Blutgold
gerichtet.
»Lassen Sie die Waffe los«, brüllte ich. »Sofort!«
Ford lachte keuchend. »Kann ich nicht. Sie haben mir die Schulter
demoliert.«
»Ich werde Sie erschießen«, sagte ich. »Lassen Sie die Scheißwaffe
los.« In der Ferne hörte ich Sirenen, und irgendwo hinter mir rief jemand
meinen Namen.
»Ich kann nicht, du Arsch«, fuhr er mich an.
Ohne die Waffe zu senken, ging ich weiter auf ihn zu. Er lag auf der
Seite, sein Arm zum Teil unter ihm. Die Schulter war blutüberströmt, sein
Schutzanzug wies an der Vorderseite einen Riss auf, also musste die Kugel durch
seinen Körper hindurchgegangen sein.
»Wie geht’s dem Mädchen«, stieß er keuchend hervor.
Unwillkürlich zuckte meine Waffe. Plötzlich war mein Mund wie
ausgetrocknet. Ich versuchte zu sprechen, musste mich jedoch erst räuspern, ehe
ich Worte hervorbrachte.
»Sie haben sie umgebracht.«
»Sie hat mich erschreckt.« Er verzog das Gesicht.
Ich nickte, traute mich jedoch nicht, zu sprechen. Plötzlich lag mir
die Waffe schwer in der Hand. Ich warf einen Blick über die Schulter und
versuchte einzuschätzen, wie weit die übrigen Polizisten noch entfernt waren.
Meine Zunge fühlte sich pelzig an, und ich musste mir mehrfach über die Lippen
lecken.
Ford schien zu spüren, was in mir vorging, denn er versuchte, sich auf
seinen geschwächten Arm zu stützen. »Ich wollte sie nicht töten, Mann …«,
setzte er zu einer Erklärung an.
Ich hob meine Waffe, sodass ich nicht mehr auf seine Brust, sondern auf
seinen Kopf zielte, und schluckte vernehmlich. Es wäre ganz leicht, dachte ich.
Keiner konnte meine Geschichte widerlegen. Er hatte die Waffe noch in der Hand.
»Warum haben Sie Leon Bradley getötet?«, fragte ich, wie um mich von
übereilten Handlungen abzuhalten.
»Wen?«
»Leon Bradley. Sie haben ihm in den Rücken geschossen. Warum?«
Ford hob kapitulierend die freie Hand.
»Ich weiß nicht, was … Ich kann nicht …« Er blickte an mir vorbei,
versuchte zu erkennen, wo die übrigen Gardai waren.
»Ging es um Eligius? Irgendwas wegen Morrison?«
Er zuckte die Achseln.
»Sie haben einen Postboten überfallen, um an die Dokumente zu kommen,
die Bradley gestohlen hatte. Kommt die Erinnerung jetzt wieder, oder was?«
Er gluckste. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden, verdammt. Ich habe nie
einen Postboten …«
»Erzählen Sie mir von Morrison«, fuhr ich ihn an.
Wieder lächelte er, dann sah er an mir vorbei. »Sie haben keine Ahnung,
wo Sie sich hier einmischen. Legen Sie sich bloß nicht mit ihm an.«
»Warum?«, fragte ich.
»Legen Sie sich einfach nicht mit ihm an, Mann.«
»Was ist die Verbindung zu Eligius?«
Ford hustete rau. »Weiß ich nicht, Mann. Wir bringen für die Zeugs nach
Tschetschenien.«
»Was für Zeugs?«
»Keine Ahnung, ich schwör’s. Irgendwas Kleines. Nur ein paar Kartons.«
»Wer hat das organisiert? Morrison oder Curran?«
»Weiß ich nicht.«
»Was ist mit den Leuten, die Sie auf dem Rückweg herbringen? Wer hat
das organisiert?«
Wieder sah Ford an mir vorbei. Mit der Zunge fuhr er sich über die
Lippen. Er verlor Blut und bekam vermutlich Durst. Sein Geständnis wäre
wertlos, wenn nur ich es hörte.
»Vinnie. Die Jungs, an die wir in Tschetschenien lieferten, hatten eine
Vereinbarung getroffen. Sie hatten Leute, die aus dem Land rauswollten, wir
hatten einen leeren Laster, der durch Europa fuhr. Hat keinem geschadet.«
»Außer den Leuten, die Sie hergebracht haben. Was ist mit denen?«
»Ich fahre nur den Scheißlaster, Mann.«
»Wir gehen jetzt zurück. Ich werde Ihnen die Waffe abnehmen. Wenn Sie
auch nur zucken, erschieße ich Sie.«
»Nein, das werden Sie nicht«, sagte Ford. »Sie brauchen das, was ich
weiß.« Erneut sah er an mir vorbei, und ich wusste, er hatte seine Entscheidung
getroffen. Ich sah, wie er das Kinn vorschob und unmittelbar darauf versuchte,
ein letztes Mal seine Schrotflinte zu heben. Ohne zu zögern, betätigte ich den
Abzug meiner Waffe. Die Kugel zertrümmerte Ford den Wangenknochen, bevor sie
irgendwo in seiner Hirnschale stecken blieb. Sein Mund öffnete sich und
erstarrte in einem O. Dann verdrehte er die Augen, und sein Oberkörper rutschte
langsam am Baumstamm herab.
So schilderte ich die Vorgänge im Rahmen der Ermittlungen, die auf die
Erschießung von Barry Ford, nicht einmal hundert Meter vom Carrowcreel
entfernt, folgten.
24
Montag, 23. Oktober
Wenige
Augenblicke später traf Verstärkung ein – es war einer der Gardai, die ich
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