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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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Rosita und Anna. Ich hatte Angst und war gleichzeitig aufgeregt.
    Rosita machte auf. Sie trug eine Jogginghose und ein knappes Oberteil, bei dem man die Kuhle an ihrem Hals sehr gut sah. Ich konnte mich kaum davon losreißen. Sie packte mein Kinn und hob es. »Hier bin ich!«
    »Ähm, ja.« Ich hielt ihr die Madeleine hin. Ich hatte sie in eine Serviette gewickelt und diese in eine Papiertüte der Bäckerei gesteckt.
    Sie griff danach. »Was ist das?«
    »Das ist für Anna. Eine Madeleine. Die schmeckt viel besser als ein Milchbrötchen. Zumindest hast du das gestern gesagt, dass sie Milchbrötchen mag. Eine Madeleine ist weich und süß. Das müsste ihr gefallen.«
    »Wie lieb von dir. Warum gibst du sie ihr nicht selbst?«
    Sie drückte mir die Tüte wieder in die Hand und ging durch den Flur ins Wohnzimmer. Es war derselbe Flur wie meiner.
Nur, dass bei mir kein Kinderwagen stand, außerdem hatte ich Teppichboden. Bei ihr gab es überhaupt keinen Bodenbelag. Man lief direkt auf dem Estrich. Auf halbem Weg drehte sie sich um. »Du darfst ruhig mitkommen.«
    Im Wohnzimmer gab es auch keine Auslegeware. Nur den großen Teppich, den sie und der alte Mann mit den langen Haaren in die Wohnung geschleppt hatten. Außerdem erkannte ich die alte Ledergarnitur, den Holztisch und die Plastikstühle. An der Wand hing ein Foto der schwangeren Rosita. Sie hatte nichts an und einen Riesenbauch. Die Dinger bedeckte sie mit den Händen, und sie war von der Seite fotografiert worden, so dass man ihre Mumu nicht sehen konnte. Trotzdem war sie immer noch wahnsinnig nackt. Das Foto war herrlich und beängstigend zugleich.
    »Schau mal, wer da ist. Onkel Ray, unser Nachbar.«
    Ich riss mich von Rositas Riesenbauch und ihren fantastischen Hüften los und konzentrierte mich auf Anna, die auf dem Sofa saß und fernsah.
    Sie war völlig gefangen genommen von vier bunten Gestalten, die ständig »Uh oh« sagten. Die Teletubbies , wie ich später erfuhr.
    »Anna? Schau mal kurz her!«, sagte Rosita.
    Ich drückte ihr die Tüte in die Hand. »Für dich.«
    Sie öffnete sie und wickelte die Madeleine aus der Serviette.
    »Was sagt man da?«, fragte Rosita streng.
    »Dankeschön.« Das Kind biss in das Gebäckstück, ohne den Blick vom Fernseher abzuwenden.
    Ich sah, wie ihre kleinen Zähne den nicht zu klitschigen, aber auch nicht zu trockenen, perfekten Teig abrissen, während sie unverwandt auf den Bildschirm starrte.

    »Das ist ein perfektes Stück Patisserie«, sagte ich. »Etwas Besseres gibt es nicht. Nicht mal in Frankreich.«
    »Kleine Kinder merken so was nicht«, sagte Rosita. »Das darf man ihnen nicht übelnehmen.«
     
    »Was machst du da?«, fragte Mo. Auf einmal stand er in meiner Zelle. Ich hatte nicht einmal gehört, wie die Tür aufging.
    Was wollte er hier?
    »Die Bewegungen, die du da machst. Diese Greifbewegungen. Was haben die zu bedeuten?«
    Jetzt erst sah ich, was meine Hände taten. Sie kneteten Teig.
    »Nichts«, sagte ich zu Mo.
    »Ich wollte dir nur sagen, dass mein Dienst für heute zu Ende ist. Janneke übernimmt meine Aufgaben. Sie holt dich gleich zum Abendessen ab.«
     
    »Komm, setz dich zu mir, Reetje.« Henk schob den Stuhl nach hinten.
    Ich sah mich verunsichert um. Vielleicht würde mir die Frau, die Janneke hieß, zur Hilfe kommen, aber dem war nicht so. Sie unterhielt sich mit einem anderen Soziotherapeuten.
    »Worauf wartest du?« Henk klopfte ungeduldig auf die Plastiksitzfläche des Stuhls.
    Mir fiel nichts Besseres ein, als mich hinzusetzen.
    »Und, lassen sie dich hier einigermaßen in Ruhe?«
    »Ich bin hauptsächlich in meiner Zelle.«
    »Wohnung«, sagte Janneke. Sie setzte sich auf der anderen Seite neben mich und roch nach Maiglöckchen. Ich überlegte, ob es den Mitarbeiterinnen wohl erlaubt war, Parfüm aufzulegen, und konnte mir das eigentlich nicht vorstellen.

    »Nenn es, wie du willst, Junge.« Henk zwinkerte mir zu.
    Zwei Servierwagen wurden hereingeschoben. Es roch nach verkochtem Gemüse und Koteletts.
    »Verdammt! Wann bekommen wir hier endlich mal was Anständiges zu essen«, sagte jemand am anderen Ende des Tisches.
    »Als ob euer Reis mit Pampe besser schmeckt!«, sagte mein ehemaliger Zellengenosse. »Das ist wenigstens eine normale holländische Mahlzeit. Was man eben so isst, wenn man in den Niederlanden lebt.«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Janneke. »Es gibt hier keine Haute Cuisine , aber deshalb muss man noch lange keinen Streit vom Zaun brechen.«
    »Worüber sollen wir

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