete, holte ich das alte weiße Baumwollhemd aus der Tasche, das ich an diesem Morgen aus dem Kleiderschrank genommen und zum Tode verurteilt hatte. Ich schnitt drei Quadrate von etwa 1 × 1 cm aus und legte sie in dasGlas mit dem Rohrreiniger. Dann musterte ich meine linke Hand. Noch immer war nichts zu sehen, aber irgendwo musste ich ja anfangen.
    Als Nkem beinahe lautlos in Korksandalen und einem weißen Kittel, der sie fast leuchten ließ, durch meine Tür schlüpfte, fragte sie, ob ich jetzt wach sei.
    Seltsame Frage. Immerhin waren wir gerade gemeinsam bei einer Sitzung gewesen.
    Sie grinste. »Du hast ausgesehen wie ein Zombie. Zzzzzoombbbie! Wo warst du eigentlich mit deinen Gedanken?«
    »Soll ich ehrlich sein? Nirgendwo.«
    Dann erzählte ich ihr, dass ich gerade meine Hand für fünfzehn Sekunden in Rohrreiniger getunkt hatte, und hielt sie ihr hin.
    »Du hast doch nicht

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