Blutige Erde Thriller
anbauen, wächst und gedeiht, und wir konnten einiges davon auf dem freien Markt verkaufen. Dadurch ist die Regierung auf uns aufmerksam geworden.«
»Warum sollte die Regierung ein Problem damit haben, wenn ihr eure Feldprodukte verkauft? Was solltet ihr denn sonst damit machen?«
Sie schluckte und fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, damit ihr auch nicht der kleinste Krümel entging. »Die Regierung - und damit meine ich Mtiti - kontrolliert
auf die eine oder andere Art alle Nahrungsmittel, die von den Hilfsorganisationen ins Land gebracht werden. Genau genommen besteht sogar die Hauptaufgabe des Landwirtschaftsministers darin, diese Güter in die Hände zu bekommen und sie zu verkaufen oder an Mtitis Anhänger zu verteilen. Erfolgreiche lokale Landwirtschaftsprojekte streuen ihnen sozusagen, ähm … Salz ins Getriebe.«
»Sand.«
Sie verzog das Gesicht auf eine Weise, die sie unglaublich liebenswert aussehen ließ. »Ja, natürlich. Sand. Du kannst dir ja sicher vorstellen, dass auf diese Art die Preise sinken, die sie für die gestohlenen Lebensmittel erzielen können, und die Leute, die sie hungern lassen wollen, etwas zu essen bekommen.«
Niedergeschlagen schüttelte er den Kopf.
»Was ist?«
»Warum tust du das hier, Annika? Wie schaffst du es weiterzumachen?«
»Ich glaube, dass man die Dinge verbessern kann. Ich glaube, Gott will, dass wir den Menschen helfen, die nicht so viel Glück hatten wie wir selbst.«
»Vermutlich schon. Aber Jesus war scheinbar klug genug, sich vor zweitausend Jahren aus dem Staub zu machen.«
»Du klingst genau wie JB. Afrika ist ein sehr schwieriger Ort. Alles kann sich von einem Augenblick auf den anderen in Luft auflösen. Knapp unter der Oberfläche brodelt ständig die Gewalt. Und ganz egal, wie lange man schon hier ist, man wird immer ein Außenseiter bleiben. Doch du bist trotz allem gekommen. Du versuchst, den Menschen zu helfen. Deshalb müsstest du es doch verstehen.«
»Nicht mehr lange.«
»Was meinst du damit?«
»Ich habe gestern gekündigt. Ich warte nur noch auf einen Flug hier raus.«
Für einen winzigen Augenblick blitzte in ihrer Miene etwas auf, das wie Traurigkeit aussah, doch er kam zu der Überzeugung, dass er diesbezüglich wahrscheinlich nur von sich auf andere schloss.
»Das tut mir leid, Josh. Ich glaube, du hättest vielen Menschen hier helfen können.«
»Das habe ich auch geglaubt. Aber jetzt weiß ich, dass ich mir nur etwas vorgemacht habe.«
Sie nickte verständnisvoll. »Du hast vorhin von einem Gefallen gesprochen. Worum geht es?«
Er holte den MP3-Player aus seiner Tasche. »Ich habe gestern eine Unterhaltung zwischen ein paar Leuten aufgenommen. Ich dachte mir, dass du mir vielleicht sagen könntest, worüber sie sprechen.«
Sie nahm den Player entgegen und starrte darauf hinab, während sie ihn in den Händen hin und her drehte. »Wenn du gehst, warum dann all diese Fragen? Warum das hier?«
»Ich habe ein paar familiäre Probleme zu Hause«, sagte er. »Ich kann sie nicht von hier aus regeln. Aber bevor ich gehe, gelingt es mir vielleicht, noch ein paar Dinge in Ordnung zu bringen. Ich würde gerne etwas Positiveres hinterlassen als einen Haufen verbrannter Maisstauden und ein geschmolzenes Bewässerungssystem.«
NEUNZEHN
Josh warf einen Blick über die Schulter, als die Sonne in Richtung Horizont sank. Die verwirrten Gesichter, die ihn von beiden Seiten der unbefestigten Straße aus anstarrten, verschwanden tiefer und tiefer im Schatten, was seine Umgebung immer bedrohlicher wirken ließ. Nicht weit vor ihm wurde der Weg, der durch das Flüchtlingslager führte, so schmal, dass er anhalten musste.
Ein etwa zwölfjähriger Junge beobachtete ihn fasziniert von der Tür einer Hütte aus, die im Wesentlichen aus Lehm bestand. Josh winkte ihn heran. »Tfmena? Kennst du ihn? Ich suche Tfmena Llengambi.«
Der Junge schüttelte nur den Kopf, woraufhin Josh auf den Land Cruiser deutete und dem Kind einen Fünf-Dollar-Schein in die Hand drückte. »Kannst du für mich darauf aufpassen?«
Der Junge nickte aufgeregt, kletterte auf die Motorhaube und hielt mit viel Aufhebens nach Tunichtguten Ausschau. Josh ging zu Fuß weiter. Er war sicher, dass er seinen Wagen nie wiedersehen würde.
Die schmale Straße verwandelte sich in einen noch schmaleren Pfad, und jetzt waren die baufälligen Hütten und winzigen Geschäfte, die allesamt dieselben Waren verkauften, sowohl rechts als auch links kaum mehr als ein oder zwei Meter
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