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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Ansprüche geltend zu machen, vorausgesetzt, sie wissen, wo sie suchen müssen. Und wenn niemand einen Anspruch geltend macht, dann behält einfach die Bank das Geld, die es verwaltet – in diesem Fall eine Schweizer Bank, wenn ich mich nicht irre.»
    «Aber das ist doch sicherlich illegal, Asad. Selbst in der Schweiz.»
    «Keineswegs, mein Lieber. Es gibt einen juristischen Terminus für solche Fälle.
Res nullius
 – ‹eine Sache, die niemandem gehört›. Meine Anwaltskollegen haben mir bestätigt, dass das Prinzip weit verbreitet ist. Wenn ich auf meinem Grundstück einen Schatz finde, der nicht der Krone gehört, dann kann ich ihn behalten. Das ist juristisch so.»
    «Das Geld bleibt also einfach auf der Bank?»
    «Natürlich. Was meinen Sie, wie die Schweizer Banken so reich geworden sind?
Res nullius.
Sämtliche korrupten Könige und Präsidenten der Welt haben schon seit Generationen Geld in Schweizer Banken hineingeschaufelt – auf Geheimkonten, die völlig unbekannt sind, außer dem Geschäftsführer der Bank. Da sie trotz allem sterblich sind, haben diese Könige und Präsidenten die Angewohnheit, irgendwann zu sterben. Und die Banken streichen letztendlich die Beute ein.»
    «Und die Bankiers sagen kein Wort?»
    «Natürlich nicht. Mein lieber Sam, Sie begreifen offenbar nicht, was eine Bank ist. Eine Bank, das sind nicht Mauern, Tresorräume und Stahltüren. Eine Bank ist Vertrauen. Eine nicht vertrauenswürdige Bank kann Ihr Geld nicht schützen, egal wie dick ihre Mauern sind. Eine vertrauenswürdige Bank wird Ihr Geld immer schützen, auch wenn sie überhaupt keine Mauern hat.»
    Hoffman schüttelte den Kopf wie ein Student, der dem großen Professor nicht folgen kann. «Asad, Sie sprechen in Rätseln.»
    «Nun gut», sagte Barakat mit einem strengen Nicken. «Ich werde versuchen, es Ihnen zu erklären, aber Sie müssen gut zuhören. Die sicherste Methode, Geld zu besitzen, besteht darin, es überhaupt nicht zu besitzen. Wenn ich es auf eine Bank bringe, kann es zu mir zurückverfolgt werden. Aber wenn jemand anders es für mich auf die Bank tut, dann ist das eine ganz andere Sache. Es gehört mir nicht mehr. Die Adresse ist nicht meine Adresse. Wenn ich also eine Milliarde Dollar verstecken möchte, mein lieber Sam, dann mache ich das am besten, indem ich sie Ihnen gebe. Sie kann nie mehr zu mir zurückverfolgt werden. Aber wenn ich Ihnen vertraue, weiß ich, dass sie mir immer noch gehört, für immer.»
    Sam schloss die Augen, während Barakat redete. Was er da gerade beschrieb, war im Prinzip die gleiche Transaktion, die Jalal ihm fünf Jahre zuvor vorgeschlagen hatte. Sam fragte sich einen schrecklichen Moment lang, ob das Geld, das Jalal ihn gebeten hatte zu verstecken, dem Herrscher gehört haben könnte. «Und der Herrscher glaubte, in Hammud so jemanden gefunden zu haben?»
    «Ganz genau. Er dachte, er könne Hammud vertrauen, und so machte er ihn zu seinem Banker und übergab ihm die Kontrolle über sein Geld.»
    «Und die Familie des Herrschers? Die sind doch seine Erben. Wieso können die nicht nach Genf gehen und seine Konten für sich beanspruchen?»
    «Sie werden es mit Sicherheit probieren, aber sie werden das Geld nie finden. Es waren immerhin Geheimkonten. Darum ging es ja gerade. Die Familie kann nicht wissen, wo sie überhaupt suchen soll, wenn Hammud es ihnen nicht sagt. Und ich bezweifle sehr, dass er das tun würde. Wäre er dazu bereit gewesen, hätte er jetzt immer noch zehn Finger.»
    «Die Familie könnte sich das Scheckbuch des Herrschers ansehen.»
    «Sie verstehen offenbar nicht, wie Schweizer Banken funktionieren. Es gibt keine Scheckbücher. Es gibt überhaupt keine schriftlichen Unterlagen. Die Schweizer Nummernkonten sind größtenteils korrespondenzlose Konten. Die Bank behält sämtliche Auszüge in ihren Akten. Der Kunde muss persönlich erscheinen, um sein Konto einzusehen.»
    Hoffman lächelte. «Die Schweizer sind paranoid.»
    «Kann sein, aber in diesem Fall zu Recht. Bei so etwas Wichtigem wie Geld ist ein Geheimnis kein Geheimnis mehr, wenn mehr als zwei Personen davon wissen. Wissen es mehr als zwei, wird daraus eine allgemein bekannte Tatsache. Und so sorgen die Schweizer Bankiers dafür, dass es keinen Briefverkehr gibt, keine Unterlagen. Keine Spur. Sie sind ein ordentliches Volk. Sie möchten, dass die Identität eines Nummernkontos nur zwei Personen bekannt ist: dem Einleger und seinem Bankier. In manchen Fällen kann es vielleicht auch mal eine

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