Blutgrab
über den Haufen gefahren werden willst!«
Doch Brodie bewegte sich keinen Zentimeter. Er war in der Bewegung erstarrt.
Gila betrachtete den Hund sorgenvoll. Sein Nackenfell war aufgestellt und ein tiefes Knurren ertönte. Kein gutes Zeichen für ein friedfertiges Tier.
Im gleichen Moment ertönte ein eigenartiges Geräusch, das sie nicht zuordnen konnte. Der Hund sank mit einem Jaulen zu Boden und krümmte sich unter Schmerzen zusammen. Hilflos blickte er zu seiner Herrin auf.
Gilas Herzschlag setzte eine Sekunde aus. »Brodie«, rief sie heiser und ging neben dem Tier in die Knie. Dann spürte sie zwei starke Hände, die sie brutal in die Höhe zogen. Im gleichen Augenblick sah sie den schwarzen Schatten, der sich blitzschnell ihrem Gesicht näherte. Bevor sie ausweichen konnte, spürte sie das Tuch vor Mund und Nase und den süßlichen Geruch. Dann merkte sie, wie die Kraft aus ihrem Körper strömte und sie bewusstlos zu Boden ging.
Polizeipräsidium, 20.30 Uhr
Ulbrichts Schreibtischlampe war die einzige Lichtquelle im Raum - ein Umstand, der nicht gerade dazu beitrug, ihn länger als nötig wach zu halten. Er gähnte ungeniert und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
»Lass uns Schluss machen für heute«, schlug Maja vor, die auch schon seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen war und sich nach ein paar ruhigen Stunden sehnte. Außerdem wollte sie endlich sehen, wie Ulbricht wohnte. Sie war neugierig auf den Mann neben sich, doch er hatte keine Ruhe gegeben und darauf bestanden, sich noch schnell das Video aus der Überwachungsanlage anzusehen, das den Raubüberfall in Brabenders Juweliergeschäft zeigte.
Ein weiterer Besuch bei Nils Gertz war erfolglos geblieben. Auf dem Weg zum Präsidium hatte Ulbricht einen kleinen Umweg gefahren. Da er keinen Parkplatz fand, war Maja allein ausgestiegen, während er vor einem Garagentor gewartet hatte. Doch Nils Gertz schien tatsächlich untergetaucht zu sein.
So war ihnen nichts geblieben, als mit geröteten Augen immer wieder auf Ulbrichts Monitor zu starren, stets in der Hoffnung, doch noch ein wichtiges Detail zu entdecken, das sie übersehen hatten. Doch ihnen war nichts aufgefallen, das in irgendeiner Weise dienlich war oder sie bei den Ermittlungen weiterbringen konnte.
Einer der Räuber konnte von Größe und Statur Nils Gertz sein - doch genauso gut konnten sie sich täuschen.
Der Automatenkaffee in ihren Tassen war längst kalt geworden, und der Schein der Straßenlaternen warf jetzt ein eckiges Muster auf Zimmerdecke und Wände. Maja streckte den schmerzenden Rücken durch. Sie hatte die letzte halbe Stunde in einer verkrampften Haltung auf dem klapprigen Besucherstuhl an Ulbrichts Seite verbracht.
»Die Jungs vom LKA sind am Zug, und wir haben uns jetzt unseren Feierabend mehr als verdient«, stimmte Ulbricht zu. »Was geht mich dieser Scheiß überhaupt noch an?«
»Dieser Scheiß lässt dir keine Ruhe«, lächelte Maja sanft. »Es ist dein Jagd-Instinkt, der dich nicht aufgeben lässt.«
Er nickte stumm. Sie hatten die letzte Stunde eng nebeneinandersitzend verbracht, irgendwann hatte sie wie selbstverständlich eine Hand auf seine Schulter gelegt. Maja betrachtete ihn von der Seite. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, was aber auch am schummrigen Licht im Büro liegen konnte. Sie streckte eine Hand aus und strich ihm zärtlich durch das Gesicht. Die Bartstoppeln am Kinn kitzelten ihre Handinnenflächen.
Er wandte ihr den Kopf zu und nickte. »Wahrscheinlich hast du recht. Wir sind total am Ende und versuchen das Wunder zu sehen, aber denkste. Totmüde habe ich noch nie einen Fall gelöst.« Wieder gähnte er. Eine Träne stahl sich aus dem Winkel seines rechten Auges.
»Höchste Zeit, dass wir uns ein paar nette Stunden machen und den Fall ausblenden, so gut es geht.«
Nobert Ulbricht ergriff ihre Hand, und ihr war, als würde sie von winzigen Stromschlägen berührt werden. Er führte ihre Hand zu den Lippen und hauchte einen Kuss darauf. »Vielleicht hast du recht und wir sollten…«
Weiter kam er nicht, denn plötzlich flog die Bürotür auf. Das Licht auf dem Korridor verdrängte die Dunkelheit in einem Sekundenbruchteil. Ein Schatten stürzte ins Büro, die Tür schlug an die dahinter liegende Wand und pendelte sanft zurück.
»Oh, da sind Sie ja noch, Chef«, rief Heinrichs gleichermaßen zufrieden und überrascht. »Was machen Sie denn…?«
Dann schien er zu registrieren, dass Maja eng neben Ulbricht saß und er wie
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