Blutige Asche Roman
bleiben«, hatte er beim Rauchen im Hof gesagt. Regelmäßig fragte er, ob ich mitkäme, obwohl ich gar nicht rauchte. Dann erzählte er mir, was die anderen getan hatten. Er war wegen einer Reihe brutaler Überfälle hier, Richard war mit einem Beil auf seine eigene Mutter losgegangen, und mein Ex-Zellengenosse stand darauf, Frauen zu vergewaltigen und sie anschließend zu ermorden. Ich hörte mir
seine Geschichten an, weil ich mich nicht traute, ihm zu sagen, dass er stank und es kalt war in dem zugigen Innenhof.
»Du findest dich wohl ziemlich toll, was?«, sagte Mo zu Rembrandt. »Nur leider bringt dir das in dieser Einrichtung gar nichts.«
»Ach nein?«
»Kein bisschen«, sagte Mo. Ich war überrascht, wie ruhig er klang. Ich selbst war nervös geworden und rang die Hände. »Du weißt ja: Wenn ich Maßnahmen gegen dich ergreifen muss, weil du die Ordnung störst, ist das nur zu deinem Nachteil.«
»Ach ja? Jetzt machst du mir aber richtig Angst.« Der schwarze Cowboy erhob sich vom Sofa und ging langsam auf Mo zu. Ich spürte, wie sich mir die Nackenhaare aufstellten. Sogar Richard merkte, dass etwas im Busch war. Er hörte auf zu reden, nur der Fernseher war noch zu hören.
»Du hältst dich nicht an die Regeln«, sagte Mo, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich habe dich gewarnt. Du hast das ignoriert. Zur Strafe bekommst du eine Woche lang Stubenarrest. Und zwar ab sofort!«
Rembrandt blieb einfach stehen. »Von welchen Regeln redest du, Mohammed? Dass wir hier wie die Schafe tun müssen, was man uns sagt? Dass wir nur über Blabla reden dürfen, weil alles andere als Ordnungsverstoß gilt? Dass wir verdammt noch mal nicht mal anständige Pornos kriegen, weshalb wir alle mit dicken Eiern rumlaufen? Meinst du das?« Er war wenige Meter von Mo entfernt stehen geblieben. Seine Arme hingen an den Seiten locker herab, aber man spürte, dass er jeden Moment zuschlagen konnte.
»So ist es doch«, sagte mein Ex-Zellengenosse, aber niemand beachtete ihn.
»Gut, Rembrandt, du gehst zu weit. Das werden jetzt zwei Wochen Stubenarrest.« Janneke hatte sich dazugesellt. Sie trug eine Bluse, durch die der BH durchschimmerte. Nicht gerade ein passendes Kleidungsstück für eine Klinik voller Schwerverbrecher.
Rembrandt konzentrierte sich auf sie. »Bist du in letzter Zeit mal so richtig durchgefickt worden? Du benimmst dich nämlich so, als hättest du’s dringend nötig.«
»So, es reicht«, sagte Janneke. »Ich ruf die Wachleute.«
»Na dann mal los, Süße. Glaubst du etwa, es macht mir auch nur das Geringste aus, ein paar Tage auf meinem Zimmer zu verbringen? Gern sogar, lasst mich ruhig abführen.«
Mo drückte demonstrativ auf den Beeper, der an seinem Gürtel befestigt war. Ich hörte einen lauten Summton und dass die Türen verriegelt wurden.
»Scheiße noch mal!« Rembrandt packte Mo am Kragen. »Ich nehm dich doch bloß ein bisschen auf den Arm. Was bist du nur für eine Pussy.« Bei jedem Wort schüttelte er Mo. Die Kette, an der Mos Namensschild befestigt war, riss und fiel zu Boden.
»Immer mit der Ruhe«, sagte Janneke. Sie klang allerdings alles andere als ruhig. Ihre Brüste hoben und senkten sich rasch unter der weißen Bluse. Ich konnte den Blick gar nicht davon losreißen. »Jetzt lass ihn los, bevor du wirklich Probleme bekommst.«
»Was geht dich das an.« Er ließ von Mo ab, und so wie es aussah, würde er sich als Nächstes Janneke schnappen. Ich drehte mich um. Vielleicht konnte ich Janneke helfen, wenn ich mich traute.
In diesem Moment gingen die Türen zur Station auf, und sechs Wachleute mit gezückten Knüppeln stürmten herein.
Richard begann lauthals zu jammern. »Da sind sie. Nehmt mich nicht mit! Nehmt mich nicht mit!«
»Es geht hier nicht um dich, du Depp«, sagte mein Ex-Zellengenosse.
Rembrandt wurde grob angefasst und bekam Handschellen angelegt. Er schrie furchtbare Dinge. Über Gott, die Fotze von Mos Mutter und auch: »Man müsste dich mal so richtig von hinten rannehmen«.
Die Wachleute schleiften ihn mit. Kurz bevor sie Rembrandt mit Gewalt hinausführten, sah er plötzlich mich an. Ich schaute mich um. Ich war der Einzige, der sich in diesem Teil des Raumes befand.
»Ich krieg dich noch! Ich krieg dich noch!« Seine Stimme überschlug sich, so laut brüllte er. Rembrandt, der vor nichts Angst hatte und nichts empfand, wenn er den Abzug drückte.
Ich weiß nicht, warum er mich ansah. Ich weiß nicht mal, ob er wirklich mich ansah oder die graue Backsteinwand.
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