Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
Sachen vom Leib zog. Mit kiebigem Lächeln ließ sie sich in dicke Laken einhüllen und plumpste wohlig entspannt in ihren Sessel, darauf wartend, was ihre Haushälterin noch mit ihr anstellen würde.
Das heiße Salzfußbad war nicht so schmerzhaft, wie Riecke es angedroht hatte. Schlimmer war das gallenbittere, mit Honig und Portwein verfeinerte Teegebräu, das sie ihr mitleidlos Löffel für Löffel eintrichterte. Zwischendurch gab es trocken Brot. Vom Gewitter war nur der Regen geblieben – Barbara stellte es lakonisch fest und dachte kurz an Gregor, an seine Erzählung, wie sie damals vor den Augen eines Abts gewickelt worden war. Die Fütterung indes machte sie so träge, dass sie sich mit dem größten Genuss ins Bett verabschiedete, nachdem sie den letzten Löffel Tee heruntergewürgt hatte.
Vom Rest des Tages verlange sie, die Madame weder zu hören noch zu sehen, befahl Riecke. Der Tee werde bald seine Wirkung tun und ihr einheizen. Das wäre alles. Gute Nacht! Sie schlug energisch die Tür ins Schloss, während Barbara wie ein aufmüpfiges Kind kicherte. Gerade nach sieben war es! Auch wenn sie sofort einschlafen sollte, um Mitternacht wäre sie hellwach.
Entspannt wie sie im Bett lag, erholte sie sich, statt müde zu werden. Ohne sich zu rühren, lag sie in ihrem abgedunkelten Zimmer, doch das Hitzekribbeln, das der Tee im Verein mit den dicken Laken auf der Haut entfachte, konnte sie bald nicht mehr aushalten. Ihr glühender, schnell nacktgestrampelter Körper suchte Linderung in der gewendeten Bettdecke, kühlte sich am glatten Damast und zauberte ihr die Sinnlichkeit zurück, der sie schließlich nachgab. Wie das Nachbeben eines Gewitters empfand sie ihre Liebkosungen und die Höhepunkte, mit denen sie ihre Phantasien krönte, spielten ihr langsam den Gott des Schlafs in die Arme.
Der Traum begann damit, dass sie in ihren Reben mit dem Falgen beschäftigt war, neben sich merkwürdigerweise Schwester Catharina und alle anderen Nonnen. Doch entsetzt merkte sie, dass diese nicht Unkraut hackten, sondern auf die Weinstöcke einschlugen. Schwester Catharina schien sie erst nicht hören zu können, dann waren auf einmal alle Nonnen um sie herum und zeigten auf sie. Erst da fiel ihr auf, dass sie nackt war und voller Scham versuchte sie, ihre Blöße mit den Händen zu bedecken. Aber dies entfachte wohlige Lust, mit der Folge, dass alle Nonnen sich mit wütenden Drohungen und hasserfüllten Gesichtern auf sie stürzten. Jedoch tauchte sie in die Erde ein und geriet unter Wasser, wo sie erst Angst hatte, zu ertrinken, dann aber erstaunt war, wie frei sie atmen konnte.
Plötzlich aber packte sie eine knochige Hand am Fuß, zog sie mit rasender Geschwindigkeit in die Tiefe und schleuderte sie auf Marias Kanapee. Erleichtert wollte sie den Hund umarmen, doch der hatte sich in eine scheußliche Bestie verwandelt, die mit eisiger Schnauze nach ihrem Hals schnappte. In Todesangst kämpfte sie mit der Kraft der Verzweiflung, doch als sie glaubte, dieses Böse besiegt zu haben, war Jacob über ihr. Mit ihrem Brechstuhl schlug sie ihm den Kopf ein. Darauf flog sie befreit über das Schnitzersche Haus auf die Eiche zu, in der Bernhard in der dicken Gabelung auf sie wartete. Sanft wollte sie ihm in die Arme schweben, doch wie ein Stein fiel sie durch das Geäst in stockdunkle Enge, den Geschmack von Erde und Laub im Mund. Schreien wollte sie, bekam aber keinen Ton heraus. Überall an ihrem Körper krabbelte es, und ihre Füße steckten in ekligem Moder, in den sie langsam zu versinken drohte. Als sie glaubte, ersticken zu müssen, wachte sie auf, erlöst von einem heftigen Donnerschlag.
Es musste gegen Mitternacht sein. Ein neues Gewitter war aufgezogen. Eins, das noch mehr Lärm machte als das am vergangenen Nachmittag. Barbara wollte gerade das Fenster öffnen, um mit ein paar tiefen Atemzügen ihre verängstigten Nerven zu beruhigen, da trat sie auf etwas Feuchtkaltes. Für einen Augenblick setzte ihr Herz aus – dabei war sie nur auf einen kleinen Eichenzweig getreten. Er musste aus dem tropfnassen Rock gefallen sein, den Riecke ihr im Stehen von den Hüften gezerrt hatte.
15
Selbst Catharina musste lachen, wie Barbara den Montagmorgen mit dem verliebten Carlimännlein schilderte. Dabei amüsierte die Geburtstagsrunde weniger die beflissene Dienstbarkeit des jungen Lehrlings als die Vorstellung des Wettkampfs zwischen ihm und Bernhard, der zur selben Zeit am Schnitzer`schen Teil des abgeschmetterten Astes
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