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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Irena sie, als sie aus der Schlucht zu der Höhle heraufstiegen.
    »Miroslava …!« Irena preßte beide Hände auf den Mund, um nicht aufzuschreien. »Sie lebt wirklich.«
    »Und ist zu Micha gekommen!« Pilny zog Irena zurück in das Gebüsch. »Das ist wie ein Wunder. Komm, lassen wir sie allein –«
    Sie gingen zurück in die Schlucht, setzten sich auf einen Baumstamm und sahen hinunter in den Sumpf.
    Nun waren sie zu fünft … und um sie herum wartete eine Welt, die sie vernichten wollte.
    *
    Acht Tage waren seit dem Überfall der Sowjets auf die CSSR vergangen. Nur acht lumpige Tage, doch sie hatten mehr gebracht als acht Jahrzehnte. Die Welt war verändert worden, unsichtbar bis auf die 300.000 Soldaten, die jetzt an den westlichen Grenzen standen und den roten Stern als Kokarde trugen. Das Leben normalisierte sich, die Menschen lebten ihren Alltag … und doch war, untergründig nur, vieles verändert. Das Gleichgewicht war gestört … die Erde drehte sich zwar immer noch um die Sonne, aber die Frage, wie lange sie das noch ohne Schwanken tun würde, bohrte in den Herzen. Der gesamte Verteidigungsplan der westlichen Welt war durcheinander geraten, der Zeitplan, nach dem ein künftiger Krieg abrollen mußte, stimmte auf keine Stunde mehr.
    Lenins Spruch: Die Welt wird sich an uns orientieren, wurde plötzlich Wahrheit. So eifrig man sich in Bonn auch bemühte, die Scheuklappen beizubehalten und golden anzustreichen … die Tatsache blieb: Sowjetrußland bewies ungehindert seine Macht, Europa zu beherrschen, wenn es nur wollte.
    Im Kleinen exerzierte das in diesen Tagen Oberst Tschernowskij durch.
    Er schaltete alle tschechischen Behörden aus. Er überwachte alle Straßen in seinem ›Kriegsgebiet‹, selbst die Feldwege wurden von Panzerbesatzungen befahren.
    Hubschrauber überflogen in niedriger Höhe die Urwälder … jetzt auch das Gebiet innerhalb des russischen Lagerringes, obgleich selbst Tschernowskij sagte, das sei verschwendetes Benzin. Ein Trupp Rotarmisten, der bis in die Nähe der Schluchten vorgedrungen war, kehrte wieder um. Wie Valentina dachten sie beim Anblick dieser Wildnis, daß hier kein Mensch leben könne.
    Da waren die Stunden, in denen die kleine Gruppe in den Höhlen sich darauf vorbereitete, zu kämpfen und ihr Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Bewaffnet mit Maschinenpistolen und Gewehren lagen Pilny, Valentina und Irena am Rande des Sumpfes in Deckung, geschützt durch umgestürzte Baumstämme, während Lucek neben dem nur zu den Mahlzeiten von seinen Fesseln befreiten Muratow saß und den Auftrag hatte, erst ihn und dann sich selbst zu erschießen, wenn die Sowjets an den Höhlen erschienen. Das war dann der Beweis, daß auch Pilny, Irena und Valentina nicht mehr lebten.
    Doch die Rotarmisten drehten um, bevor sie den Rand der Schlucht erreichten. Ein paarmal kreisten auch die Hubschrauber über dem Windbruch, und einer von ihnen versuchte das tollkühne Unternehmen, dort zu landen. Aber zehn Meter über dem Boden gab er es auf, weil der Platz zu verwildert war, und stieg knatternd wieder in den Himmel.
    Leutnant Muratow hatte sich in den beiden Tagen seiner Gefangenschaft beruhigt. Mit Lucek führte er lange politische Gespräche, und es war Micha gelungen, Muratow davon zu überzeugen, daß er im Westen zwar ein hartes, aber ein freies Leben führen könnte.
    »Mädchen gibt es genug«, hatte Lucek gesagt. »Auch Sie werden eins finden, mit dem Sie glücklich werden.«
    »Es gibt nur eine Irena –« hatte Muratow traurig geantwortet. »Ich werde sie nie vergessen.« Dann war er mit einem Vorschlag gekommen, den alle für gut hielten: »Wenn Sie durchbrechen wollen, lassen Sie mich zurück«, sagte Muratow. »Und wenn Sie in Sicherheit sind, geben Sie dieses Versteck meinem Bataillon bekannt. Meine Kameraden werden mich suchen und finden. Vielleicht werde ich degradiert, vielleicht schickt man mich in die Verbannung an die Lena oder nach Karaganda, ich weiß nicht, was sie mit mir machen werden … aber ich kann Rußland wiedersehen. Das ist das einzige, was mir geblieben ist. Überlegen Sie sich meinen Vorschlag. Was soll ich im Westen? Mit Irena wäre es das große Glück gewesen, hätte alles einen Sinn gehabt … aber allein?«
    Es war Tschernowskij, der diesen Plan, dem alle zustimmten, zerplatzen ließ wie eine Seifenblase.
    Am 9. Tag nach dem Einmarsch der Sowjets tönte aus dem Lautsprecher von Pilnys Transistorradio die Stimme eines russischen Sprechers vom

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