Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
Martin und ich werden uns künftig in acht nehmen! Auch wenn’s schwer fällt.«
»So wahr wir Zisterziener sind«, sagte Bruder Martin. »Ihr Eheliebster hat eigentlich recht, mir da ein wenig übers Maul zu fahren.«
»Dabei bin ich Euch doch ewig zu Dank verpflichtet, Bruder Martin«, sagte Cees versöhnt. »Schließlich war es Eure Kunst, die mir Barbara am Leben gehalten hat.«
»Das hat Gott getan«, sagte Martin ernst. »Aber, Barbara, ich hab’ Euch endlich diesen Brief zu geben. Von Johannes und mir mit feuchten Augen für Euch anvertraut.«
Es war ein kleines, aber dickes Briefchen, das Barbara vorwitzig an ihren Busen drückte. Bedanken tat sie sich mit einer kurzen Umarmung und küsste Martin dann ganz plötzlich auf die Stirn.
»Den sollt Ihr ihm weitergeben, versprecht es mir«, sagte sie gerührt, »und ihn genauso fest umarmen, wie ich es gerade getan habe.«
Auf Bruder Martins Gesicht malte sich für einige Sekunden eine leichte Röte, doch Barbaras eindringlich bittenden Augen vermochte er nicht standzuhalten. Er schwor im Namen der Heiligen Jungfrau, gerade zur rechten Zeit, denn die Glocken setzten ein und riefen zum Altar. Die Gesellschaft musste es sich auf ausdrücklichen Wunsch Catharinas und Utes gefallen lassen, dass zwischen Brautmesse und Abendmahl noch das Salve Regina gesungen wurde, zu Ehren des Heiligen Namens Mariä, der traditionsgemäß am 12. September gefeiert wurde. Ein Gedenktag, den die Schulschwestern hoch achteten und der auch für Barbara besondere Bedeutung besaß. Vor achtzehn Jahren hatte Mère Bataille ihr den Heiligen Namen während eines Messoffiziums als zweiten Taufnamen beigegeben. An diesem Festtag Hochzeit zu feiern, bedeutete, Glück und Gnade zu beschwören. Und war es nicht verheißungsvollste Fügung, dass er dieses Jahr auf einen Dienstag fiel? Nach gut christlicher Sitte heiratete man an diesem Wochentag. Nicht montags, weil sonst der Sonntag mit profaner Geschäftigkeit entweiht würde, nicht mittwochs, weil er der Hochzeitstag der gefallenen Mädchen war, nicht donnerstags oder freitags, dem Vorabend und Tag der Kreuzigung des Herrn. Aber auch nicht am Samstag, denn der Priester hatte ja die sonntägliche Predigt vorzubereiten. Und dass der Sonntag sich verbot, sahen selbst die minder christlich Gesinnten ein.
Auf dem Rückweg nach Burkheim musste Barbara zweimal ausgelöst werden, denn natürlich hatten die Dorfkinder die Zeit der Trauung genutzt, um die Straße zu versperren. Quergestellte Jauchekarren mit daran gebundenen Kühen, gespannte Seile und Ketten, ja sogar einen Stangenverhau hatten sie sich einfallen lassen, um ein Weiterziehen unmöglich zu machen. Wohlweislich hatten Cees und Bernward an dieses uralte Spiel gedacht. Wie zwei Sämänner warfen sie den Brautzoll in die Kinderschar, was sofort Raufereien um die wohlfeilen Kupfermünzen auslöste. Aber trotz der Sperren gelangte der Hochzeitszug in kürzerer Zeit wieder nach Burkheim, als er von dort aus nach Niederrotweil unterwegs gewesen war – die Vorfreude auf das Hochzeitsmahl hatte bei allen für eine zügige Gangart gesorgt.
Der Gasthof war durchaus einfach zu nennen, aber die Düfte, die aus der Küche in den Festsaal zogen, verhießen Köstlichkeiten nicht alltäglicher Art. Eine Aufwartemagd rollte eine große Schiefertafel herein, auf der alle zum Mahl vorgesehenen Esswaren angeschrieben standen – mit Mengenangaben, die beweisen sollten, dass Cees van Bergen seine Gäste opulent zu bewirten gedachte. Und welche Zahlen da neben Rebhühnern, Kapaunen, Forellen, Aalen und Krebsen, neben Rehrücken und Wildschweinschlegeln, nebst Pasteten, Trüffeln, Backwerk, Gewürzen und Kaffee zu lesen waren – sie hätten vermutlich selbst dem Koch eines Adligen imponiert. Da füllte man gern den Gabentisch des Paars und mancher fütterte des Hochzeitsladers herumgereichten Schenkbeutel mit guten Silbermünzen, so dass Cees wenigstens zu einem kleinen Teil von den erheblichen Kosten entlastet wurde.
Hochzeitsgedichte wurden vorgetragen, im Stil der alten Schlesischen Dichterschule, aber auch im neuen Ton Anakreons. Schlüpfrige Epigramme und Rätsel machten die Runde, wobei Schwester Catharina hin- und hergerissen war, sich entweder Ohrenlider zu wünschen oder sich zum Mitlachen zu entschließen. Schwester Ute war da etwas freier, allerdings gab sie sich nicht, anders als Bruder Martin und Rudolf, dazu her, nach passenden Reimen zu suchen.
Die Unverbesserlichsten hielten es bis in
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