Blutgeld
Sohnemann. Woher soll ich das denn wissen?»
«Na komm. Du weißt alles.»
«Stimmt, aber wieso sollte ich es dir erzählen?»
«Weil du mich liebst. Und ich dein Sohn bin.»
«Okay, aber lass dieses Vater-Sohn-Geseire. Könnte mir denken, dass Hilton wahrscheinlich für die Southern Company arbeitet.»
«Du meinst, er ist aus Dixie?» Das war ein Codewort, mit dem die alten Hasen in Beirut gewöhnlich die Israelis bezeichneten, die Kollegen aus Nahost, die man besser nicht erwähnte. Schon als kleiner Junge hatte Sam seinen Vater Dinge über Dixie und die Southern Company flüstern hören.
«Eindeutig Dixie. Das ist deren Modus operandi. Viel Rambazamba. Falsche Fahne. Hängen die große Kohle raus. Handwerklich mies. Unausgegorenes Geschwätz. Müssen die sein.»
Sam nickte. Trotz der gereizten Reaktion seines Vaters konnte er sich vorstellen, dass es stimmte. «Was haben die dir denn angetan, dass du so sauer auf sie bist?»
«’ne Menge. Aber darum geht’s nicht. Ich bin auf jeden sauer. Was hat dich dieser Hilton denn gefragt?»
«Es geht um ein bestimmtes arabisches Land, dessen Name mit dem Buchstaben ‹I› anfängt. Und es geht um Geld.»
«Ach Scheiße.» Es folgte ein langes Schweigen. Sam brach es schließlich.
«Was ist los, Dad? Ist irgendwas?»
«Nichts, Junior. Aber ich will dir mal einen Rat geben. Weswegen du mich ja angerufen hast, also halt jetzt die Klappe.»
«Ja, Sir.»
«Nimm dich in Acht. In der arabischen Welt geht es momentan drunter und drüber, sogar für dortige Verhältnisse. Und nimm dich besonders vor diesen dämlichen Irakis in Acht. In Bagdad ist gerade irgendeine riesige Schlammschlacht im Gange. Frag mich nicht, was, weil ich’s nicht weiß. Aber ich höre aus der Gerüchteküche, dass sich da was zusammenbraut.»
«Was ist in Bagdad los?»
«Keine Ahnung, hab ich doch gerade gesagt, verdammt! Warum hört mir denn nie jemand zu? Lass es dir gesagt sein, das ist nicht der Augenblick, um mit den Irakis rumzuspielen. Oder mit Typen namens Hilton.»
«Ich kann dir nicht folgen. Von wem redest du?»
Frank Hoffman seufzte. «Du hast recht. Du kannst mir nicht folgen und wirst es auch nie können, also probier’s gar nicht erst. Tu einfach, was ich sage. In Ordnung?»
Sam hatte das Gefühl, dass es langsam Zeit war, das Gespräch zu beenden. Es sah so aus, als würde der Vesuv gleich wieder ausbrechen. «Muss jetzt los, Dad. Kann ich irgendwas für dich tun? Ich bin dir was schuldig.»
«Sag Gladys, sie soll aufhören, mich um Geld anzubaggern. Ich hab ihr schon viel zu viel gegeben.»
«Das kann dein Anwalt machen. Was hast du sonst noch so vor?»
«Eine Menge Scheiße.»
«Und was heißt das?»
«Das würdest du wohl gerne wissen, was?»
«Eigentlich nicht. Aber ich bin froh, dass du dich wieder besser fühlst. Du hast dich neulich ein bisschen angeschlagen angehört, mit diesem ganzen Zeugs von einem Meer voller Geld.»
«Junior, du bist undankbar. Und ein Dummkopf. Wenn du auf mich hören würdest, wärst du jetzt reich.»
«Ich höre doch auf dich. Ich liebe dich. Du bist mein Dad.»
«Jetzt mach mal halblang, Sohnemann. Erstens hast du keinen blassen Schimmer, wovon ich rede. Und zweitens, wenn du mich lieben würdest, würdest du mich öfter besuchen kommen, mit mir einen trinken gehen und auf meinen Rat hören. Du solltest nett zu mir sein. Vielleicht brauchst du irgendwann mal dringend meine Hilfe.»
«Ich bezweifle es, aber ich werd dran denken.»
«Mach doch, was du willst, du Wichser.»
«Bye, Dad. Und danke.» Sam Hoffman legte auf und rieb sich den Kopf. Er hatte ein Gefühl, als hätte jetzt er einen Kater.
16
Nassir Hammud verließ London überraschend, einen Tag nach seinem Gespräch mit Lina. Zuerst wusste niemand, dass er fort war. Die Leute gingen am nächsten Morgen in dem grauen Gebäude auf der Knightsbridge ihrer Arbeit nach, ohne Fragen zu stellen. Die Nachricht erreichte Lina auf Umwegen: als Tratsch. Sie saß gerade allein in ihrem neuen Büro und tat so, als hätte sie zu tun, so wie die anderen Angestellten auch, als ihre Freundin Randa in der Tür erschien. Sie hatte einen verschmitzten Blick, der ein Geheimnis ankündigte, das sie keinen Moment länger für sich behalten konnte. Sie betrat Linas Büro und schloss die Tür verstohlen hinter sich.
«Rat mal, was ich gerade von Yasmine Dallul gehört habe, der Palästinenserin, die in dem Reisebüro gegenüber arbeitet.»
«Keine Ahnung», sagte Lina.
«Unser eigener
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