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Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Blutholz: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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sein ehrlicher Wunsch. Und weil es in so einem Fall gut ankam, hatte er treuherzig hinzugesetzt, sie wäre sogar noch Jungfrau. Die Bickensohler Wirtstochter sei es, und er würde sie auf dem Fest vorstellen. Der Vater zeigte sich zufrieden, selbst Maria hatte anerkennend genickt.
    Natürlich war alles ein bisschen gespielt. Sich gut zu benehmen, ein naives Mädchen vorzustellen, folgsam zu arbeiten, war jetzt ratsam. Ein Schlachtfest am ersten Advent war geplant, von da an sollte er, gleichsam auf Probe, den Hausherrn machen. Bernhard hielt für einen Augenblick inne und schneuzte, bevor er sich daran machte, den nächsten Rebstecken zu ziehen. Wie viel Weiber hatte er in den letzten Jahren nicht gehabt! Es war ihm zur Gewohnheit geworden, jedes Mädchen, das er begehrte, auch irgendwann zu besteigen. Bis jetzt gab es nur eine, die es sich erlaubt hatte, ihn in die Schranken zu verweisen. Die Frau Nachbarin, jene so kräftig mit ihrem Vin mousseux auf die Nase gefallene Madame.
    Was würde sie sagen, wenn sie erführe, ihr einstiger kleiner Liebhaber wird Hausherr? Könnte es Eindruck machen? So arm standen die Schnitzers ja nicht da, und Madames Geldsäcke müssten durch den Prozeß eigentlich ziemlich an Gewicht verloren haben. Bernhard dachte an die beiden Abenteuer mit ihr. Die van Bergensche würde er sofort heiraten. Zwar hatten sie sich schon lange nichts mehr zu sagen, aber sie war trotzdem das gleiche Weib geblieben, er sah es sofort, wenn sie sich in den Reben begegneten und ein paar Höflichkeiten austauschten.
    Seit die Eiche gefällt war, seit Jacob ihr die Unterschrift abgeschwatzt hatte, war ihre Beziehung noch kälter geworden. Vielleicht könnte er ein paar Wiederbelebungsversuche anstrengen? Sie mit ihrem Justitiar einzuladen, wäre ein erster Schritt. Immerhin hatten sie ein kleines Geheimnis. Und wenn der Herr Justitiar es erführe, würde er seine Madame möglicherweise nicht mehr so vorurteilslos anhimmeln. Ausgefallene Wege führten auch ans Ziel. Ein Jahr hatte er Zeit. Den Versuch war es auf alle Fälle wert.
    23
    Barbara atmete noch einmal tief durch, bevor sie an die Tür pochte. Dieses Mal kam sie aus Berechnung auf den Hof. Wohl war ihr nicht. Zwar versuchte sie sich damit zu trösten, dass der alte Schnitzer sie viel kaltblütiger überrumpelt hatte, aber was vergalt sie ihm schon, wenn sie Maria ausfragte? Sie war es ja, die ihr vertrauensvoll das Du angeboten hatte, und auch wenn ihre Fragerei aus sozusagen existenzieller Wissensnot geschah, es war wider allen Anstand. Deshalb hatte sie auch Tage gebraucht, bis ihr überhaupt ein offizieller Grund für diesen Besuch eingefallen war. Er war unverfänglich, da war sie sich ganz sicher. Jetzt blieb nur zu hoffen, der Alte machte einen Mittagsschlaf.
    »Da habe ich erwartet, der Caspar springt hervor, wenn die Tür aufgeht, stattdessen diese Überraschung«, sprudelte sie hervor, als Bernhard unerwartet öffnete. »Wie schön, dass …«, Barbara zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, wie sie ihn ansprechen sollte und rettete sich galant ins Französiche, » mon Monsieur voisin es selbst ist, mein geschätzter Herr Nachbar. Da bedarf es nicht erst umständlicher Erklärungen.«
    »Aber wie denken Madame von uns«, antwortete Bernhard und zog alle Register seines Schauspieltalentes, »dies Entree muss die Ausnahme gewesen sein. Hier hört man mit dem Herzen! Wenn es draußen klopft, fragen wir es. Und jetzt hat es uns erzählt, die teuerste Madame steht vor der Tür. Da schicken wir uns immer selbst, nie den Hund.«
    Barbara hakte sich in den ihr dargebotenen Arm, und mit erhobenem Haupt schritten beide gemessenen Schrittes in die Stube. Mit lautem Räuspern machte Bernhard auf sich aufmerksam und stellte Barbara gestelzt Maria und Jenne vor, die beide völlig verblüfft diesem über sie hereinbrechenden Theaterauftritt zuschauten. Danach machte er eine tiefe Verbeugung und empfahl Barbara der, wie er sagte, Gastfreundschaft der maman de maison . Für einen kurzen Augenblick verließ er daraufhin die Stube. Als er zurückkam, strahlte er wie ein Applaus entgegennehmender Komödiant, verneigte sich vor Jenne und Maria. Letztere hatte aber schon ihr Kanapee verlassen hatte und umarmte Barbara. Alle taten sie betont herzlich, der komödiantische Auftakt dieses Besuchs hatte das Förmliche mit einem Hieb gesprengt. Barbaras Vorbereitungen waren damit zunichte gemacht, und sie gestand sich ein, dies selbst provoziert zu haben. Für den

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