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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
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warten!“
    „Wie kannst du es nur wagen?“, zischte Apollinea an ihn gewandt. Wie ein Raubtier auf der Pirsch kam sie langsam auf Elias zu. „Liebling, willst du etwa zulassen, dass er so mit mir redet?“
    „Gewiss nicht. Ich dulde keine Lügen.“ Sânge seufzte bekümmert. „Er gehört dir.“
    Diese Äußerung schnitt Elias endgültig die Luft ab. Er war unfähig zu atmen, unfähig zu sprechen. Da waren bloß noch die kalten, blauen Augen, die sich ihm näherten und vor Gier funkelten. Er wollte nicht, dass dies das Letzte war, was er sehen sollte. Wollte nicht mit diesem letzten Bild vor Augen sterben … Aber er würde Nico nie mehr sehen. Sein wunderschönes Gesicht, sein umwerfendes Lächeln … Er würde nie mehr seine Stimme hören. Nie mehr hören, wie er seinen Namen aussprach … Ob Nico es wohl spüren würde? Wie er starb? Würde er den Augenblick fühlen, in dem Elias’ Leben ausgelöscht wurde? Und würde sein Freund die Nachricht seiner Familie überbringen? Dass er nicht mehr zurückkehren konnte? Würde Nico seiner kleinen Schwester während ihrer Trauer beistehen …?
    „Was ist das für ein Gefühl, dem Tod so nahe zu sein, obwohl du ein ewiges Leben vor dir hättest haben können?“, wisperte Apollinea und grinste hämisch. Sie stand ihm nun keine zehn Zentimeter gegenüber. „Es ist eine Schande, dass dieses Geschenk an jemanden wie dich verschwendet worden ist.“
    Schlanke Finger gruben sich unter Elias’ Shirt und wanderten an seiner Brust hinauf. Sie waren eisig – ließen sein Herz fast erfrieren, als Apollinea die Hand darauf ruhen ließ. Langsam führte sie ihre rot geschminkten Lippen an sein Ohr und flüsterte: „Das Herz der Vampire ist der Schlüssel zu all ihren Stärken und Fähigkeiten. Es ist mit Nalmihas Macht getränkt. Wusstest du, dass unsere Herzen nach dem Tod bestehen bleiben? Wenn unsere Körper zu Asche zerfallen, bleiben nur sie in ihrer herrlichen Schönheit zurück …“
    Elias spürte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten. Kalter Schweiß bildete sich an seinem Rücken, den er hart gegen die Wand presste. Er kniff die Augen fest zusammen, wollte keine Sekunde länger diese lodernd roten Haare sehen. Wollte lieber im vollkommenen Schwarz sterben als diesen blanken Hass und diese Bosheit zu sehen.
    „Seit jeher heißt es, dass der ehrenvollste Tod, den sich ein Vampir nur wünschen kann, jener ist, bei dem das noch schlagende Herz aus seinem Leib gerissen wird. Zu Ehren Nalmihas. Ich werde dir dieses würdevolle Ende bereiten.“ Apollinea bohrte ihre Fingernägel tief in Elias’ Haut. Sie lachte genießerisch. „Aus reinster Güte.“
    Unerträgliche Pein zuckte durch Elias, ließ jeden seiner Muskeln verkrampfen und vollkommen erstarren. Er fühlte das Blut aus der Wunde sickern und in einem dicken Rinnsal hinabfließen, während die scharfen Nägel sich weiter in sein Fleisch schnitten.
    Die ewige Leere kam immer näher. Sie schlich sich an ihn heran, breitete sich über ihm aus … Da war nur noch der Schmerz, der diese Leere durchbrach. Der Schmerz und das rasselnde Geräusch von Ketten.
    Elias konnte sich nicht rühren, nicht schreien, nicht nach Luft schnappen. Er war kurz davor, seinen letzten Atemzug zu tun, bevor ihn selbst der restliche Lebensfunke verlassen würde, als plötzlich etwas ertönte, das nach dem Splittern und Bersten von unzähligen Knochen klang. Er war bereits zu schwach, um die Lider zu öffnen – spürte nur das erlösende Brennen seiner durchbohrten Haut, als der Druck von Apollineas Fingern und Nägeln verschwand. Etwas, das an klammen Eisnebel erinnerte, peitschte ihm ins Gesicht, legte sich wie Staub auf seine Haut und blieb an seinem Blut kleben.
    Dann herrschte Stille.
    Nichts in dem Raum schien sich zu bewegen, nicht einmal die angeketteten Menschen.
    Als Elias schließlich langsam und unter enormem Kraftaufwand seine Augen aufschlagen konnte, fand er sich auf dem Boden kniend wieder. Um ihn herum war alles von einer millimeterdicken Schicht Asche bedeckt. Und auch seinen Körper hüllten die Überreste komplett ein. Grau in grau breiteten sie sich überall aus.
    Lediglich Apollineas glänzend rotes Herz ruhte inmitten des eintönigen Schleiers. Es schlug noch einige Male in der kaum wahrnehmbaren Geschwindigkeit eines Kolibriflügels, ehe es zum Stehen kam und wie ein Rubin vor Elias liegen blieb.

Kapitel 20
    M ACHTLOS
     
    Stumm schaute er auf das regungslose Herz nieder, an dem nach dem Zerfall nicht ein

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