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Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Blutholz: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Blutholz: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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siebenmaligem harten Klopfen eröffnete Bernward die Zeremonie. Unbemerkt hatte er sich zurückgezogen, ein rotes Halstuch umgebunden und einen rundkrempigen, schwarzen Filzhut mit zwei langen roten Seidenbändern aufgesetzt. Sein schlanker Hochzeitsladerstock, in dessen Knauf eine Taube geschnitzt war, knallte so laut auf die Türschwelle, dass alle Konversation augenblicklich erstarb.
    »Ehrbarer Freund, sittsame Braut! Hatten Wir die Ehr’ und das Amt, in Eurem Namen eine schickliche Werbung zu tun, so bitten Wir jetzt freundlich, allhier versammelt und geladene Gäst’ willig anzunehmen. Und so sie alle werden Euren christlichen Kirchgang begleiten, ehren und schmücken, so sie sollen heute essen, trinken und fröhlich sein, wie es der liebe Gott durch seinen Segen geben und bescheren wird. Euch und sich selbst zur Lust und Freude, nach christlichem Benehmen und so lang als es jedem beliebt.«
    Lautes Klatschen ertönte nach dieser wohlgesetzten Rede, während Bernward den Amsterdamer Zusammensprecher zum Brautpaar führte und es ihm formell vorstellte. Barbara fühlte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Vor Anspannung umklammerte sie die Armlehne so heftig, dass ihre schon verheilte Wunde zu pochen begann, ja wieder etwas brannte. Cees stand ihr zur Rechten, eine Hand auf die Lehne des Sessel gestützt und strahlte seinen Freund an. Bernward verzog keine Miene und mit ernstem Gesichtsausdruck klopfte er erneut siebenmal auf den Boden.
    »So jemand hier ist, der wisse etwas von Irrung und Hindernis bei diesen Brautleuten gegen den Bund der Ehe, der sag es jetzt.«
    Da niemand etwas einzuwenden hatte, fuhr Bernward fort: »So soll es gut sein, zum einen Mal, zum anderen Mal und zum dritten Mal.«
    Danach verbeugte er sich vor dem Heirats-Commissar, erklärte die Brautleute für ehetauglich und bat ihn, mit der Zeremonie fortzufahren.
    Der Commissar dankte dem Hochzeitslader, drückte ihm nach holländischer Sitte eine Münze in die Hand und begann nun seinerseits: »Kraft meines Amts ich die Erlaubnis meines Magistrats verkünde, dass mir zu Gesicht gestellte Brautleut in den Stand der Ehe treten dürfen.«
    Niemand im Raum konnte sich eines Schmunzelns erwehren. Der starke holländische Akzent und die hagere Statur ließen den Commissar eher wie einen kindisch gewordenen Lehrer erscheinen und die undeutlich verschluckte Sprechart hatte viel vom dilettantischen Theaterspiel verzopfter Lateinschulen an sich.
    »Also ich kraft meines Amtes die Eh’ nun als weltliches Geschäft stifte und die Brautleut zur christlichen Hochzeit zulasse.«
    Mit einem Wink gebot er Barbara, sich zu erheben, fasste ihre und Cees’ rechte Hand und legte sie ineinander. Dann sagte er: »Ausgesprochen ist also zusammengesprochen. Die Braut sei eheliches Weib, der Bräutigam ehelicher Mann. Zu Eheleut’ seid ihr damit in hiesiger Stadt zusammengesprochen, jeder dem anderen Ehr’ und Anstand schuldig, aufs Leben lang, wie holländisches Gesetz es will.«
    Vor Aufregung fühlte Barbara einen leichten Schwindel. Den letzten Worten hatte sie kaum folgen können, denn all ihre Konzentration war darauf gerichtet, nicht umzufallen. Kalter Schweiß brach aus ihrer Hand und brannte in der Fingerwunde. Cees war kaum zu spüren und am liebsten hätte sie geschrien, so sehr sehnte sie sich nach Wärme und Geborgenheit. Aber Cees’ Hand war kalt, kälter noch als ihre. Treue und Liebe hatten sie sich jetzt nach holländischer Sitte zu schwören, doch brachte sie dies Sprüchlein noch halbwegs fest heraus, klang es dagegen bei Cees merkwürdig gebrochen, heiser. Etwas Zögerliches schien in seiner Stimme zu liegen. Und bei dem Wörtlein Liebe: Spiegelte sich da in seinen Augen nicht eine gewisse Hilflosigkeit?
    Drei Schläge des Hochzeitsladerstockes beendeten die Zeremonie. Das Signal für die Gäste, dem Paar zu gratulieren. Schwester Catharina war die erste. Mit Tränen in den Augen umarmte sie ihr einstiges Ziehkind und küsste Barbara auf die Stirn. Nach ihr drängelte sich Bernward an sie heran und Barbara gestand sich ein: Seine lebhafte Umarmung tat ihr gut.
    Jetzt war es Zeit für die Morgen- oder Brautsuppe. Mit atemberaubender Schnelligkeit deckte Riecke den ausgezogenen holländischen Fußstegtisch, an dem Barbara sich den Abend vorher in Ruhe dem Genuss des Champagners hingegeben hatte. Jetzt trug er die Last von wohl bald zwei Dutzend verschieden getöpferten Suppentellern und ebenso vielen blauen Steingutbechern. Die Löffel waren

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