Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
günstig sei, zweitens, weil ihr Justitiar erst gegen Abend aus Freiburg käme, und drittens, weil die Johanna vielleicht doch nicht die passende Schwiegertochter sei. Jacob blickte Bernhard aufmerksam an und grinste. Dies waren die Augenblicke, in denen sich Bernhard wirklich als sein Sohn vor ihn hinstellte. So, wie es die Colette ihm, dem Erpressten, vor dreiundzwanzig Jahren ausgemalt hatte. Dafür war er ihr dankbar, aber alles andere vergaß er nicht.
Bernhard erspähte Barbara beim Kehren im hintersten Eck ihres Kellers. Vielleicht gelänge es ihm ja, die Madame ein bisschen zu erschrecken? Fürs Schauspielerische zeigte sie das gleiche Talent wie er! Sie würde es bestimmt nicht übelnehmen. Im Schutz der Fässer konnte er sich tatsächlich weit heranschleichen. Bernhard war ungeduldig, aber vorsichtig. Er musste nicht lange warten, bis Barbara wieder mit dem Rücken zu ihm stand. Wie eine Katze sprang er sie an, und mit einem »Grüß Gott, Frau Nachbarin!« schlossen sich seine Arme um ihre Hüften.
»Es hat dir wohl schon jetzt der Wein den Kopf umspült, wie?«, rief Barbara, nachdem sie ihren Schreck los war, der zu Bernhards Enttäuschung nicht allzu groß ausfiel, weil sein Opfer ihn sofort an seiner Stimme erkannt hatte. Nicht gerade heftig versuchte sie, sich aus seinem Griff zu winden, so hielt er sie umarmt und berauschte sich am Duft ihres Haars und der Geschmeidigkeit ihres Körpers. Sie jetzt zu haben, dieser Gedanke bohrte sich gierig in seinen Kopf.
»Ich hab’ leider keinen Hahn im Kopf, aus dem die Weingeister wieder herausfahren könnten«, sagte er scheinheilig, während er sie weiter festhielt. »So treiben sie halt etwas Schabernack. Ist’s denn so schlimm?«
»Schlimm sind deine dreisten Hände«, sagte Barbara empört und wand sich energisch aus der Umarmung. »Ich dachte, sie gehören Johanna? An Martini war’s doch so, oder? Glaubst du etwa … «
»… an den lieben Gott? Ja!«, fiel ihr Bernhard amüsiert ins Wort. »Willst dich beklagen? Hab’ ich geklatscht? Seit wann gehörst du zu denen, die an jedem bisschen herumzimperln?«
»Hör auf damit!«, rief Barbara erbost. »Die kleine Schwarze ist mit der Eiche gestorben! Und die mit ihrem Keller an vergiftetem Champagner! Ist Johanna zu standhaft? Bei dir? Dann muss sie die wiederauferstandene Jeanne d’Arc sein!«
»Pass auf, was du sagst!«, rief Bernhard scharf. »An Martini hast du mit Anspielungen gehurt, nicht ich! Wünschst du, dass ich’s genau so mache? Vielleicht gleich heut Abend? Wir können ‘s ausmachen! Du vor Johanna, ich vor deinem… «
»Willst du mich erpressen oder das Fass holen?«, schrie Barbara wütend und verzweifelt zugleich. »Dann tu, was du nicht lassen kannst! Verfluchen könnt’ ich mich! Du, du Schnitzerscher Bastard!«
»Wie schön, dass Ihr mich auf Ideen bringen, Madame!«, fluchte Bernhard hinter Barbara her, die aus dem Keller rennen wollte. Nach wenigen Schritten hatte er sie eingeholt, zerrte sie gewaltsam in den hinteren Teil und presste sie dort grob an sich. In brutalem Ton hieb er auf sie ein, das Gesicht verzerrt, die Augen zu allem entschlossen.
»Mich einen Bastard schimpfen! Wie wär’s, wenn du dich freifickst, du Champagnerhure«, keuchte er. »Dann halt ich’s Maul, verstehst du? Dann haben wir sogar beide Spaß! Den willst du doch, oder? Willst ihn doch, du, du geiles Stück!«
Barbara wehrte sich verzweifelt, doch Bernhard drückte sie mit der unbändigen Kraft des Vergewaltigers auf den Boden. Ihr Schreien war sinnlos. Als sie seine Hand zwischen ihren Schenkeln spürte, die kratzenden Finger, die ihr die Scham aufrissen, wurde sie plötzlich ganz still, breitete die Arme wie eine gottergebene Märtyrerin aus und sagte mit der allergrößten Verachtung:
»Und doch bist du ein Bastard, Bernhard Schnitzer. Weil Maria es mir verraten hat. Du nie geliebter Bastard. Du abgelegte, traurige Hurenfrucht. Du rausgeschissenes Kind einer Schauspielerin.«
Der Ton der Verachtung steigerte sich zu wüstem Lachen. Gellend grölte Barbara immer von neuem »Du rausgeschissener Bastard!« und lachte über die auf sie niederprasselnden Schläge, die wenig schmerzten und immer öfter ins Leere gingen. Aber ein abgrundtiefer Hass hatte sich über Bernhards Gesicht gelegt. Und erst als Jacobs Stimme zu ihm gefunden hatte, wurde er aus dem Rausch seiner prügelnden Hände gerissen. Wie ein gehetztes Tier rannte er davon. Vorbei an Jacob, der ihm ungehalten nachblickte und alle
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