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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bäume auf dem Marktplatz, die Hausfassaden, das Pflaster der Straße, die abgestellten Wagen, selbst der Jeep Tschernowskijs träumten in den frühen Morgen. Weit im Osten, wie durch eine transparente Wand, schimmerte schwache Helligkeit … es war die Stunde, in der die Nacht sich zurückzieht und der Tag aus der jenseitigen Welt emporsteigt.
    Valentina ließ den Gardinenzipfel fallen und tappte zum Bett zurück. Tschernowskij lag auf dem Rücken, ein Lächeln um den Lippen, und schlief wie ein vollgetrunkener, frisch gewickelter Säugling. Seine Hände, auf dem Bauch gefaltet, zuckten leicht.
    Seine Haut war glatt und seltsam weiß. Man konnte es einen schönen Körper nennen, breitschultrig und schmalhüftig, mit langen, kräftigen Beinen und festem Fleisch. Nur um die Hüften herum und wie eine breite Binde um den Bauch zog sich etwas Fett … die mit Sport, Schwimmen und Gymnastik radikal bekämpfte, aber nie zu besiegende Antwort auf die Frage, ob auch ein Tschernowskij alt würde. Der Kopf mit den weißgetupften Haaren und der scharfen Nase, mehr ein Römerantlitz als das eines Russen, hatte sich in das Kissen gebohrt. So lag er da, der große, mächtige Mann aus Moskau, nackt und müde, Sieger in einer Schlacht, bei der er in tausend Feuer gestürzt und aus tausend siedenden Kesseln entronnen war.
    Voller Ekel sah Valentina an sich herunter. An ihrem Körper klebte noch der Geruch seines Schweißes, spürte sie den Druck seiner kräftigen Finger. Valentina richtete sich auf und strich über ihren blanken Körper. Jetzt könnte ich ihn töten, dachte sie. Wie einfach ist das. Man nimmt ein Kissen, wirft es über sein Gesicht, drückt es fest dagegen, wälzt sich mit der ganzen Schwere des Leibes über ihn, damit er nicht zucken und um sich schlagen kann … und nach ein paar Minuten ist alles vorbei, lautlos und ohne Schrecken, ohne Blut und ohne Risiko.
    Man sollte es tun, dachte sie. Sie beugte sich wieder über Tschernowskij, hob ihr Kissen über seinen nackten Körper hinweg und zerdrückte es zwischen den Händen. Ihr Haß war in diesen Sekunden grenzenlos. Ihr Körper, von ihm besudelt, begann heftig zu zittern, sie hob das Kissen hoch, um es mit Schwung auf sein Gesicht zu werfen und sich dann über ihn zu stürzen, aber dann überfiel sie plötzlich Nüchternheit, wie sie auch die Morgenkühle fröstelnd auf ihrer nackten Haut spürte. Als könne sie sich damit wärmen, drückte sie das Kissen nicht auf Tschernowskijs Gesicht, sondern gegen ihre Brust und ging langsam rückwärts um das Bett herum auf ihre Seite. Dort legte sie das Kissen hin, zog die weggestrampelte Decke über seinen Körper und schlich in die Ecke, wo das Waschbecken angebracht war.
    Dort wusch sie sich gründlich, schabte mit den nassen Händen den Geruch der Nacht von sich, nahm ihre Kleider vom Boden, warf sie über den Arm und schlich sich aus dem Zimmer. Tschernowskij hörte nichts … er schlief und streichelte im Traum Valentinas Körper.
    Luceks Kammer lag gegenüber. Wie ein heller Schatten huschte Valentina über den Flur, schloß das Zimmer auf, das Tschernowskij von außen abgeriegelt hatte, und schlüpfte hinein.
    Auch Lucek schlief noch. Sein Atem ging rasselnd, als quäle sich die Luft durch einen Berg trockenen Holzes. Er lag auf der Seite, angezogen, mit offenem Hemd, nur die Schuhe waren ausgezogen und standen vor dem Bett.
    Valentina beugte sich über das bleiche, eingefallene, schmale Gesicht und küßte ihn auf die geschlossenen Lider. Dann legte sie sich neben ihn, zog die Decke über sich und Lucek, kuschelte sich an ihn und streichelte seine verschwitzten Haare.
    »Micha … mein Micha …«, sagte sie leise. »Was ich getan habe, wird dein Leben retten … Es war kein Gefühl dabei … es war eine Folter …«
    Sie drückte die Stirn an seine Schulter, lauschte auf seinen rasselnden Atem, und so schlief auch sie ein.
    Tschernowskij weckte sie.
    Gut gelaunt, rasiert und nach Parfüm duftend, elegant in seiner maßgeschneiderten Uniform mit den Ordensspangen, mit blank geputzten Stiefeln, – die der Wirt mit Creme und Spucke bearbeitet hatte, nicht, damit sie besonders glänzten, sondern weil er den sowjetischen Oberst nicht selbst anspucken konnte, – ein Feldherr im Gefühl seines Triumphes, so stand Tschernowskij vor dem Bett und zog die Decke weg.
    Valentina erwachte zuerst und riß die Decke zurück über ihren nackten Leib.
    »Gehen Sie hinaus!« zischte sie.
    Tschernowskij schüttelte den Kopf. »Ein

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