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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Glas vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners und reichte es ihr. Er klang wirklich so, als täte es ihm leid. Lina überlegte einen Augenblick und nahm dann das Glas. Was immer er auch für Schwächen haben mochte, Hoffman sah interessanter aus als die meisten Gäste auf dieser Party.
    «Eines müssen Sie sich gut merken, was die Iraker betrifft», sagte sie ruhig. «Wir beantworten wirklich sehr ungern Fragen.»
    «Kapiert», sagte er. «Den Fehler mache ich nicht nochmal.»
    Hoffman eskortierte sie zum Garten. Die kühle Nachtluft duftete nach den ersten knospenden Bäumen des Frühlings. Eine Weile unterhielten sie sich über Bücher, dann über Filme, dann über Musik. Hoffman fragte sie, ob sie einen Freund habe, und sie zögerte, bevor sie es verneinte, in einer Art, die andeutete, dass sie mal einen gehabt hatte, aber jetzt nicht mehr. Als das Essen serviert wurde, reihten sie sich zusammen in die Schlange vor dem Buffet ein und setzten sich dann zum Essen in die Bibliothek. Hoffman fühlte sich wohl und redete laut, auf die amerikanische Art. Er bemerkte kaum die beiden irakischen Herren, die sich in der Nähe auf der Couch niedergelassen hatten, Zigaretten rauchten und mit ihren Gebetskettchen spielten.
    «Und was treiben Sie so beruflich?», fragte Lina, als sie an der Reihe war, neugierig zu sein.
    «Ich bin Finanzberater.»
    «Was heißt das genau?»
    «Ich arbeite mit Unternehmen zusammen, die in der arabischen Welt Geschäfte machen wollen. Ich erkläre ihnen bestimmte Dinge.»
    «Was zum Beispiel?»
    «Ich sage ihnen, mit wem sie zusammenarbeiten können und von wem sie die Finger lassen sollen.»
    «Ist das der Grund, warum Sie sich für Mr. Hammud interessieren?»
    Hoffman zuckte die Achseln. «Gewissermaßen. Aber das ist nicht der Grund, warum ich mich für Sie interessiere.»
    «Sind Sie ein Detektiv?»
    «So was Ähnliches.»
    Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. «Arbeiten Sie für die CIA ?»
    Hoffman lachte laut. «Natürlich nicht. Ich kann die CIA nicht ausstehen. Ich bin bloß ein Finanzermittler. Ich bekomme Dinge heraus, und dann teile ich die Informationen mit meinen Klienten. Das ist ganz harmlos.»
    «Ich sollte trotzdem lieber einen Bogen um Sie machen. Sie klingen so, als könnten Sie einem Ärger machen.»
    «Wer, ich? Wem könnte ich denn Ärger machen?»
    «Meinem Arbeitgeber. Er mag keine Detektive. Auch nicht solche, die sich Berater nennen.»
    Hoffman zwinkerte ihr zu. In dem Punkt sagte sie zumindest die Wahrheit.
    Während sie sich unterhielten, war ein Mann mit dunkler Brille durch die Haustür gekommen und bewegte sich jetzt durch den Salon. Er wurde von einer jungen Frau begleitet, die mit ausgestrecktem rechtem Arm knapp vor ihm herging. Er sah aus wie Ende vierzig oder Anfang fünfzig, aber seine Beine wirkten schwach. Er bewegte sich langsam, als schleppe er eine unsichtbare Kette hinter sich her. Einige Leute begrüßten ihn murmelnd, verlegen, als würden sie allein schon seine Anwesenheit als einen Vorwurf empfinden. Die anderen Gäste, die angeregt über den neuesten Klatsch geplaudert hatten, verstummten plötzlich. Salwa Darwish schien das äußerst peinlich zu sein. Hoffman brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass der Mann blind war.
    Hoffman sah sich nach Lina um und bemerkte, dass ihre Miene traurig geworden war. «Wer ist das?», fragte er, auf den Blinden deutend.
    «Er heißt Nabil Jawad.»
    Hoffman kramte in seinem Gedächtnis. «Was macht er? Bei welchem Unternehmen ist er?»
    «Er ist ein Dichter», antwortete sie. Ihr Ton war schroff, knapp. Sie wollte nicht über den Neuankömmling sprechen.
    «Helfen Sie mir auf die Sprünge. Was schreibt er? Ist er berühmt?»
    «Unter Irakern ist er berühmt. Er schreibt über unser Land. Zumindest früher hat er das getan. Jetzt schreibt er nicht mehr. Er leitet eine Stiftung.»
    Hoffman beobachtete weiter den Umzug dieses schlichten, ganz in Schwarz gekleideten Mannes, wie er sich seinen Weg durch den vollen Salon bahnte. Wenn er sich näherte, wichen die Leute zurück, ob aus Angst oder Mitleid, konnte Hoffman nicht feststellen.
    «Wer ist diese Frau da bei ihm?», wollte er wissen.
    «Seine Tochter. Stellen Sie nicht so viele Fragen. Ich habe Ihnen doch gesagt, das ist mir unangenehm.»
    «Okay», sagte Hoffman. Aber er hielt den Blick auf den Dichter Jawad gerichtet, der auf alle eine so große Wirkung auszuüben schien. Der Blinde setzte seinen Weg durch den Salon am Arm seiner Tochter fort, aber

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