Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutgrab

Blutgrab

Titel: Blutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
Vom Netzwerk:
wir uns im Vorfeld schon im Klaren, Alter. Also kack dich nicht an.«
    Während er den Audi über die kurvenreichen Landstraßen in Richtung Radevormwald steuerte, dachte er nach. Es war nicht gut gelaufen. Zwar hatten sie gute Beute gemacht und konnten nun mit ihrer Mission beginnen, aber, nein, es war nicht gut gelaufen. Und zum ersten Mal wurde er sich darüber bewusst, dass noch mehrere Menschen ihr Leben verlieren würden.
    Wuppertal-Barmen, An der Bergbahn, 1.25 Uhr
    Ulbricht erwachte von seinem eigenen Schnarchen und fluchte ungestüm, als er feststellte, dass er sich getäuscht hatte: Es war nicht sein Schnarchen, sondern das Klingeln des Telefons gewesen, das ihn geweckt hatte. Wie so oft war er nach Dienstschluss in seine Wohnung an der Straße Zur Bergbahn gefahren, hatte sich eine Alupackung Lasagne in den Backofen geschoben, geduscht und danach ferngesehen, um mit der Lasagne im Bauch und drei Flaschen Bier die nötige Bettschwere zu bekommen.
    Während die Nudeln ihm schwer wie ein Betonklotz im Magen gelegen hatten, war ihm das Einschlafen schwergefallen, und so hatte sich Ulbricht stundenlang im Bett herumgewälzt und dem Regen gelauscht, der stakkatoartig gegen sein Schlafzimmerfenster getrommelt hatte. Irgendwann, es musste inzwischen längst nach Mitternacht gewesen sein, war er in einen tiefen und traumlosen Schlaf gefallen.
    Der Hauptkommissar blinzelte zum altmodischen Wecker mit den rot glühenden Quarzziffern. Halb zwei Uhr in der Früh - das konnte nichts Gutes zu bedeuten haben.
    »Warum immer ich?«, brummte er schlecht gelaunt, als er die Bettdecke zur Seite stieß und so schnell wie möglich in den dunklen Flur seiner Wohnung stapfte. Hier steckte das Telefon in der Ladestation.
    »Lasst einem alten Mann doch ein einziges Mal seine Nachtruhe«, jammerte er ins Telefon, nachdem er die restliche Müdigkeit abgeschüttelt hatte.
    »Es tut mir leid, Hauptkommissar.«
    Frank »Brille« Heinrichs, sein nerviger Assistent, klang putzmunter.
    Der Typ wirft sich doch irgendwas ein, wenn der immer fit wie ein Turnschuh ist, dachte Ulbricht verächtlich. Aufputschmittel, weiß der Geier.
    Während er selber sein festes Schlafpensum benötigte, schien dieser nervige Jungspund niemals zu ruhen. Und noch etwas war Ulbricht aufgefallen: Es war kein gutes Zeichen, wenn Heinrichs die Anrede »Chef« oder »Hauptkommissar« wählte - so viel hatte Ulbricht in der Zeit ihrer Zusammenarbeit längst kapiert.
    »Spucken Sie es aus, und verschonen Sie mich mit allem Unwichtigen«, grollte Ulbricht, bevor er herzhaft gähnte.
    »Ein Mann wurde auf offener Straße erschossen, der oder die Täter konnten unerkannt entkommen.«
    »Wie schön. Oberbarmen also.« Ulbricht hatte in den letzten jähren gelernt, dass die Hemmschwelle, ein Verbrechen zu begehen, in Oberbarmen am geringsten war, warum auch immer.
    »Nein, nicht wirklich. Unser Toter liegt in Ronsdorf.«
    Ronsdorf, gehörte das überhaupt noch zu Wuppertal? Eigenartiges Bergvolk. »Wenigstens mal was anderes.« Ulbricht wanderte mit dem Telefon am Ohr durch die dunkle Wohnung.
    »Noch etwas, Chef.«
    »Sagen Sie nicht immer…«
    »Chef, ich weiß - entschuldigen Sie. Also - es gibt noch etwas: Der Mordanschlag kann mit einem Einbruchsdelikt zusammenhängen. Die Kollegen fanden Einbruchspuren an der Hintertür des alten Amtsgerichts.«
    »Also hat jemand um jeden Preis verhindern wollen, dass man ihn beim Einbruch erwischt«, kombinierte Ulbricht, der inzwischen im Wohnzimmer angelangt war und auf die Sessellehne sank. Der Duft von kaltem Rauch und den Resten der Lasagne hing schwer im Raum. Ulbricht sprang auf und öffnete die Balkontür, um zu lüften. Es war eine eisige Nacht, und der Wind blühte die Gardinen auf, die seine Frau vor Jahrzehnten liebevoll von Hand genäht hatte.
    »Den Anschein hatten die Kollegen von der Kriminalwache auch, die schon vor Ort sind und gerade den ersten Angriff fahren.« Heinrichs räusperte sich am anderen Ende der Leitung. »Aber Sie haben doch darauf bestanden, informiert zu werden, falls es ein Tötungsdelikt gibt.«
    »Ja, ich weiß, zu jeder Tag- und Nachtzeit, ich erinnere mich.« Wieder gähnte Ulbricht und bereute, diese verdammte Anweisung gegeben zu haben. Er sog die frische Luft tief in seine Lungen ein und schüttelte den Rest seiner Müdigkeit ab. »Also gut, ich komme raus. Aber, nur um das festzuhalten: Als ich die Anweisung, mich rund um die Uhr anzurufen, erteilt habe, war ich gefühlte dreißig Jahre

Weitere Kostenlose Bücher