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Blutgold

Blutgold

Titel: Blutgold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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Gewohnheit.«
    » Wir nehmen mit ihr Verbindung auf, falls
nötig«, sagte Hendry und nahm mir den Terminkalender ab. Glücklicherweise war
ihre Nummer jetzt in meinem Handy bei den angerufenen Nummern, sodass ich sie
notfalls wieder kontaktieren konnte.
    Jim stand mit dem Terminkalender in der Hand vor mir und sah mich
erwartungsvoll an.
    »Was?«, fragte ich und lächelte verunsichert.
    »Sie müssen gehen, Ben. Ein paar von den Jungs da unten fragen sich
schon, was ein suspendierter Inspektor von An Garda an ihrem Tatort will.«
    »Ich … es tut mir leid, Jim«, sagte ich schließlich. »Sie haben
natürlich recht.«
    Jim lächelte entschuldigend und trat beiseite, damit ich das Zimmer
verlassen konnte. Er folgte mir die Treppe hinab.
    »Irgendwas Neues zu den vermissten Immigranten?«, fragte ich.
    »Keine Spur«, erwiderte Hendry. »Ich denke, das ist eine Sackgasse.«
    Eine Sackgasse, die ich zu verantworten hatte, dachte ich.
    »Und? Meinen Sie, der Gatte hat auch Bradley erledigt?«, fragte Hendry.
    »Vielleicht ist er ihr gefolgt, hat gesehen, wie sie wer weiß was getan
haben. Hinterher geht er Bradley nach, bringt ihn um, stellt dann seine Frau
zur Rede, tötet sie, versucht sich selbst umzubringen.«
    »Deprimierend plausibles Szenario«, sagte Hendry. Er blickte zurück zum
Haus. »Tut mir leid, dass ich Sie bitten musste, zu … Sie wissen schon.«
    »Ja«, sagte ich. Dann streckte ich ihm die Hand hin, und er ergriff
sie.
    Am
Abend rief ich meinen Bruder Tom an und verabredete mich mit ihm für Leons
Beerdigung am nächsten Tag. Wir hatten uns seit etwa einem Monat nicht mehr
gesehen, und ich freute mich darauf zu hören, was er getrieben hatte. Als
Kinder hatten wir uns ständig gestritten, über Spielzeug, Schulnoten und einmal
auch wegen eines Mädchens. Tom war drei Jahre jünger als ich, und als er
sechzehn wurde, bestanden meine Eltern darauf, dass ich einen Samstagabend mit
ihm ausging, »damit er nicht in irgendetwas hineingerät«, wie sie es genannt
hatten. Wir waren durch die Klubs gezogen und hatten uns beide an dasselbe
Mädchen herangemacht – heute erinnere ich mich nicht einmal mehr an ihren
Namen. Der Abend hatte damit geendet, dass wir auf der Tanzfläche miteinander
gerauft hatten, bis die Rauswerfer kamen und uns vor die Tür setzten. Tom war
empört davongestapft und erst nach vier Uhr morgens nach Hause gekommen. Meine
Eltern hatten vor lauter Sorge die Polizei angerufen, damit man nach ihm
suchte. Erst Jahre später sind wir wieder gemeinsam ausgegangen.
    Doch als
wir älter wurden, erkannten wir allmählich, wie ähnlich wir uns waren, und
konnten einander besser akzeptieren. Wenn Tom stur war, dann nicht mehr als ich.
Und in ihm erkannte ich meine eigene Entschlossenheit wieder, stets mein Bestes
zu geben. Bei Tom ging das jedoch mit einer Herzensgüte einher, die bei denen,
die ihn kannten, große Zuneigung weckte.
    Später sahen Debbie und ich zusammen einen Film an. Sie lag auf dem
Sofa, hatte die Füße auf meinen Schoß gelegt und wackelte mit den Zehen zum
Zeichen, dass sie eine Fußmassage wollte – vergeblich.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Nichts«, sagte ich. Doch in Gedanken war ich bei Fearghal Bradley, der
in dieser Nacht am Sarg seines Bruders wachen würde.

15
    Montag, 16. Oktober
    Die
Kirche war schon beinahe voll, als ich dort ankam. Ich hatte sogar Probleme,
einen Parkplatz zu finden, denn Pkws und diverse Campingbusse säumten die
gesamte Straße.
    Mehrere der
Trauergäste erkannte ich wieder. Ganz vorn stand Fearghal und in der Bankreihe
hinter ihm Linda Campbell. Die Aussteiger vom Carrowcreel hatten sich an einer
Seite versammelt, und ich bemerkte den älteren Mann, Peter, mit dem ich am
Samstag gesprochen hatte. Er nickte mir ernst zu; die ergrauten Haare hatte er
sich aus dem Gesicht gebunden. Ich suchte die Bankreihen nach Vertretern von An
Garda ab, sah jedoch keine.
    Tom hatte mir gesagt, er wolle mich auf dem Kirchhof treffen, doch er
war noch nicht da. Stattdessen erspähte ich jemanden, mit dem ich nicht
gerechnet hatte. Ted Coyle stand in der Nähe der hinteren Türen und zog ein
letztes Mal an einer selbst gedrehten Zigarette, ehe die Trauerfeier begann.
Sein Arm war eingegipst, und er stützte sich auf eine Krücke. Unter dem
Vorwand, Feuer für meine Zigarette zu benötigen, ging ich zu ihm.
    »Sie sind dieser Cop«, sagte er.
    »Das ist richtig. Und Sie sind der Spinner, der den Goldrausch
ausgelöst hat.«
    Er verbeugte sich knapp.

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