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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die aus Taschkent stammte. Das enge, kurze, mit Rüschen besetzte Kleidchen aus einem weiß-rot gepunkteten, dünnen Stoff umschloß ihren Körper mit jener Raffinesse, die alles bedeckt und doch alles an Formen verrät.
    »Meine Wirtin sagte mir schon, daß Sie nach mir gefragt haben«, begann Pilny die Unterhaltung. Er wies auf ein altes Sofa, das an der Längswand stand, eines jener gut bürgerlichen Stücke mit Plüschbezug und drei angehefteten Spitzendeckchen dort, wo die Köpfe sich anlehnen sollten. Valentina setzte sich und schlug die Beine übereinander. Der Ansatz eines hellvioletten Höschens mit einer dünnen Spitze wurde sichtbar. Die Oberschenkel waren glatt, braun und kraftvoll.
    Irritiert warf Pilny einen Blick auf diese schöne Landschaft und wandte sich dann ab. »Sie kommen aus Paris?« fragte er schnell.
    »Ja. Ich heiße Miroslava Tichá.« Valentina lächelte wie eine Madonna. Wenn ihre Augen leuchten, schmelzen Gletscher, hatte Tschernowskij einmal von ihr gesagt. Und wenn sie lächelt, beginnen welkende Rosen neu zu blühen. Das war zwar sehr übertrieben, aber wir kennen ja den guten schwärmerischen Andrej Mironowitsch. »Ich studiere Medizin. Bei den Unruhen an der Sorbonne und den Straßenschlachten gegen die Polizei traf ich einen alten Freund von Ihnen. Grüßen Sie mir Karel Pilny, wenn Sie nach Prag kommen, rief er mir zu. Ein paar Minuten später bekam er einen Polizeiknüppel auf den Kopf und wurde weggetragen. Ich habe mir später seinen Namen aufgeschrieben.« Sie holte aus einer kleinen, weißen Handtasche einen Zettel und hielt ihn Pilny hin. »Bitte, er hieß Jérôme Duval. Er ist Reporter von Paris Match …«
    »Jérôme Duval?« Pilny nahm den Zettel, sah auf eine zierliche, aber energische Schrift und schüttelte den Kopf.
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte er.
    »Sie waren nur einmal in Paris?«
    »Dreimal. Mein Gott, man trifft dann so viele Kollegen bei den Pressekonferenzen. Es kann sein, daß auch ein Duval darunter war.«
    »Muß wohl!« Valentina wippte mit den Fußspitzen. »Er trug mir jedenfalls einen Gruß an Sie auf, und ich habe meine Mission erfüllt.« Sie sah sich um. Ein großes Zimmer. Am Fenster der Wohnteil mit einem runden Tisch, zwei Sesseln und dem Plüschsofa … im hinteren Teil durch einen Vorhang abgegrenzt, der Schlafteil mit einem breiten Bett und einer Nische, in die Frau Plachová in einem Anfall von modernem Denken eine Brausekabine eingebaut hatte. Gegenüber die ›Küche‹ … ein Schrankunterteil mit einem Elektrokocher darauf. Pilny benutzte ihn nie, er war ein Überbleibsel von seinem Vorgänger, der ein ›Zimmer mit Küchenbenutzung‹ gemietet hatte.
    »Hübsch wohnen Sie hier«, sagte Valentina Kysaskaja. »Dagegen habe ich in Paris in einer Höhle gehaust. Der Putz blätterte von den Wänden.«
    »Rauchen Sie?« Pilny hielt ihr seine Schachtel hin.
    »Gern.« Valentina nahm eine Zigarette heraus und beugte sich vor, als Pilny Feuer gab. Dabei konnte er tief in ihren Ausschnitt blicken und sah zwei runde, feste Brüste, die in Halbschalen aus Spitze mehr auflagen, als gehalten wurden. Ein raffiniertes französisches Modell, das die Brust modellierte und doch die Illusion verlieh, als läge sie frei unter dem Kleid.
    Das Streichholz in Pilnys Hand zitterte, und Valentina bemerkte es mit einem Lächeln.
    »Sie studieren jetzt in Prag?« fragte Pilny. Er stand am Fenster, drei Meter von Valentina entfernt, die ihre schlanken Beine vorstreckte und während des Rauchens ab und zu mit gespreizten Fingern durch ihre langen schwarzen Haare fuhr.
    »Ja. Ich bin doch Tschechin.« Sie sprach akzentfrei, mit dem etwas singenden Tonfall der Slowaken. »Heute, um 11.30 Uhr, schreibe ich mich ein. Mir ist ein wenig unglücklich zumute. Wenn man fremd in ein Semester hineinspringt – keinen kennt man –«
    »Es wird Ihnen nicht schwerfallen, Anschluß zu finden.« Pilny rauchte nervös mit schnellen, hastigen Zügen. Irena, du bist schöner, dachte er dabei. Das da ist eine Katze, sie schnurrt und schmeichelt … doch die Krallen sind da, man darf sie nicht vergessen.
    »Sie haben gute Verbindungen zu Studentenkreisen?«
    Die Frage klang ganz beiläufig, nur so hingeworfen, aber es war der erste scharfe Schuß Valentinas. Sie sah dabei Pilny nicht an, sondern schnippte die Asche ihrer Zigarette in die flache Schale, die auf dem runden Tisch stand.
    »Flüchtig. Ein paar Freunde.« Pilny zog sich zurück wie ein Igel unter seine Stachel.

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