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Blutgeld

Blutgeld

Titel: Blutgeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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keine Zeit mehr, sich darüber Gedanken zu machen. Sie gab den Druckbefehl ein. Wieder im Verzeichnis fand sie den Dateinamen «Banken» und ließ erneut ausdrucken. Es handelte sich um eine Liste mit Adressen und, so vermutete sie, Telefonnummern. Oder vielleicht waren es auch Bankkontonummern.
    Obelisk Bank. Grayson House, Ecke Vernon und Charlotte Streets, Nassau, Bahamas. 34.01.98.
Banque Metropole. 460 Boulevard René-Levasque, Suite 180, Montreal, Kanada. 0-4877.
Crédit Ottoman. 28, Rue de Penthievre, Paris, Frankreich. LM 5-R16.
Ordway Bank. 28 Fort Street, Grand Cayman, British West Indies 6203.
Banque des Amis. 18 Hendriks Pl., Curaçao, Netherlands Antilles 72.45813.
Bancobraga. Calle 51 Este, Marbella, Panama. 50876J.
New World Bank. 79 Mignot Plateau, St. Peter Port, Guernsey, Channel Islands. D11870.6.
Tariqbank. 48 King Faisal Road, Manama, Bahrain. TL 8078.
     
    Es war inzwischen nach halb drei. Sie musste jetzt gehen. Unbedingt, sofort. Sie hatte nur vier der dreiundzwanzig geheimen Dateien ausdrucken können, aber ihr blieb keine Zeit mehr. Sie holte ihre magere Ausbeute aus dem Drucker: fünf Blätter Papier. Sie faltete sie vorsichtig zusammen und steckte sie in die Innentasche ihrer Jacke.
    Das Band. Sie hatte es immer noch nicht kopiert!
Khalas!
Hoffman wäre enttäuscht, wenn sie es nicht irgendwie schaffte, Hammuds Dateien zu kopieren. Auf dem Schreibtisch neben dem Terminal entdeckte sie einen braunen Umschlag. Sie nahm ihn spontan und schrieb vorne drauf: «Helen Copaken/Persönlich». Sie legte das Band zusammen mit einem schnell hingekritzelten Zettel hinein: «Helen: Bitte mach eine Kopie von ‹user/hammud/*› und nimm sie mit nach Hause. Keine Fragen. xxx/ooo. L.» Sie klebte die Klappe so fest zu, wie sie konnte. Auf dem Weg nach draußen gab sie Shirley den Umschlag mit der kurzen Mitteilung: «Helen hat mich gebeten, das hier bei Ihnen abzugeben. Sie sagt, es sei wichtig.»
    Shirley strahlte. Sie war gerne hilfsbereit.
     
    Lina nahm sich ein Taxi zum Büro zurück. Der Verkehr war flüssig, und kurz nach drei hatte sie Knightsbridge erreicht. Sie war bei ihrer Rückkehr weniger nervös als beim Weggehen. Sie hatte das Sicherungsband nicht mehr bei sich, nur das leere, das sie mitgenommen hatte, um eine Kopie zu machen. Als sie den fünften Stock erreichte, gab sie den Code in das Ziffernschloss ein und betrat die Buchhaltungsabteilung. Es war überall totenstill. «Hallo», rief sie in Richtung von Randas Büro. Aber dort war niemand. Sie eilte zu ihrem Büro und erschrak, als sie die Tür öffnete.
    Auf ihrem Tisch saß der aalglatte Sicherheitsbeamte mit dem schnieken Anzug. Hassan machte die Tür zu. Er lächelte nicht mehr. Lina bekam einen trockenen Mund, und ihre Fingerspitzen fühlten sich taub an.
    «Yumma!»
, flüsterte sie. Es bedeutete einfach nur «Mama!».

24
    «Wo ist das Band?», wollte Hassan wissen. Er hatte Linas Handgelenk gepackt, als sie den kleinen Raum betrat, und drückte es wie ein Stück Brennholz. Sein Gesicht hatte die beherrschte kalifornische Miene von vor einigen Stunden verloren und jetzt härtere, mediterrane Züge angenommen. Linas Mund stand offen. Ein Laut entwich ihm, der zugleich ein Stöhnen und ein Aufheulen vor Angst war – während er den Griff um ihr Handgelenk verstärkte. Er hatte die Ärmel seines feinen Baumwollhemds hochgekrempelt, und seine bloßen Unterarme sahen so dick und hart wie Stahlrohre aus. «Wo ist es?», wiederholte er.
    «Was für ein Band?», sagte sie, benommen und nach Luft schnappend.
    Es war die falsche Antwort. Hassan zog sie mit seiner rechten Hand zu sich heran und schlug ihr mit der Linken ins Gesicht. Sie sank zu Boden, wurde aber wieder wie eine Marionette hochgerissen. Hassan stieß sie gegen die Wand. Ein Rinnsal von Blut floss ihr aus der Nase. Er drückte ihr einen seiner breiten Unterarme gegen die Kehle, presste sie fest gegen die Wand, schob ihr dann sein Knie zwischen die Beine, sodass sie im Schritt und am Hals festgenagelt war wie ein Käfer. «Wo ist das Band?», wiederholte er. «Wir wissen, dass du es weggenommen hast. Wo ist es?»
    «Handtasche», sagte sie würgend. «In meiner Handtasche.»
    «Braves Mädchen», sagte Hassan. Er zog Knie und Unterarm zurück und zerrte sie am Handgelenk zum Schreibtisch, wo ihre Handtasche lag. Er leerte sie aus. Das leere Exabyte-Band fiel klappernd auf den Tisch. « SONY » stand in leuchtenden Buchstaben darauf. Der Palästinenser hob es auf, untersuchte

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