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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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nicht so anzusehen, ich bin doch nicht blöd: schöne Kleider, eine teure Handtasche, aber vor allem die Körpersprache. Sie betreten den Raum, als hätten Sie hier das Sagen. Wie machen Sie das?«
    Mein erster Gedanke war, dass diese Frau Streit suchte. Aber bei genauerer Betrachtung merkte ich, dass sie es ernst meinte. »Äh«, sagte ich. Danach wusste ich nicht weiter.
    »Wie machen Sie das?« Die Frau ließ nicht locker. Sie beugte sich vor, und ich sah ihr tiefes Dekolletee. Sie trug einen BH mit wildem Leopardenmuster, der in einem auffälligen Kontrast zu ihrer übrigen Erscheinung stand.
    »Ich mache eigentlich nichts Besonderes. Ich bin einfach in dieses Zimmer gekommen. Außerdem habe ich es vielleicht gar nicht so ›geschafft‹, wie Sie glauben.«
    »Genau das frage ich mich: Wenn man es in den Augen der anderen geschafft hat, dann hat man es doch auch geschafft?«
    »Natürlich nicht.« Ich merkte, dass ich gereizt klang. »Das wäre viel zu einfach. Nur wenn Sie selbst davon ausgehen, dass Sie erfolgreich oder beliebt oder was auch immer sind, müssen Sie sich nie mehr … wie haben Sie es gleich wieder genannt? - ›angepisst‹ fühlen.«
    »Genau«, sagte die Frau. Sie lehnte sich zufrieden zurück und warf mir einen triumphierenden Blick zu. »Deshalb frage ich Sie ja. Wie machen Sie das?«
    Zunächst einmal solltest du Fremden gegenüber in Wartezimmern die Klappe halten, dachte ich. Stattdessen sagte ich:
»Keine Ahnung.« Ich hielt mir demonstrativ die Broschüre vor die Nase und begann andächtig zu lesen.
    »Sie wimmeln mich ab.« Ungefragt war ich nun das Leben geworden, und sie wieder mal der Pisseimer. »Warum eigentlich? Ich werde Sie doch wohl noch was fragen dürfen?«
    »Ich weiß nicht, was Sie sich da in den Kopf gesetzt haben, aber ich bin keine Expertin auf den Gebieten Lebensglück, Erfolg, ewige Liebe, perfekte Erziehung, effektive Diäten oder sonst was. Auch ich muss mich anstrengen. Das Einzige, das ich Ihnen voraushabe, ist ein besserer Friseur und eine Handtasche aus Qualitätsleder.«
    Das verschlug ihr einen Moment lang die Sprache. »Aber …«
    »Mevrouw Kastelein?« Die Polizistin vom Empfang stand in der Tür des Wartezimmers.
    Ich atmete erleichtert auf.
    »Meneer de Winter hätte jetzt Zeit für Sie.«
    Ich legte die Opferhilfe-Broschüre zurück und stand auf. »Wiedersehen«, sagte ich zu der Frau. Sie antwortete nicht.
    »Was war heute wieder mit ihr los?«, fragte die Polizistin.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Die Frau, mit der Sie gerade gesprochen haben, sitzt hier seit Monaten jeden Tag. Wir wissen nicht recht, was wir mit ihr machen sollen, aber sie stört uns auch nicht, also lassen wir sie in Ruhe.«
     
    »Für uns war der Fall klar. Boelens hatte eine gewalttätige Vergangenheit und ein Motiv, er war nachweislich am Tatort und hat mehrere belastende Aussagen zu Protokoll gegeben. Das sind vier wichtige Hinweise. Meist bringen wir den Fall
schon bei zweien vor den Richter.« Renzo de Winter sah mich erschöpft an. Er war vermutlich jünger, als er aussah.
    »Was verstehen Sie unter einer gewalttätigen Vergangenheit? Mein Mandant war nicht vorbestraft.«
    »Ihr Mandant hat seine Kindheit in einem Heim für schwer erziehbare Jungen verbracht. In der Akte des Heims steht, dass er im Alter von neun Jahren einen Hund getötet hat.«
    Ich musste mich sehr beherrschen, dass meine Züge nicht entgleisten. Bei der Vorstellung, dass Ray einen Hund getötet hatte, wurde mir ganz schlecht. Es stimmte, was meine Mutter sagte: Ich hatte keine Ahnung, wer Ray war.
    »Außerdem haben Anwohner ausgesagt, dass er einmal wie ein Wilder auf das Auto vom Freund des Opfers losgegangen ist. Lassen Sie mich kurz nachschauen …« De Winter wühlte in einem beeindruckenden Papierstapel vor ihm. »Da steht es: Boelens ging mit einem Küchenmesser nach draußen und fing an, auf die Autoreifen von Herrn Asscher einzustechen. Anschließend riss er den Jaguar von der Motorhaube und warf ihn durch die Frontscheibe. Danach beruhigte er sich und ging wieder ins Haus.«
    Ich versuchte den toten Hund aus meinen Gedanken zu verbannen und konzentrierte mich auf Asschers Jaguar. »Wurde damals Anzeige erstattet?«
    De Winter seufzte genervt. »Nein.«
    »Komisch.«
    »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Bestimmt kann Jaguar einen Schadensbericht vorlegen, wenn Sie mir unterstellen wollen, dass dieser Vorfall niemals stattgefunden hat. Herr Asscher wird schon gewusst haben, warum er damals

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