Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
Vom Netzwerk:
Boden.
    »Habe ich dich erschreckt?« Sie bückte sich sofort und half mir beim Aufsammeln. Der Saum ihrer Unterhose sah aus ihrer Jeans hervor, ein winziger Streifen roter Stoff.
    »Lass sie ruhig liegen«, sagte ich hastig, während ich versuchte, den Blick von ihrem knackigen Po und dem verwirrenden Stück Stoff abzuwenden. »Natürlich dürfen hier keine Rosinen rumliegen. Das ist streng verboten. Aber lass nur, ich heb sie gleich auf. Sobald du hier weg bist. Ich will aber nicht, dass du gleich gehst, versteh mich bitte nicht falsch. Aber vielleicht möchtest du ja irgendwann nach Hause, allein schon wegen der Kleinen. Und dann heb ich sie auf.« Ich erschrak regelrecht über diesen Wortschwall.
    Sie erhob sich und schenkte mir ein breites Lächeln. »Ganz wie du willst.«
    Mein Blick fiel auf Anna. Sie musste damals drei oder vier
Jahre alt gewesen sein. Sie sah mich mit diesen hellen Augen an. An ihrer Nase hing ein Rest Rotze. »Möchte sie vielleicht was Süßes?«
    »Frag sie doch.«
    Ich ging vor dem Buggy in die Hocke und merkte, dass ich zum ersten Mal mit einem Kind sprach, seit ich erwachsen war. »Möchtest du ein Croissant? Oder ein leckeres pain aux almandes , eine Brioche , eine tartelette …«
    Sie sah mich einfach nur an.
    »Ich glaube, sie will bestimmt ein Milchbrötchen«, sagte Rosita. »Hast du so was?«
    »Meine Brötchen sind ziemlich knusprig, petits pains , doch die gehören so. Aber morgen back ich extra welche für sie, einverstanden?«
    »Dann mag sie bestimmt ein Croissant.«
    »Ein Croissant? Möchtest du eines?« Ich hockte immer noch vor dem Buggy und sprach in einem höheren Tonfall als sonst, so wie ich das bei anderen beobachtet hatte, wenn sie mit kleinen Kindern sprachen.
    »Croissant«, wiederholte Anna. Sie war ein wirklich intelligentes Kind.
    Ich eilte zu dem Blech mit Croissants, das ich gerade aus dem Ofen geholt hatte. Es war eine meiner Stärken, dass alle Croissants genau gleich aussahen, wie von einer Walze geformt, dabei hatte ich sie selbst mit der Hand ausgerollt. Vor dem Einbau der Glaswand hatte mir mein Chef sogar gesagt: »Ray, die Croissants sehen zu perfekt aus. Man könnte meinen, sie sind nicht selbst gebacken.« Seit die Wand da war, konnte man mit eigenen Augen sehen, wie ich den weichen, luftigen Teig in perfekte Croissants verwandelte, und mein Chef hörte keine Klagen mehr.

    Ich bemühte mich, von dem Blech identischer Croissants trotzdem das beste für Anna auszusuchen, und reichte es ihr.
    Sie biss sofort hinein.
    »Lecker, stimmt’s, mein Schatz?«, sagte Rosita. »Und, was sagst du zu unserem Nachbarn?«
    »Danke«, sagte das Kind fröhlich.
    »Ich hab dich hier schon mehrmals gesehen«, sagte Rosita. »Aber du hast für niemanden einen Blick übrig, bist immer nur am Arbeiten. Weißt du, dass Leute von überallher nur wegen deines Brotes in diese Bäckerei kommen?«
    Mir wurde warm.
    »Da kannst du doch stolz drauf sein?«
    »Ja?«
    Sie brach in Gelächter aus. »Du bist ein merkwürdiger Kerl, aber ich mag dich.« Sie gab mir die Hand. »Rosita.«
    »Ähm … Ray.«
    »Und das ist Anna.«
    Ich wusste nicht recht, ob ich auch dem Kind die Hand geben sollte, aber es war mit dem Croissant beschäftigt. Inzwischen lagen lauter Krümel auf dem Boden der Backstube, zusammen mit den Rosinen. Aber das war nicht weiter schlimm.
    »Ich habe übrigens gesehen, dass du ein Brot nach mir benannt hast. Nur leider mag ich Käse nicht besonders.«
    »Das tut mir leid.«
    Wieder musste sie lachen. Ich hatte noch nie jemanden kennengelernt, der so viel lachte wie sie. Es war regelrecht ansteckend. Auch ich lachte. Erst noch ganz vorsichtig, um ihr zu gefallen, nicht so sehr, weil ich selbst lachen musste. Es war schließlich nichts Lustiges vorgefallen. Doch dann
lachte ich wirklich. So sehr, dass sogar mein Chef den Kopf hereinsteckte. »Geht es auch etwas leiser?«
    Das schien wiederum Rosita äußerst witzig zu finden.
    Wir mussten wirklich wahnsinnig lange lachen, bis sich Rosita die Tränen abwischte. »Ich muss jetzt los, Ray. Und wenn ich dir demnächst winke, musst du hinter deinem Vorhang zurückwinken, versprochen?«
     
    Am nächsten Tag brachte ich Anna eine Madeleine mit und kein Milchbrötchen, denn Milchbrötchen gehörten nun mal nicht zum Angebot eines französischen Bäckers. Pierre verabscheute sie. »Diese geschmacklose, pappige Industrieware. Es ist eine Schande, dass Menschen so etwas essen müssen. Abominable! «
    Ich klingelte bei

Weitere Kostenlose Bücher