Blutgeld
weiteren Phantasiegebäude – einer Bogenruine, die so aussah, wie sich irgendein Monarch alter Zeit eine römische Ruine vorgestellt haben mochte. Hoffman blieb allein neben der Imitation der japanischen Pagode zurück.
Hoffman versuchte, das Unvermeidliche zu vermeiden. Er rief Asad Barakat in seinem Büro an, aber seine Sekretärin sagte, der palästinensische Bankier sei geschäftlich unterwegs. Er versuchte es sogar bei seinem Vater in Athen, in der Hoffnung, er habe einen Vorschlag, wie man auf das neue Regime in Bagdad Druck ausüben könnte. Aber sein Vater war auch geschäftlich unterwegs. Somit blieb nur noch eine Möglichkeit übrig, und als Sam in seinem BMW Richtung Hyde Park Square fuhr, erkannte er, dass er seit einem halben Jahrzehnt auf dieses Treffen hinsteuerte, wie ein Bumerang, der zu der Stelle zurückkehrt, von der er geworfen worden war.
In Prinz Jalals Vergnügungspalast brannte Licht, und vor der Tür stand der Rolls-Royce Corniche. Er musste also zu Hause sein. Sam hatte beschlossen, sich nicht anzumelden. Es würde leichter sein so. Die Tür wurde wie üblich von dem britischen Sicherheitsbeamten geöffnet. Gerade noch sichtbar hinter ihm, auf der Treppe, die zu seinen Privatgemächern führte, war der Prinz. Er hatte ein langes weißes
thobe
an. Mit seiner kaffeebraunen Hautfarbe und seinem glänzenden Bart sah er wie irgendein Gott aus, gerade im Begriff, die himmlische Treppe emporzusteigen. Der Prinz drehte sich um, und als er Hoffman sah, machte er kurz eine verlegene Miene. Denn zufälligerweise hielt er in diesem Moment einen halbwüchsigen Jungen an der Hand. Er gab dem Jungen einen Klaps auf den Hintern und schickte ihn nach oben.
«Mein lieber Sam», sagte der Prinz und kam die Treppe herunter, seinem Besucher entgegen. «So eine Überraschung. Ich dachte, ich würde dich erst in fünf Jahren wiedersehen. Wie schön. Wie schön.» Er ergriff Sams Hand und küsste ihn zärtlich auf beide Wangen.
«Tut mir leid», sagte Sam. «Ich komme ungelegen.»
«Nein, überhaupt nicht, mein Lieber. Ich habe keine Geheimnisse vor dir. Ich hätte dir meinen jungen Freund vorstellen sollen. Wunderschöner Junge. Sie haben ihn, glaube ich, in Dänemark gefunden. Wunderschöne Stimme, wie von einem Engel. Abwechslung ist die Würze des Lebens, nicht wahr?»
«Ja», sagte Sam. «Die Würze des Lebens.»
Der Prinz führte Sam in einen der unteren Salons. Der Prinz ließ sich auf einer riesigen Couch nieder und lud Sam ein, sich zu ihm zu setzen. Er klatschte in die Hände, und es erschienen Diener mit Tee und Gebäck und einer Wasserpfeife. In der Schale lag ein Stück Haschisch von der Größe eines Zuckerwürfels. Der Prinz nahm einen langen Zug und bot seinem Gast den Pfeifenstiel an. Als Sam ablehnte, ließ er die Hand in seinen Schoß sinken und sah seinen Besucher verträumt an.
«Nun, was führt dich zu mir, so bald nach unserem letzten Treffen? Hast du es dir wegen der rumänischen Mädchen anders überlegt? Sie sind leider keine Jungfrauen mehr, aber noch sehr schmackhaft.»
«Nein. Darum geht es nicht. Eigentlich wollte ich auf einen anderen Vorschlag zurückkommen, den du mir gemacht hast.»
«Ah, gut. Und welcher war das?»
«Der, den du mir vor fünf Jahren gemacht hast, dass ich dir helfen sollte, dein Geld zu verstecken. Du hast neulich gesagt, dass das Angebot noch steht, und jetzt bin ich interessiert.»
Jalal streckte seine Hand aus. Sein Kopf kam aus einer Wolke von Haschisch heraus. «Endlich, mein Lieber. Du hast das Licht erblickt.
Ahlan wa sahlan.
Willkommen in der Bruderschaft zivilisierter Männer.»
«Aber es gibt eine Bedingung, Jalal. Ich möchte für meine Hilfe nicht bezahlt werden.»
«Wieso nicht?»
«Weil ich möchte, dass du mir stattdessen einen Gefallen tust. Ich möchte, dass du das Geld, mit dem du mich bezahlen würdest, benutzt, um das Leben von jemandem zu kaufen, der mir nahesteht.»
«Wie rührend. Wer ist der Mann?»
«Nein. Es geht um eine Frau.»
«Ah,
habibi
. Ich bin gerührt. Natürlich werde ich dir helfen. Diese Art von Austausch verstehe ich. In einer gewissen Weise ist eine Frau noch wertvoller als Geld, nicht wahr? Wer ist es?»
«Eine Irakerin. Sie heißt Lina Alwan. Sie arbeitet für Nassir Hammud.»
«Der schon wieder.» Jalal machte eine Handbewegung, als würde er etwas Unerfreuliches von seinem Teller schieben. «So ein Langweiler. Na ja. Wo befindet sich diese Frau, die ich für dich erwerben soll?»
«In Bagdad. Sie
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