Bluthunde
Aber dann war er wirklich überrascht. So unzart Strullis alte Freundin und das Gehöft auch aussahen, so sauber war die Wohnung. Ein wenig wild, spärlich eingerichtet, aber … sauber.
»Setzt euch, ihr Bullen!« Sie wies die beiden Cops an einen Tisch und rupfte eine Flasche Schnaps von der Anrichte.
Das rot-schwarze Etikett auf der Flasche war Jensen unbekannt. Den Namen konnte er nicht lesen. Wie durch Geisterhand erschienen drei Pinnekes vor ihnen.
»Normalerweise besucht mich aus eurer Firma nur der Dorfbulle aus Gerresheim, um ab und zu mal einen Haftbefehl zu vollstrecken. Der Ferdi. Das ist ein Netter. Der nimmt auch immer ein Schnäpschen, die alte Nutte!«
Struller grinste. »Also, Petra. Ich freu mich wirklich, dich zu sehen. Bist ganz die Alte!«
»Danke, du Schlawiner! Siehst gut aus, hast dich gut gehalten, Strulli!«
Struller nickte. »Ich sag dir: So ein toller Körper kann auch ein Fluch sein!«
Jensen verdrehte die Augen.
»Ha! Nich lang schnacken, Kopp in Nacken!«, brüllte Petra und versenkte den Sprit in der Kehle.
Jensen roch vorher vorsichtig an der Flüssigkeit. Das hätte er besser nicht getan. Ätzende Dämpfe raubten ihm den Atem. Was war das denn für ein Stoff?
»Super Bukett, was? Hat mir ein alter Freund aus Kasachstan besorgt. Kriegste hier im Laden gar nicht.«
Jensen nickte und war sich sicher, dass in entlegeneren Orten im Osten Europas mit dem Stoff Dieselmotoren getunt wurden. Aber da auch Struller das Zeug locker geext hatte, legte er nach. Er spürte, wie ihm die Flüssigkeit sofort fransige Löcher in die Magenwand brannte, und hustete. Struller und seine Freundin lachten.
Sie sah ihn dann gnädig an. Und irgendwie … mütterlich. »Er ist noch so jung.«
»Das ändert sich«, erklärte Struller.
»Ihr kennt euch von früher?«, fragte Jensen, nachdem er sein Augenlicht kontrolliert und sich wieder gesammelt hatte.
»Petra und ich sind zusammen aufgewachsen«, erklärte Struller.
»Tür an Tür.«
»Wobei eure Tür immer offen stand.«
»Das Schloss«, erklärte Petra. »Hat´s ja nachher nicht mehr getan, wo mein Alter besoffen so oft den Schlüssel vergessen hatte und die Tür dann immer auftreten musste.«
»Deine Mutter und du, ihr hattet aber auch immer einen festen Schlaf«, lachte Struller.
Petras Augen wurden schmale Schlitze. »Woher weißt du, dass meine Mutter einen festen Schlaf hatte?«
Struller schluckte. »Konnte man hören. Durch die dünnen Wände. Ihr Schnarchen. Haben in der Nachbarschaft alle gehört. Hörte man bis nach Wersten!«
Petra lachte entspannt. »Genau. Wie als wenn ein Flugzeug startet, so hat die gedröhnt.«
»Herrliche Frau«, stimmte Struller ihr zu.
Petra beugte sich zu Jensen rüber. »Der Strulli war ein Jahr jünger und wollte immer bei uns in der Fürstenplatzgang mitmachen, aber er war ein bisschen zu weich.«
»Na ja«, protestierte Struller.
Jensen konnte sich Struller als so ziemlich alles vorstellen, aber nicht als »ein bisschen zu weich«.
»Doch, doch«, blieb Petra hartnäckig. »Wenn es richtig zur Sache ging, haste nicht mitgemacht. Ladendiebstahl, ´ne kleine Hauerei, Autoknacken, alles kein Thema, aber so richtig mal mit der Gaspistole eine Tankstelle machen, das war nicht dein Ding.«
»Äh, Petra …«, versuchte Struller, seine alte Freundin zu bremsen.
»Na ja, warst mehr ein Feiner. Bist ja dann auch Polizist geworden.«
Struller gluckste und schlug sich eine Ernte aus der Schachtel.
»Ach, guck, raucht der Kleine immer noch Ernte? Gute Dinger, wa? Nicht so was wie das Kraut, das die Bettnässer vom Gangelsplatz geraucht haben. Was war das noch mal?«
»Crack?«, fragte Struller.
»Camel. Die Trottel! Ich rauch ja schon lange keine Zigaretten mehr«, sagte Petra.
Sehr vernünftig, dachte Jensen.
Petra frickelte aus den Tiefen ihres fleckigen Kittels eine Schachtel Zigarillos ans Tageslicht und porkelte einen braunen Nikotinstengel zwischen ihre Lippen. Struller, der alte Gentleman, reichte ihr Feuer.
Petra nahm so richtig einen auf Lunge und füllte zum Entsetzen Jensens die Gläschen wieder auf. »Jetzt sag mal, Strulli, was treibt euch beiden Hübschen in meine bescheidene Hütte.«
»Die Arbeit natürlich.«
Sie lachte bleckend. »Arbeit? Das haste dir selbst eingebrockt!«
Struller grinste. »Im Hafen gibt es eine Diskothek, das 4004. Das Ding hat eine Parkhalle. Da haben wir eine Blutlache gefunden. Wahrscheinlich wurde dort einer umgebracht.«
»Umgebracht? Mit einem
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