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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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keine Anzeige erstattet hat.«
    »Mit Sicherheit. Aber können Sie mir sagen, welche Gründe
die Polizei hatte, Asscher nicht zu dem Mord zu vernehmen?«
    »Das war nicht nötig.«
    »Warum?«
    »Herr Asscher war in Urlaub, als der Mord stattfand.«
    »Können Sie mir sagen, wie die Aussagen von Herrn Boelens zustande gekommen sind?«
    »Wie meinen Sie das?«
    Ich holte meine Unterlagen hervor. »Mal sehen: ›Rosita und Anna wurden zweifellos mit einem spitzen Gegenstand erstochen. Wahrscheinlich mit einem Fleischmesser, wie ich auch eines zu Hause habe.‹ Und: ›Ich war wütend auf Rosita, weil sie mich abgewiesen hatte. Wenn ich wütend werde, habe ich mich nicht mehr unter Kontrolle. Ich bin schon mal so wütend geworden, dass ich etwas kaputt gemacht habe.‹ Ist das wortwörtlich die Aussage von Herrn Boelens?«
    »Ja.«
    »Die Sätze kommen mir sehr künstlich vor. Vor allem dieser hier: ›Hiermit erkläre ich, dass mir nichts in den Mund gelegt wurde und ich freiwillig und ohne Ausübung von Zwang ausgesagt habe.‹ Das klingt doch ziemlich förmlich für einen Bäcker, finden Sie nicht auch? Und so wie ich Herrn Boelens kenne, kann ich mir nicht vorstellen, dass er diese Sätze gesagt hat. Genauso wenig kann ich mir vorstellen, dass Herr Boelens die juristischen Redewendungen kennt, die er zu Protokoll gegeben hat.« De Winter sah mich an, als wäre ich schwer von Begriff. »Mevrouw Kastelein, Sie sind bestimmt eine kompetente Anwältin, aber dieser Fall ist so klar wie Kloßbrühe. Bei der Polizei arbeiten auch nur Menschen, und wenn Sie weiterrecherchieren, werden Sie bestimmt noch auf einen Tippfehler oder eine unglückliche Formulierung stoßen.
Na und? Aus unserer Sicht wurde der Täter gefasst und verurteilt. Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan.«
    »Welchen Eindruck hat Boelens auf Sie gemacht? War er verwirrt?«
    De Winter sah auf die Uhr. »Ich habe nicht mehr viel Zeit.«
    »War Boelens ansprechbar? Begriff er, was los war?«
    »Er war panisch. Weil er wusste, was er getan hatte, und auch, dass wir das wussten. Davon bin ich fest überzeugt.«
    »Panisch?«
    »Er hat nur über seine Fische geredet. Er weinte und schrie deswegen.«
    »Ach ja, natürlich …« Ich dachte an das Logbuch, das Ray über all die Jahre so sorgfältig geführt hatte. An die von ihm gewonnenen Preise. An die Art, wie seine Finger liebevoll über die Fotos seiner Fische gefahren waren, als ich sie ihm in der Hopperklinik gegeben hatte. »Er war panisch wegen seiner Fische. Und hat trotzdem eine perfekt formulierte Aussage zu Protokoll gegeben.«
    »Natürlich haben wir uns bemüht, ihn zu beruhigen. Wir haben ihm auch versprochen, uns um seine Fische zu kümmern. Wir sind keine Ungeheuer.«
    »Oder versprachen Sie für die Fische zu sorgen, im Tausch gegen eine Aussage?«
    »Jetzt gehen Sie zu weit.« De Winter sah wieder auf die Uhr. »Meine Zeit ist um.«
    »Haben Sie das Verhör mitgeschnitten?«
    De Winter sah mich gequält an. »Ich weiß, dass Sie versuchen, mir einen Tunnelblick vorzuwerfen. Schon auf das Wort reagiere ich allergisch. Aber ich kann Ihnen versichern, dass das ein Fall ist, bei dem ich fest überzeugt bin, den richtigen
Täter gefasst zu haben. Ich weiß auch, dass Sie nur versuchen, Ihre Arbeit zu machen, würde Ihnen jedoch gern folgenden Rat mitgeben: Seien Sie etwas kritischer bei der Auswahl neuer Mandanten. Dieser Fall ist reine Zeitverschwendung. Aber Ihnen ist das ja egal. Wie viele Stunden können Sie allein für diesen Besuch hier abrechnen? Drei? Vier?«
    Ich versuchte, ruhig zu bleiben, während ich de Winter in Gedanken die komplette Einrichtung des Reviers an den Kopf warf.
    »Zweifellos wird Ihr Chef hochzufrieden mit Ihnen sein.«
    »Jetzt gehen Sie zu weit.«
    »Dann sind wir ja quitt. Und noch einmal: Meine Zeit ist um.«
    Ich stand auf und gab ihm die Hand. »Auf Wiedersehen.«
    »Soll das eine Drohung sein?«
    Trotz meiner Wut musste ich lachen. »Worauf Sie sich verlassen können.«
     
    Als ich nach Hause fuhr, fragte ich mich zum x-ten Mal, was ich da eigentlich tat. Wie kam ich darauf, dass Ray unschuldig war? Weil er in einem bestimmten Ton gesagt hatte, er sei es nicht gewesen? Weil er Arons Augen und Haare hatte? Oder wollte ich Rays Unschuld nur beweisen, um meiner Mutter eins auszuwischen?

32
    Iris Kastelein, die behauptete, meine Schwester zu sein, sollte jetzt meine Anwältin werden.
    »Was macht sie dann?«, fragte ich Mo. Wir saßen im Sprechzimmer, in dem ich den

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