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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schon von weitem hörte man es … er hatte das Radio angestellt.
    »Freies Radio Pilsen spricht«, rief er, als er ins Behandlungszimmer kam. »Man hat Dubcek an einen unbekannten Ort entführt. Einige sagen, er sei schon in Moskau und würde dort zu Tode geprügelt. Sie erinnern an das Schicksal General Maleters in Budapest, dem die Sowjets eine ehrenvolle Verhandlung versprachen, dann am Tisch verhafteten und später erschießen ließen. Ah, unser Patient ist ja wach.« Dr. Matuc stellte das Radio auf seinen Schreibtisch. »Wie fühlen Sie sich?«
    Er setzte sich neben Lucek, schob dessen Augenlider hoch und nickte erfreut. »Sie erholten sich aber schnell. Schmerzen?«
    Lucek biß die Zähne aufeinander. In seiner Brust brannte es wie von tausend Feuern. Die Kugel, die noch in seinem Brustkorb steckte, schien aus rotglühendem Metall zu sein. »Seien Sie ehrlich, Doktor«, sagte er schwach. Er knirschte dabei mit den Zähnen, was sich schauerlich anhörte. »Ist es schlimm? Ich bin Student der Medizin … Sie können offen mit mir reden.«
    »Sie müssen sofort operiert werden. Steckschuß rechts oberhalb der Lunge.«
    »Krankenhaus?« Lucek schüttelte den Kopf. »Unmöglich.«
    »Jetzt fängt der auch noch an!« Dr. Matuc goß sich sein Kognakglas wieder voll. »Ich kann Sie hier nur provisorisch versorgen und ein bißchen verpflastern.«
    »Das genügt.« Lucek lächelte verzerrt Irena an, die noch immer seine Arme niederdrückte. »Ich liege ganz still, keine Angst. Aber wir müssen Miroslava suchen –«
    »Wer ist Miroslava?« fragte Dr. Matuc.
    »Seine Braut. Auch Medizinstudentin. Die Sowjets haben sie aus seinem Wagen geholt und anscheinend in ihr Hauptquartier gebracht.« Pilny sah auf seine Uhr. »Wir müssen weiter. Ich muß den Sender aufbauen. Kann ich meinen Freund bei Ihnen lassen?«
    »Natürlich. Aber er muß in die Klinik.«
    »Blödsinn! Ich fahre mit euch.« Lucek sah auf das langsame Tropfen in dem Kontrollglas zwischen Infusionsflasche und Schlauch. »Die wievielte ist das?«
    »Die zweite.«
    »Wenn sie durchgelaufen ist, fahren wir.« Lucek erholte sich erstaunlich schnell. Seine Worte wurden klarer, die Sprache lauter. Mit jedem Tropfen Plasma gewann er einen Teil seiner Kraft zurück. »Ich werde schon ein paar Tage mit dem Ding in der Brust herumlaufen können –«
    »Wenn sich nicht alles entzündet und eitert. Es brauchen nur ein paar Stoffetzen mit in die Wunde gekommen zu sein …« Dr. Matuc ging zum Medikamentenschrank und holte einige Kartons mit Verbandsmaterial aus den unteren Fächern. »Ich mache Ihnen einen festen Verband. Penicillin in die Wunden – mehr kann ich nicht tun. Sie werden von allein vernünftig, wenn Ihnen vor Schmerzen die Hirnschale platzt.«
    Sie warteten, bis die zweite Flasche Plasma in Luceks Vene gelaufen war, hörten dabei Radio und erlebten, wie zwei Freiheitssender ihre Aufrufe mit den Worten beendeten: »Der Russe steht vor der Tür. Wir müssen gleich schweigen. Was mit uns geschieht, wissen wir nicht. Es lebe die Freiheit, es lebe unser Vaterland! Andere Freunde werden für uns senden … die Stimme der Freiheit schweigt nicht!«
    Pilny saß auf dem Wachstuchsofa und rang die Hände. Dr. Matuc schielte zu ihm hin, auch Irena wußte, was jetzt in ihm vorging, wie groß und unerträglich die Qual war, hier zu sitzen, statt sofort in die Leere einzuspringen, die mit der Eroberung der anderen Freiheitssender durch die Sowjets entstanden war. Draußen im Wagen lag, auseinandergenommen, eine vollständige weitreichende Funkstation … nur eine halbe Stunde dauerte es, um sie zu montieren.
    Dr. Matuc zog den Schlauch von der Hohlnadel und gab dem Infusionsgalgen einen Fußtritt. Dann entfernte er die Nadel aus der Vene, schob dafür aber eine neue hinein, die er mit einer Schraube und einem Ventil luftdicht abschloß. Lucek, der ihm zusah, nickte zufrieden.
    »Danke«, sagte er, als das Stützbrett unter dem Arm entfernt war. »Ich werde den beiden schon beibringen, wie man eine Flasche anschließt.«
    »Es hat ja keinen Sinn, mit Ihnen vernünftig zu reden.« Dr. Matuc half Irena, Lucek aufzurichten und verband ihn mit dicken Lagen Zellstoff und vielen breiten Binden. Dann packte er einen Rucksack voll mit schmerzstillenden Medikamenten, Ampullen, Blutplasma, Einwegspritzen, Zellstoff und Verbandsmull. Auch seinen ganzen Vorrat an Morphium packte er dazu. Eine Plastikflasche mit Alkohol legte er obenauf und eine Metalldose mit

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