Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
heiraten müssen und glücklich würde sie dabei wohl kaum mehr werden. Ihm war es gleichgültig. Er hatte geschworen, das Balg großzumachen, mehr nicht. Weiber gab es auch anderswo, nur den Hausherrn konnte ihm niemand mehr streitig machen.
Selbstgefällig streckte Jacob die Beine aus und wippte auf seinem Stuhl. So wohl war ihm durch den Most geworden, dass er sich ein Abenteuer mit der Magd ausmalte. Jenne war ein junges Ding, aber leider derart von den Pocken verunstaltet, als hätte ihr jemand aus nächster Nähe eine Schrotladung ins Gesicht geschossen. Aber die Figur war schlank und sie roch gut. Gleich hier auf dem Küchentisch bekam er Lust, sie zu nehmen. Nur die Röcke zurückwerfen, sich vor sie hinstellen und ihr dann das Spundstübchen so tief ausloten, dass sie es so leicht nicht vergessen würde – das wäre jetzt das Richtige. Danach würde er sich schlafen legen, und Maria bekäme zur Beruhigung auch noch ein paar Streichler über ihren geschwollenen Bauch.
Mit einem triumphierenden Glitzern in den Augen blickte er auf, als die Magd nach ein paar Minuten wieder in die Küche kam.
»Willst dir doch noch Most abholen, Jenne?« fragte er und schaute sie herausfordernd an. »Oder willst, dass wir in den Stall gehn?«
»Das kann ich allein«, erwiderte Jenne trotzig, »und dein Most würd’ mir im Bauch umgehen, jetzt. Hast was gekriegt.«
»Meinen Most spürst nicht im Bauch, Jenne«, sagte Jacob lauernd, wobei er hoffte, sie würde auf seinen vorgereckten Schoß sehen. Seine Augen saugten sich an ihren Hüften fest und kurz stellte er sich vor, wie sie aufstöhnen würde, wenn sie sein Werkzeug das erstemal fühlen würde. Doch so wie sie dreinblickte? Künstlich beleidigt sagte er: »Bist selber schuld, wennst keinen magst. Bitte. Trotzdem könnst heut ein bisschen netter sein.«
»Jetzt spielst den Hanswurst, Jacob«, sagte Jenne belustigt. »Ein andermal kannst mir deinen Most einschenken. Und am Stall findst du doch die Tür nicht mehr, so lang warst nicht drin. Aber willst ihn nicht endlich aufmachen, deinen Brief? Hat mir ein zerlumpter Bursche aus Burkheim gegeben, grad als ich auf dem Hof war. Ist wohl ein Billet für ein Rendezvous?«
»Dann würdst du sogar den ersten Kuss kriegen, Jenne«, sagte Jacob trocken. »Das kriegt’ ich durchaus hin – sogar bei dir. Mit geschloss’nen Augen. Wie’s so üblich ist. Denn zum Küssen braucht man zum Glück nur den Mund – nicht ‘s Gesicht!«
»Dann wollt’ ich aber, du steckst dich bei mir an!« rief Jenne erstickt und schleuderte Jacob den Brief ins Gesicht. Sie schluckte die Tränen runter, aber kaum, dass sie aus der Küche gerannt war, schossen sie ihr ins Gesicht.
2
Notfalls würde sie eben etwas nachhelfen. Bei zu erwartenden Zwillingen war dies ungefährlich. Aber mit ein bisschen Glück ging ihr Plan auch so auf. Jedenfalls gab es keine andere Möglichkeit, nicht für sie, nicht für Jacob. Und wenn’s für sie selbst nicht so schmerzhaft wäre, könnten die Bastarde sich von ihr aus gegenseitig aus dem Bauch trampeln.
Colette, die in der »Compagnie de la Reine« das schnippische Blondchen spielte, konnte die Kinder, die sie erwartete, nicht brauchen. Im letzten Winter hatte Jacob ihr hier in Burkheim beide in den Bauch gepflanzt und Colette erinnerte sich noch gut an dieses Tête-à-tête. Beide waren sie damals übereinander hergefallen, nur dass sie jetzt die Konsequenzen allein zu tragen hatte. Noch als Hochschwangere hatte sie das Blondchen gespielt – eingeschnürt bis zur Ohnmacht und war deswegen bei den letzten Auftritten hämisch bejohlt worden.
Als Fremde hätte sie im Freiburger Findelhaus einiges an Geld zahlen müssen, viel zu viel, wie die Truppe entschieden hatte. Und anderes wäre viel zu gefährlich gewesen, denn beim kleinsten Verdacht jagte man Leute wie sie aus dem Land. Außer Bettlern war der Obrigkeit bekanntlich nichts so sehr verdächtig wie das durch die Welt fahrende Komödianten- Gewerbe.
Colette fand es nur gerecht, dass sie Jacob erpresste. Das schwerste Stück Arbeit lag immerhin noch vor ihr. Heute waren die Vorwehen so heftig geworden, dass sie glaubte, die Geburt setze ein. Doch nach einer Stunde war alles wieder vorbei – ein warnendes Zeichen, Jacob endlich den Brief zu schreiben. Bei einem Glas Most sollte er sich zu Hause mit ihrem Plan vertraut machen. Das war allemal leichter als die Geburt von Zwillingen in einem dieser klapprigen Kastenwagen.
3
Jacob sah die Wagenburg
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