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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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der Reihe der Zuhörer an, die an derRückwand standen. Als ich einen Platz gefunden hatte, fiel mir ein Mädchen auf, das direkt vor der Tür stand. Sie durchbohrte mich förmlich mit ihrem Blick, in ihren toten Augen aber lag so etwas wie ein Lächeln. Sie war vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre alt. Vielleicht älter? Das war bei jungen Mädchen ja nicht so leicht zu sagen. In der Regel waren sie leichenblass und trugen von oben bis unten rabenschwarze Klamotten. Ihre Haare waren oft dunkel gefärbt, und auch die Augen wurden mit einem schwarzen Kajalstift umrahmt. Nach einer Weile war ich mir sicher, dass es dieses Mädchen war, das die merkwürdige Unruhe im Gerichtssaal verbreitete. Ich konnte kaum die Augen von ihr nehmen, brach aber den Blickkontakt ab, als der nächste Zeuge sich zur Befragung erhob. Trotzdem huschte mein Blick immer wieder fragend zu dem fremden Mädchen. Sie betrachtete mich noch immer mit diesem tiefschwarzen Lächeln.
    Und dann zwinkerte sie mir zu. Ich erstarrte und fixierte die Polizistin, die die einleitenden erkennungsdienstlichen Maßnahmen erläuterte. Es war bizarr. Dieses Mädchen war bizarr. Und wenn sie nicht so jung gewesen wäre, hätte ich eine Vermutung gehabt, wer sie war.
    Die Polizistin wurde über ihren ersten Besuch im Haus der Sommers befragt. Ich hörte nicht richtig hin; ständig spürte ich den Blick des Mädchens auf mir ruhen. Ich sah auf meine Uhr, denn spätestens um elf musste ich mich diskret nach draußen schleichen. Als die Polizistin schließlich den Zeugenstand verließ, ging ich zur Tür, doch da war das Mädchen bereits verschwunden. Sie musste gerade erst gegangen sein, denn als ich Sekunden zuvor in ihre Richtung gesehen hatte, war sie noch da gewesen.
    Ich eilte aus dem Saal. Im Flur standen zwei Männer in Anzügen und fingerten an ihren Zigarettenschachteln herum,zwei weitere in Uniform bewachten die Tür. Ich hastete über den leeren Flur und sah den schwarzen Haarschopf des Mädchens über die Treppe nach unten verschwinden. Als ich ihr nachsetzen wollte, spürte ich eine Hand auf meinem Arm. Ich drehte mich um und starrte in Daniels wütendes Gesicht.
    »Wenn ich mich aus deinem Leben raushalten soll, musst du dich auch aus meinem raushalten.«
    »Ich weiß, warum du deine Zulassung verloren hast, also halte dich gefälligst bedeckt«, fauchte ich zurück und riss mich los. Im gleichen Augenblick sah ich Karoly, der etwas abseits stand und uns mit etwas zu großem Interesse beobachtete. Ich lächelte ihn an und ging, am ganzen Körper zitternd, über den Flur davon.
    Natürlich folgte Karoly mir. »Ich komme mit Ihnen nach unten eine rauchen«, sagte er, als er mich einholte. »Dann können Sie mir erzählen, was da los war.«
    »Sie meinen den Vater?« Ich musste mich mehr als zusammennehmen, um auch nur ansatzweise cool zu klingen. »Er hat gesagt, ich solle bloß aufpassen, und dann hat er mich noch als Schlampe bezeichnet. Er klang eigentlich genau wie Sie.« Es gelang mir sogar, Karoly anzulächeln.
    »Ha! Sehr witzig. Und was haben Sie zu ihm gesagt?«
    »Ich habe ihm gesagt, er soll nur kommen. Mit diesen Bodega-Typen habe ich ja ein bisschen Erfahrung.«
    Wir hatten den Fuß der Treppe erreicht und Karoly hatte bereits eine Camel ohne Filter aus seiner Packung geschnippt. Er bot sie mir an. »Tut mir leid, aber ich muss gleich weiter. Ich muss nach Kastrup, einen Flieger kriegen.«
    Er sah mich fragend an.
    »Konferenz in Helsinki. Über Genetik. Nichts für Sie.« Ich lächelte und hoffte, damit die Nervosität zu überspielen, die wild in mir pochte und fast schon an Panik grenzte. MeineHände zitterten, als ich nach meiner Zigarettenschachtel wühlend zum Auto ging. Wenn Karoly etwas aufgefallen war, mussten doch auch die anderen etwas gemerkt haben, inklusive Emily, und sie durfte das nicht wissen, sonst dachte sie noch, ich wäre wie er. Moment! War ich etwa zu dem Schluss gekommen, dass das merkwürdige Mädchen wirklich Emily war? Aber das war doch unmöglich. Sie war viel zu jung.

27
    Sofort nachdem ich in Helsinki gelandet war und im Hotel eingecheckt hatte, schrieb ich Emily eine E-Mail:
    Liebe Emily,
    bist du das Mädchen mit den schwarzen Haaren, das an der Tür des Gerichtssaals in Odense stand? Warum hast du nicht Kontakt mit mir aufgenommen? Im Moment bin ich in Helsinki, in vier Tagen bin ich aber wieder zu Hause. Ruf mich an: 42424258.
    Liebe Grüße,
Maria
    Zwei Tage später antwortete sie mir schließlich. Da

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