Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
Vom Netzwerk:
keine Kinderpornos. Und habe auch in der Vergangenheit nie welche gemacht.« Er sah mich an, als hätte er den Nobelpreis dafür verdient.
    »Sehr schön, Meneer van Benschop.«
    Er klickte wieder mehrmals mit seinem Kugelschreiber.
    »Die Herstellung von Kinderpornographie ist strafbar. Dass Mejuffrouw de Boer Sie nicht angezeigt hat, woraufhin
man Sie hätte strafrechtlich verfolgen können, ist für sie auch nicht vorteilhaft. Das wird beim Richter sicherlich Fragen nach ihrem Motiv aufwerfen.«
    Van Benschop nickte eifrig. So schnell er sich aufregte, freute er sich auch gleich wieder. Wie ein kleines Kind.
    »Fragt sich nur, warum sie keine Anzeige erstattet hat. Warum ist sie nicht zur Polizei gegangen? Meiner Meinung nach kann das nur eines bedeuten.«
    Mein Mandant beugte sich vor, um ja nichts zu verpassen.
    »Sie will Geld sehen. Ich nehme an, Sie kennen den Unterschied zwischen Strafrecht und Zivilrecht? Ein strafrechtlicher Fall ist ein Fall zwischen dem Staatsanwalt und der Person, die eines Verbrechens beschuldigt wird. Bei einem zivilrechtlichen Fall strengt ein Bürger einen Prozess gegen einen anderen an. So wie Mejuffrouw de Boer gegen Sie.«
    Van Benschop notierte die Worte STRAFRECHT und ZIVILRECHT.
    »Es ist allerdings möglich, neben einer Zivilsache eine Strafsache anzustrengen. Diese sieht jedoch keine Entschädigung des Opfers vor. Ich schließe daraus, dass Mejuffrouw de Boer sich vorerst darauf beschränkt, den zivilrechtlichen Weg zu beschreiten, weil sie richtig Geld sehen will.«
    »Es ist doch immer wieder dasselbe«, sagte Peter van Benschop erschöpft.
    »Und da können Sie noch von Glück reden. Wenn Mejuffrouw de Boer Sie nämlich anzeigen würde, müsste ich erst mal abwarten, was der Strafrichter sagt. Sollte er tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass es sich um Vergewaltigung, Misshandlung oder einen anderen vorhin erwähnten Straftatbestand handelt, könnten Sie im Nu vier Jahre ins Gefängnis
wandern. Und wer weiß, was da noch alles zutage tritt, wenn sich die Polizei erst mal näher mit Ihnen beschäftigt.«
    »Zum Beispiel?«
    »Das müssten Sie eigentlich besser wissen. Sie fliegen gern auf die Bahamas, haben Sie mir erst gestern erzählt. Kann es sein, dass sie dort noch das ein oder andere Konto haben?«
    Er schwieg.
    »Solche Dinge meine ich.«
    »Ein Vergleich also.« Er unterstrich das Wort auf seinem Notizblock.

8
    In dieser Nacht träumte ich, wieder in der französischen Bäckerei Pain de Provence in der Prinses Irenestraat zu sein. Bäcker Pierre Henri war in den siebziger Jahren seiner niederländischen Urlaubsliebe nachgereist, um sich mit seiner Bäckerei in einem Reihenhausviertel aus der Nachkriegszeit niederzulassen. Die Einwohner des Prinsessenviertels hatten damals noch nie ein Croissant, Baguette oder Brioche gegessen, geschweige denn, dass sie überhaupt wussten, wo die Provence lag. Trotzdem war Pain de Provence ein großer Erfolg, weil sich die Bäckerei eines regen Zulaufs aus dem Villenviertel am anderen Ende der Stadt erfreute.
    Als er die Bäckerei nicht mehr allein führen konnte, stellte mich Pierre als Gehilfen ein. Seine Frau Margreet stand im Laden und sprach immer so laut, dass wir jede Bestellung mitbekamen. »Vier Croissants und zwei pains aux chocolat für die Dame. Kommt sofort.«
    »Croissants zur Mittagszeit«, sagte Pierre dann. »Ihr spinnt doch, ihr Niederländer! In Frankreich habe ich etwa hundertfünfzig Croissants am Tag verkauft. Hier sind es fünf- oder sechshundert, und am Wochenende sogar manchmal tausend. Ihr seid vraiment verrückt nach Croissants.«
    Nichts, was ich auf der Bäckereifachschule gelernt hatte, fand Pierre sinnvoll oder gar richtig. Zum Beispiel wurde dort Hefe als Backtriebmittel verwendet.
    » Tout le monde kann mit Hefe arbeiten«, sagte Pierre.
»Hefe ist was für Bäcker ohne Persönlichkeit. Hefe ist was für die Fabrik, für Roboter, für Bäcker, die lieber Maurer hätten werden sollen. Incroyable , dass man euch auf der Schule nichts als Mittelmaß beibringt. Incroyable .«
    Pierre verwendete dagegen einen Mutterteig, den er vor dreißig Jahren von seinem Vater bekommen hatte. In den ersten zwei Jahren durfte ich nicht mal in die Nähe von La Souche kommen, wie Pierre den Teig nannte. Er wurde in einem speziellen Klimaschrank aufbewahrt, fernab jeder Gefahr. Tag für Tag benutzte Pierre etwas davon, um Brot, die Baguettes und den Croissantteig zu machen. Anschließend musste der Mutterteig wieder

Weitere Kostenlose Bücher