Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
Vom Netzwerk:
gespürt haben, denn sie erwiderte meinen Blick plötzlich und ließ mich nicht mehr los. Dann lächelte sie. Tatsächlich: Die Frau, die Emilys Leben zu einem Albtraum gemacht hatte, saß da und lächelte mich an. Der Rollstuhlmann tauchte in meinem Bewusstsein auf und sagte: »Ich würde für dich morden. Man kann jemanden damit beauftragen.« Angestrengt hielt ich ihrem Blick stand, bis sie von sich aus wegsah, als der Richter und die Schöffen den Gerichtssaal betraten.
    Während ich das übliche Prozedere, darunter die Identifikation von mir als Rechtsmedizinerin des rechtsmedizinischen Instituts Odense, über mich ergehen ließ, sah ich auf die Uhr und gemahnte mich selbst zur Ruhe. Birger Frederiksen stand auf und begann mit der weiteren Erläuterung meiner Expertisen, darunter meine zwanzigjährige Berufserfahrung als Rechtsmedizinerin und der Hinweis, dass alle Fälle von Kindesmisshandlung immer auf meinem Tisch gelandet waren.
    »Ist es denn wirklich eine Kindesmisshandlung gewesen?«, fragte der Staatsanwalt und trat dicht vor den Zeugenstand.»Und ist es tatsächlich am Sonntag, den 28. Februar 2010 gegen Mittag passiert, als nur die Eltern, Eva und Daniel Sommer, Zugang zu dem Kinderwagen hatten?«
    Ja, lautete meine Schlussfolgerung nach den Versuchen an meinem eigenen Körper.
    Ich erklärte auf Aufforderung meinen Versuch, erst die Ermittlung des Zeitintervalls, in dem die Tat ausgeführt worden war, und dann die Ermittlung der Fließwege der Flüssigkeit über Josefines Körper. Ich nutzte dazu zum einen die Bilder, auf denen das Muster deutlich zu erkennen war, zum anderen eine Puppe, mit der ich meine Theorie erläuterte, dass Josefine ihren Mund nicht hatte öffnen wollen, weshalb die Flüssigkeit stattdessen über ihre rechte Wange gelaufen, dann in Kissen und Decke gesickert und an Ohr, Hals, Schulter, Brust und Arm entlanggelaufen war und sich von dort langsam in ihre Haut geätzt hatte. Ich erklärte die Verletzungen an ihrer Hand und die Rotfärbung an ihren Lippen, wobei ich mich endlos wiederholte.
    Der Staatsanwalt bat mich darum, etwas über die Intensität der Schmerzen zu sagen, die ich während meines Selbstversuchs verspürt hatte.
    »Nach etwa einer Viertelstunde habe ich starke Schmerzen bekommen, die etwa fünf Minuten angedauert haben«, sagte ich.
    »Können Sie diese Schmerzen beschreiben?«
    Ich schüttelte langsam den Kopf. »Es tat, entschuldigen Sie bitte, teuflisch weh, wirklich teuflisch«, begann ich, aber wie beschrieb man Schmerzen? Dann fügte ich hinzu: »Und ich hatte diese Flüssigkeit nur auf einem winzigen Teil meines Körpers – und noch dazu sollte meine Haut wesentlich dicker sein als die eines Kindes.
    »Und dann hörten die Schmerzen auf? Warum?«
    »Die Schmerzen nahmen ab «, erklärte ich. »Aufgehört haben sie erst, nachdem alle Nervenbahnen weggeätzt waren.«
    Der Staatsanwalt wandte sich zum Richter und wiederholte triumphierend: »Nachdem alle Nervenbahnen weggeätzt waren ! Und davor tat es nicht einfach nur schrecklich weh, sondern teuflisch weh, besonders bei einem Mädchen von zwei Jahren.«
    Birger Frederiksen fragte mich, ob die Schäden auch durch lokales Erbrechen zustande gekommen sein konnten. Das sei undenkbar, antwortete ich, Erbrochenes könne solch beträchtliche Schäden nicht hervorrufen.
    Dazu erklärte ich noch einen weiteren kleinen Versuch, den ich unternommen hatte. Ich hatte eine Tablette Movicol genommen, ein Abführmittel, das Josefine regelmäßig einnahm, und hatte mich selbst zum Erbrechen gebracht. Das Erbrochene hatte einen pH-Wert von 6,9 gehabt, was nicht hoch genug war, um solche Schädigungen hervorzurufen.
    Während der gesamten Zeugenaussage saßen beide Eltern ruhig da und hörten aufmerksam zu, ohne irgendwelche emotionalen Regungen zu zeigen. Erst als der Staatsanwalt mich bat, das Münchhausen-by-Proxy-Syndrom zu erklären, sah ich, wie Eva Sommer heftig den Kopf schüttelte. Es sah aus wie Resignation.
    Als ich fertig war und aufstand, hatte ich über eine Stunde lang alle möglichen Fragen beantwortet. Alle Blicke ruhten auf mir, da ich die Einzige war, die sich in dem überfüllten Raum bewegte. Niemand sagte ein Wort, und erneut spürte ich die Nervosität in mir, die durch meine Konzentration bei der Zeugenaussage nur verdrängt worden war. Ich hatte Zeit genug, mir die Aussagen der letzten Zeugen anzuhören. Einer davon war der Beamte, der in diesem Fall ermittelt hatte. Ich peilte eine kleine Lücke in

Weitere Kostenlose Bücher