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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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bekannten Innenarchitekten renoviert worden war. Jeder Raum vermittelte das Gefühl von Geld: cremeweiße Wände, massige, mit Rohseide bezogene Möbel, Gemälde im orientalischen Stil in kunstvollen Rahmen – jedes von einem eigenen Spot beleuchtet –, exotische Blumenarrangements auf Glastischen, feine Teppiche aus Kum und Isfahan. Durch diese luxuriösen Räume streiften Kellner und boten Tabletts mit Speisen an, die vom besten libanesischen Partyservice Londons geliefert worden waren.
    Marwan Darwishs Frau Salwa begrüßte ihre Gäste an der Haustür. Sie sah aus, als wäre sie ebenfalls von einem teuren Designer neu hergerichtet worden. Sie trug ein tief ausgeschnittenes, perlenbesetztes dunkelgrünes Gewand. Über ihrem Busen war eine Diamanthalskette drapiert, sodass der Anhänger in dem V zwischen ihren Brüsten lag. Sie sah aus wie eine überdimensionale, schmuckbesetzte Ausführung jenes traditionellen arabischen Gerichts, das
kussa mahshi
hieß oder gefüllter Kürbis. Es war eine Angewohnheit der irakischen Neureichen, ihre Ehefrauen wie Showgirls herauszuputzen; gleichzeitig war es eine trotzige Missachtung der islamischen Sitten der alten Welt und eine krasse Parodie der neuen.
    Die Schweigsamen waren alle da – die jungen arabischen Geschäftsmänner, Künstler, Modedesigner, Rechtsanwälte, Journalisten. Nacheinander kamen sie zur Tür herein, bewunderten das Haus mit seinen vielen Verschönerungen und plauderten miteinander über den neuen Wohlstand der Darwishs. Nach Jahren der Plackerei war Marwan auf einmal zu Geld gekommen! Niemand brauchte zu fragen, wo das Geld herkam. In der Welt der irakischen Exilanten ging man davon aus, dass plötzlicher Wohlstand nur aus einer Quelle kommen konnte. Darwish stehe sich gut mit «gewissen Kreisen in Bagdad», bemerkte einer der Gäste. Er habe «gute Beziehungen», sagte ein anderer. Aber alle ließen sie sich ohne Hemmungen seinen Wein und seine Horsd’œuvres schmecken, selbst diejenigen, die insgeheim das Regime in Bagdad verachteten. Gemäß dem arabischen Sprichwort: «Wenn der Affe König ist, tanze vor ihm.»
    Hoffman kam früh. Er wollte sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, Marwan Darwishs irakische Freunde kennenzulernen. Er trug wie gewohnt seinen grauen Anzug ohne Krawatte, doch als Zugeständnis an die Feierlichkeit des Anlasses hatte er sein Hemd zugeknöpft. Seine dunklen Haare hatte er im Stil der Filmschauspieler der dreißiger Jahre glatt zurückgekämmt. Er sah beinahe verwegen aus. Er bezog seine Stellung im Salon mit Blick auf die Tür, sodass er jeden Neuankömmling sehen konnte. Falls Nassir Hammud auftauchte, wollte Hoffman sich ihm als Finanzberater vorstellen, ihm etwas attraktiven Klatsch über irgendwelche potenziellen Akquisitionsprojekte anbieten und ihm vorschlagen, sich zu einem privaten Lunch zu treffen. Er war sich nicht sicher, was er Lina Alwan erzählen sollte.
    Hoffman hatte sich schon fast eine Stunde lang dem Smalltalk hingegeben, als er eine junge Frau Ende zwanzig zur Tür hereinkommen sah. Sie war schlicht gekleidet, mit einem kurzen schwarzen Kleid, hochhackigen Schuhen und einer Perlenkette. Sie stellte sich der Gastgeberin vor und küsste die Luft zu beiden Seiten von Salwa Darwishs Wangen. Hoffman ging auf die junge Frau zu und wollte sich gerade vorstellen, als eine andere Araberin, kleiner und draller als die erste, «Lina» rief und sich an ihm vorbeischob, um ihre Freundin zu begrüßen.
    «Ya Randa!»
, sagte Lina Alwan. Sie umarmte ihre Freundin und trat dann einen Schritt zurück, um sie zu betrachten.
«Quelle robe, habibti.»
Es war ein kurzes Cocktail-Futteralkleid ohne Rückenteil, und vorne war auch nicht viel Stoff.
    «Ich weiß», sagte Randa Aziz mit einem räuberischen Lächeln. Sie war eine irakische Christin, die als Sekretärin in der Buchhaltung arbeitete. Sie war auch eine «vertrauenswürdige Mitarbeiterin», dank ihres Onkels Elias, eines Waffenhändlers, der in Paris lebte und schon seit Jahren krumme Geschäfte mit der politischen Führung in Bagdad machte. Randa war ein Partygirl. Sie war kess und hübsch, und sie hängte sich gerne an die reichsten und korruptesten arabischen Playboys, die sich in London herumtrieben. Sie flog mit ihnen überallhin, nach Marbella oder Cannes, und jedes Mal kam sie mit unglaublichen Geschichten von Geld und Ausschweifungen nach London zurück. Lina mochte sie gern. Sie war eine der wenigen Angestellten bei Coyote Investment, die nicht

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