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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Jedes Mal wenn ein Mitarbeiter eine Datei öffnete, hinterließ er eine Spur, die erfasst und verfolgt werden konnte, und es war Linas Aufgabe, diese Fußspuren im digitalen Schnee täglich zu überprüfen, um zu sehen, was jeder Einzelne gemacht hatte.
    Sie begann ihre Arbeit, indem sie die am Vortag erfassten Aktivitäten jeder einzelnen der fünfundzwanzig Personen bei Coyote nochmals überprüfte. Sie hatte für jeden Mitarbeiter ein Benutzerprofil erstellt und wusste, auf welche Dateien er regelmäßig zugriff. Sie wusste, zu welchen Tageszeiten und an welchen Wochentagen wer welche Arbeit machte. Wenn sie irgendeine Auffälligkeit feststellte – wenn irgendjemand eine Datei öffnete oder bewegte, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Arbeit stand, oder wenn jemand sich außerhalb der normalen Bürozeiten einloggte –, hatte sie umgehend Professor Sarkis zu benachrichtigen. Die einzigen Systembereiche, die für sie tabu waren, waren die von Mr. Hammud und Professor Sarkis. Das hatte Professor Sarkis ihr mit Nachdruck eingeschärft, als sie die Stelle übernahm. Er warnte sie, wenn sie versuchen sollte, Mr. Hammuds persönliche Dateien einzusehen, hinterließe sie selbst eine Spur, die verfolgt werden konnte.
    Das war das andere außergewöhnliche Merkmal des Systems. Es sollte zwei Gehirne haben. Linas Aufgabe bestand darin, als untergeordnetes Gehirn zu fungieren, sich um die normalen Funktionen zu kümmern – Benutzerkonten einzurichten oder zu löschen und Aktivitäten zu überwachen. Diese Befugnisse waren ihr unter der Bedingung übertragen worden, dass sie sie nicht überschritt. Hammud und Sarkis verkörperten das übergeordnete Gehirn. Sie planten die Transaktionen, bewegten das Geld. Wie Lina verfügten sie über die Mittel, das Netzwerk zu durchforsten – andere Dateien durchzusehen und auf jedem der mehreren hundert Konten des Systems geschäftliche Transaktionen durchzuführen. Aber sie bestanden darauf, dass ihre eigenen Dateien niemals und unter keinen Umständen eingesehen wurden. Es war das elektronische Äquivalent einer verspiegelten Glasscheibe, die Mr. Hammud und seinem Sicherheitschef erlaubte, alles zu überwachen und gleichzeitig unsichtbar zu bleiben. Nicht einmal jetzt konnte Lina ausschließen, dass Professor Sarkis an seinem Terminal saß und beobachtete, wie sie die anderen Mitarbeiter kontrollierte.
    Helen Copaken hätte sich das nie gefallen lassen, dachte Lina. Helen war im Fachbereich Informatik an der Universität ihre beste Freundin gewesen, eine derart gescheite Frau, dass sie sogar die Männer in ihren Kursen eingeschüchtert hatte. Sie und Lina telefonierten immer noch alle paar Wochen miteinander; es waren weitschweifige Gespräche, die gewöhnlich damit endeten, dass Helen sie bat, jetzt endlich aufzuhören. Wenn Helen gewusst hätte, wie die EDV bei Coyote funktionierte, hätte sie das als empörend und barbarisch verurteilt – ein Systemadministrator, dem verboten war, bestimmte Dateien einzusehen! – und hätte Lina gesagt, sie solle keinen Augenblick länger dort bleiben. Aber was wusste Helen schon? Sie war keine Irakerin. Sie hatte noch nie Angst gehabt.
    Lina verbrachte an diesem Morgen fast drei Stunden damit, Anmelde- und Abmeldezeiten durchzublättern und sie mit den Benutzerprofilen zu vergleichen, aber sie entdeckte nichts Ungewöhnliches. Es war fast Mittagszeit. Sie machte sich auf die Suche nach ihrer Freundin Randa Aziz, um sie zu fragen, ob sie Lust hätte, das neue Café im Beauchamp Place auszuprobieren, aber als sie sie nirgends finden konnte, beschloss sie weiterzuarbeiten. So groß war ihr Hunger auch nicht, und Professor Sarkis würde sich freuen, wenn er sah, dass sie die Mittagszeit durcharbeitete.
    Und so machte das «brave Mädchen» weiter. Als nächstes überprüfte sie wie immer das Geldtransfersystem des Unternehmens. Für jede Auszahlung von den Londoner Firmenkonten sowie für jeden Geldeingang gab es einen Beleg, den die Drucker auswarfen. Lina hatte die Aufgabe nachzuprüfen, ob niemand diese Belege gefälscht hatte. Bei diesem Buchprüfungsvorgang sammelte der Computer die Parameter jeder einzelnen Geldtransaktion – den Dollarbetrag der Zahlung, seine Herkunft, den Zahlungsempfänger sowie Tag und Zeitpunkt der Zahlung – und fasste alle diese Angaben in einer einzigen Zahlenkombination zusammen, die fast so etwas wie ein Siegel darstellte. Wurde irgendeine Variable in diesem Zahlencode verändert, brach

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