Blutgeld
Verzeichnis der Fluglinien nach Swissair und steuerte das Terminal an. «Es gibt bestimmt viele Flüge nach Genf. Nimm den nächsten. Halte einfach deinen britischen Pass dem Beamten beim Durchgehen kurz vor die Nase. Da wimmelt’s nämlich garantiert von Typen, die Lina Alwan suchen, aber sie denken alle, sie ist eine aufgetakelte Araberin und nicht so eine schräge, erotische Schönheit wie du. Also viel Spaß! Und immer die Ruhe bewahren.»
Helen hielt am Bordstein, so nah am Swissair-Check-in, wie sie konnte. Sie nahm das Gepäck vom Rücksitz und gab es Lina. «Hier ist der Laptop. In der Tasche ist noch ein Zusatz-Akku, ein paar Disketten mit der neuesten Software, ein Drucker und Kabel. Und ein Adapter für diese dämlichen Ausgänge, die sie da drüben haben. In die Reisetasche hab ich ein paar Kleider, Pullover und Zeugs getan.»
Lina nahm die beiden Taschen und hängte sie sich jeweils über eine Schulter. Helen zog ihre Brieftasche aus ihrer Handtasche. «Hier ist meine American-Express-Karte», sagte sie. «Vielleicht besser, wenn du so tust, als wärst du ich. Quartier dich in einem guten Hotel ein. Gib mein Geld aus. Wenn ich erst mal Feminist Alien Invaders verkaufe, werd ich so reich sein, dass es keine Rolle mehr spielt. Und wenn du schon sterben musst, dann sollst du dein restliches Leben ruhig noch genießen. Hast du deinen Pass?» Lina nickte. Sie hatte die Angewohnheit aller Ausländer, ihre Reisepapiere immer dabeizuhaben.
«Hast du Bargeld dabei?»
«Ein bisschen!» Lina zählte die Scheine in ihrer Brieftasche.
«Hier sind einhundert Pfund», sagte Helen. «Mehr hab ich nicht. Und hier meine Kreditkarte. Die persönliche Geheimzahl ist null-sieben-zwei-eins. Hol dir noch mehr Bargeld im Flughafen. Und wenn du in Genf ankommst, kauf dir ein paar Sachen zum Anziehen und eine Zahnbürste.»
«Ich zahl dir alles zurück.»
«Sicher. Und jetzt geh, bevor es zu spät ist. Ruf mich an, wenn du angekommen bist. Aus einer Telefonzelle!»
«Ich hab Angst, Helen.»
«Reiß dich zusammen, Mädchen. Das hier ist eine ganz große Nummer!»
27
Lina verschwand spurlos. Es gab keine Nachricht von ihr, keinen Hinweis auf ihr Schicksal, kein Anzeichen, dass sie überhaupt existierte, bis auf die Fußspuren, die die vielen Menschen hinterließen, die sie verfolgt hatten. Hoffman saß an diesem Morgen die Zeitung lesend und voller Schuldgefühle in seinem Büro und fragte sich, ob er, wenn er cleverer gewesen wäre, hätte voraussehen können, was passieren würde. Im Laufe des Vormittags bekam er Besuch von einem Beamten des Scotland Yard. Er war so gekleidet, wie sich ein Polizist legere Kleidung vorstellt – Tweedjacke, Krawatte leicht gelockert, der oberste Hemdknopf offen. Er stellte sich als Mr. Williams vor. Nachdem er die üblichen Entschuldigungen eines Polizisten von sich gegeben hatte, fragte er Sam, ob er eine Miss Alwan kenne. Sam bejahte das, ohne zu zögern, und sagte, sie seien befreundet. Es war eins seiner Prinzipien, keine Lügen zu erzählen, die sich leicht aufdecken ließen.
«Und wissen Sie, wo sie jetzt ist, wenn ich fragen darf, Sir?»
«Nein, das weiß ich nicht», sagte Hoffman. «Und Sie?»
«Dazu darf ich mich nicht äußern. Aber Tatsache ist, dass sie vermisst wird. Sie hat gestern ihr Büro etwas überstürzt verlassen, und sie ist auch nicht bei sich zu Hause. Sie scheint ausgeflogen zu sein.»
«Das habe ich auch aus der Zeitung entnommen. Was meinen Sie, wo sie hin ist? Ich würde sie selbst gerne wiederfinden.»
«Ach, das würden Sie tatsächlich, Sir? Und könnten Sie mir sagen, weshalb?»
Williams wandte die Technik der britischen Polizisten an, sanfte, einschmeichelnde Fragen zu stellen. Die gröbere Art der amerikanischen Cops war nichts für die Briten.
«Weil ich glaube, dass jemand hinter ihr her ist», sagte Hoffman.
«Nun, das ist nur allzu wahr.
Jemand
ist hinter ihr her.»
Hoffman kniff die Augen zusammen und beugte sich zu dem britischen Polizisten vor. «Wer?»
«Wir, Sir. Wir haben einen Haftbefehl für Miss Alwan.»
«Haftbefehl? Das soll wohl ein Witz sein! Wie lautet die Anklage?»
«Diebstahl, Veruntreuung von Geldern, Mordversuch an einem Postboten. Die Liste ist ziemlich lang.»
«Diese Beschuldigungen sind lächerlich. Wer hat sie erhoben?»
«Ihr Arbeitgeber. Ein Bursche namens Hammud hat uns gestern Abend benachrichtigt.»
Sam protestierte. Die Beschuldigungen seien Unsinn, Lina sei keine Diebin, und wenn sie geflüchtet war,
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