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Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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in Wirklichkeit mein Leben ist. In diesen Momenten tut das einfach schrecklich weh. Überall. Manchmal habe ich dann sogar den Kreidegeschmack im Mund, den mir die Migränepillen immer gemacht haben. Andere Male bekomme ich einen solchen Hunger, dass mein Bauch brennt, obwohl ich gerade erst gegessen habe. Und dann gibt es wieder Tage, da fühlt es sich so an, als würde mein Herz aus meinem Körper springen und weinen. Ich sehe das dann wie auf einem Monitor, es sieht aus wie ein schluchzendes Tier. Oder ich werde einfach von Gefühlen übermannt, die ich weder verstehen noch verkraften kann.
    Na ja, was ich dir beschrieben habe, ist das Gegenteil, ich meine, die, die ich suche, soll das exakte Gegenteil von der Erinnerung sein, die ich an meine leibliche Mutter habe. Hier ist noch eine Erinnerung:
    Ich saß in der Klinik, auf der Station für innere Medizin oder wie das heißt. Denn auch mit meinen inneren Organen stimmte etwas nicht, davon habe ich dir noch kaum erzählt. Eine Schwester wardabei, irgendetwas zu mischen, es sah wirklich zum Kotzen aus. Das Zeug sollte meine inneren Organe irgendwie leuchten lassen, wenn sie nicht so schon rot genug strahlten.
    Meine Mutter saß daneben und putzte sich wie immer für das Personal raus. Woher wohl der Pfleger X kam, was wohl Schwester Y in der Freizeit machte und wo Schwester Z wohl die fantastische Spange gekauft hatte, das wahnsinnig hübsche Stirnband oder den pikanten Lippenstift? Sie redete mit glühenden Wangen und lud sie alle zu sich in ihr Geisterhaus ein.
    »Jetzt musst du das hier trinken«, sagte die Krankenschwester und gab mir das abscheulich aussehende Getränk, »damit wir ein gutes Bild von deinen inneren Organen machen können.«
    Als sie ging, lief meine Mutter ihr mit einem Zettel nach, auf den sie ihre Telefonnummer geschrieben hatte. Dann drehte sie sich zu mir um und das Lächeln verschwand. »Du trinkst das jetzt, ist das klar?«
    Die Schwester hatte Orangengeschmack dazugemischt, doch das Gebräu schmeckte immer noch scheußlich. Außerdem sah es aus wie orangefarbene Kreide, die jemand in Schweineschmalz aufgelöst hatte. Die Schwester nannte es Barytbrei ; ein Löffel davon, und mein Magen hing oben im Hals, auf dem Weg noch weiter nach oben. Tränen schossen mir aus den Augen und ich wusste genau, dass ich mich erbrechen musste.
    Ich sah zu meiner Mutter, damit sie mir half, aber sie blickte bloß durch mich hindurch. Ich würgte den grellen Höllentrunk herunter und mein Hals öffnete und schloss sich jedes Mal, wenn mir das Zeug metallisch sauer aufstieß. Hilf mir, Mama, dachte ich, während mir die Tränen über die Wangen kullerten. Sie aber starrte vor sich hin, bewegte die Lippen und war tief in ein eingebildetes Gespräch verstrickt. Es musste ein verlockendes Thema sein, denn sie warf ihrem imaginären Gesprächspartner immer wieder ein einladendes Lächeln zu. Mich sah sie nicht, dabei saß ich von Tränenerstickt direkt vor ihr und versuchte Löffel um Löffel des Barytbreis herunterzuwürgen. In Gedanken war sie bestimmt dabei, den Pfleger in unserem verwunschenen Haus herumzuführen, bevor sie das Sixpack Coors hervorholte, um anzudeuten, dass nun in all der Armut gefeiert werden sollte.
    Ich habe dich gesehen, Maria. Und du bist das genaue Gegenteil. Du bist ein guter, redlicher Mensch. Dabei bist du ebenso schön wie meine Mutter. Irgendwie siehst du aus wie ein Rennpferd mit geblähten Nüstern. Bei deiner Zeugenaussage vor Gericht habe ich erkannt, wie begabt und voller Hass du bist. Ich habe dich beobachtet. Du hast alles.
    Deine Emily
    Endlich. Irgendwie wusste ich es, seit Sarah mir in der Dönerbude zugeblinzelt hatte. Am besten war aber, dass sie meine Aufmerksamkeit gesucht hatte, sie hatte mir alles erzählt und sich an mich gewendet. Aus den Milliarden von Menschen, die diese Erde bevölkerten, hatte sie mich ausgewählt.
    Sie brauchte mich.
    Sie war mein.
    Ich hatte längst erkannt, zu was sie imstande war und was sie sich tief in ihrem Inneren wünschte. Sie hatte mit dem Messer in der Tür gestanden und zugesehen, wie ihre Mutter den Säugling versorgt hatte. Sie hatte es gewollt, nur nicht gewagt. Ich erinnerte mich an das erste Mal, als ich eine Leiche öffnen sollte. Ich wollte es, traute mich aber nicht, bis ich es dann doch tat. Eine wohlbekannte Stimme schnitt sich plötzlich durch meine Gedanken:
    »Krause!« Ich drehte mich zu Ruth um.
    »Ja?«
    Sie grinste. »Wir warten auf Sie.«
    Ich war verwirrt.

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