Blutgeld
das Schaltkennzeichen nicht mit einer Unterbrechung reagiert. Du willst in der Leitung bleiben. Kannst du mir folgen?»
«Ja.» Lina sah aus dem Fenster zu den Autos, die in die andere Richtung nach Blackheath fuhren. Sie fragte sich, in welchem wohl Hammuds Männer saßen.
«Meinst du, du schaffst es, die Programmänderung vorzunehmen?», drängelte Helen. «Sonst kann ich das eben für dich machen, wenn wir am Flughafen sind.»
«Behandle mich nicht immer wie ein kleines Kind, Helen. Nur weil ich einen BH trage und kein Computerfreak bin, heißt das nicht, dass ich blöd bin.»
«Autsch!»
«Tut mir leid.»
«Schon gut. Man will dich umbringen. Da bist du eben ein bisschen angespannt. Versteh ich schon. Also, wie gesagt, damit der Computer denkt, dass er den Rückrufvorgang in die Wege leitet, musst du einen Wählton aufnehmen und ihn genau im richtigen Moment in die Leitung schicken. So denkt der Computer, dass du aufgelegt hast, obwohl du immer noch in der Leitung bist. Dann wird der Bankcomputer ein paar Wähltöne aussenden und versuchen, sich mit Pierre oder Jacques zu verbinden oder mit welchem Namen auch immer du dich angemeldet hast. Aber die Verbindung war nie richtig unterbrochen, verstehst du? Schließlich wird also das magische Wort auf dem Bildschirm erscheinen:
Passwort.
»
«Und dann ist endgültig Schluss. Wie soll ich denn je das richtige Passwort finden?»
«Nicht einfach. Aber auch nicht unmöglich. Ich hab dir eine Diskette mitgegeben, die sechzigtausend der geläufigsten Passwörter enthält, und du könntest sie durchprobieren, bis du es findest. Aber das ist zu viel Stress. Außerdem könntest du erwischt werden. Wie man das macht, dürfte sonnenklar sein, zumindest für so eine schräge, aber äußerst erotische Person wie mich.»
Lina lachte. «Verrat der dummen, hässlichen Lina, wie’s geht.»
«Du rufst die Nummer an, deren Wählton vom Bankcomputer erzeugt wurde, als er dachte, er würde Mr. Big zurückrufen, um die Transaktion zu überprüfen. Das wird wahrscheinlich irgendwo ein PC sein, bei ihm zu Hause oder auf seinem Schreibtisch. Du wählst also die Nummer und meldest dich in seinem System an. Es wird wahrscheinlich kein Passwort haben. Wenn du drin bist, siehst du dich um. Geh seine Dateien durch.»
«Aber was suche ich?»
«Irgendwas mit dem Passwort für das Hauptsystem. Alte Datenübertragungsdateien haben es manchmal. Oder versuch mal, eine Datei aufzurufen, die ‹Passwort› heißt. So dämlich sind die Leute manchmal. Du wirst vielleicht eine Zeitlang brauchen, aber du wirst es finden.»
«Und wenn das Passwort verschlüsselt ist? Was dann?»
«Wenn das Passwort im Verzeichnis ist, kannst du es mit roher Gewalt knacken. Ich habe ein DES -Dekodierungsverfahren und ein Fünfhunderttausend-Wörter-Verzeichnis auf Diskette. Aber das Passwort wird wahrscheinlich gar nicht verschlüsselt sein. In Wirklichkeit sind die Schweizer nämlich oberschlampig.»
«Woher weißt du das?»
«Ich hatte einmal einen Schweizer Freund, als ich im Internat war. Er war oberschlampig.»
«Statistisch nicht signifikant.»
«Stimmt. Das war er nicht.»
«Okay. Nehmen wir an, ich habe das Passwort. Was mach ich dann?»
«Jetzt kannst du anfangen zu spielen. Du wählst die Bank mit deinem Modem an, beim Aufforderungszeichen antwortest du mit Mr. Wer-auch-immer; du schickst den Wählton durch, du lässt den Bankcomputer so tun, als würde Mr. Wer-auch-immer auf seinem Gerät zurückrufen, du gibst das Passwort ein, und schon bist du drin. Dann surfst du rum. Vergiss nicht, du musst Zugang zu den Datendateien bekommen, an die du ranwillst. Aber das kriegst du raus, wenn du erst mal in Genf bist.»
«Ich flieg nicht nach Genf.»
«Und ob du nach Genf fliegst. Du kommst aus dieser Sache nur raus, wenn du schneller bist als die. Willst du nochmal die Geschichte von dem Pfahl und den Ameisen im Jemen hören?»
«Hör auf!», sagte Lina in scharfem Ton. «Keine Witze mehr über Folter. Das ist nicht komisch.»
Sie schwiegen eine Weile. Jetzt, da sie das Verkehrsgewirr an der South Bank verlassen und auf die größeren Verkehrsadern gekommen waren, kamen sie zügig vorwärts. Sie warf einen Blick auf ihre Freundin, die aus dem Fenster starrte, die Fäuste zu harten Kugeln geballt. «Tut mir leid», sagte Helen leise.
«Ist schon okay. Diese Sachen sind für mich einfach nicht zum Spaßen, weiter nichts.»
Sie kamen kurz vor eins in Heathrow an. Helen suchte auf dem
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