Blutige Nacht
Süßer. Ich wollte dich nicht erschrecken, aber ich wusste nicht, wie ich es dir sonst hätte sagen sollen. Ich bin ein Vampir, Mick.«
»Wie …?«
»Sieh in meine Augen, ich zeige es dir«, sagte sie und schien durch den Raum zu mir zu schweben. Außerstande zu widerstehen, spürte ich, wie ich in die finsteren Tiefen ihrer schwarzen kristallkugelgroßen Augen gezogen wurde.
Alles fing mit einem Anruf an. Von dem Butler eines wohlhabenden Einsiedlers in Bel Air namens Brasher. Der Butler sagte Coraline, sein Arbeitgeber hätte von ihrer Schönheit gehört und wünsche sie kennenzulernen. Es war spät, aber er bot ihr das Doppelte ihres normalen Preises und schickte einen Wagen, also war sie hingegangen. Natürlich war sie das.
Bekleidet mit einem Plastron und einem Hausrock, erwartete Brasher sie höchstpersönlich an der Tür seines riesigen, schlossähnlichen Hauses in Bel Air. Er ging gebückt, war kränklich und hatte wenige spinnwebenartige Haare. Er war die wandelnde Leiche eines Mannes, dessen Haut gelblichem Pergamentpapier glich.
»Meine Liebe, Sie sind genauso entzückend, wie man Sie mir beschrieben hat.«
Er hatte einen ganz leichten europäischen Akzent und gebrauchte ein beflecktes weißes Taschentuch, um die Blutstropfen abzutupfen, die sich beim Sprechen auf seinen vertrockneten Lippen sammelten.
Als Coraline ihn sah, wollte sie ihre Meinung noch einmal ändern, aber jetzt war sie schon da, und sie brauchte das Geld. Und welche Gefahr sollte außerdem von einem gebrechlichen alten Mann ausgehen? Sie trat ein. Was auch sonst?
Das Haus war dunkel und zugig. Brasher, der die alten Leitungen für das momentane Fehlen von elektrischem Licht verantwortlich machte, begleitete Coraline im Kerzenschein ein paar Stufen nach oben und dann durch einen Irrgarten von Gängen. Sie begaben sich in ein Arbeitszimmer, in dem ein behagliches Feuer brannte.
Brasher geleitete Coraline zu einem alten Diwan und schenkte zwei Gläschen Brandy an der Bar ein. Während er das Glas zu ihr trug, sagte er: »Sagen Sie mir, meine Liebe, mögen Sie Spielchen?«
»Ich denke schon. Mag das nicht jeder?«, fragte Coraline, nahm das Glas und kostete den Brandy.
»Nein, nicht jeder, aber ich habe großen Gefallen daran. Ich würde gern eines mit Ihnen spielen, wenn Sie dazu geneigt wären.«
»Was für eine Art Spiel?«
»Ein köstliches«, sagte er lachend, was nach einem Todesröcheln klang. Er wollte noch etwas anderes sagen, wurde aber von einem verstörend heftigen Hustenanfall unterbrochen. Coraline tat ihr Möglichstes, um vorzugeben, die blutigen Klumpen und Auswürfe, die er mit seinem Taschentuch auffing und darin verbarg, nicht zu bemerken.
»Ich muss mich entschuldigen, leider ist meine Gesundheit nicht mehr so, wie sie einmal war. Wo war ich stehengeblieben?«
»Sie haben von dem Spiel erzählt, das Sie mit mir spielen wollten.«
»Ach ja! Das Spiel. Wissen Sie, wie Kinder Fangen spielen?«
Coraline schaute den alten Mann an, das Glas auf halbem Wege zum Mund in der Schwebe, und fragte: »Sie wollen Fangen spielen?«
»Nein. Aber das Spiel, das ich im Kopf habe, ähnelt ihm etwas. Es geht folgendermaßen: Dieser Raum hier wird Ihr Ausgangspunkt sein. Solange Sie darin bleiben, wird Ihnen kein Leid zustoßen. Sie können bleiben, so lange Sie wollen.« Mit einem milden Lächeln auf den Lippen wies Brasher mit seiner knochigen Hand zur Tür. »Doch sobald sie durch diese Tür treten, hat das Spiel begonnen. Sie versuchen, aus meinem Haus zu verschwinden, und ich versuche, Sie davon abzuhalten.« Brasher kicherte.
»Sie sind ja krank.« Coraline stellte ihr Glas ab und wollte zur Tür. Aber Brasher hielt sie auf ihrem Weg dorthin auf, indem er sie an den Armen fasste. Coraline versuchte, sich ihm zu entwinden, aber zu ihrem Erstaunen war er viel zu stark für sie.
»Lassen Sie mich gehen. Ich will kein verdammtes Spiel mit Ihnen spielen.«
»Aber, meine Liebe, Sie haben bereits damit angefangen.«
Er ließ sie los und verwandelte sich vor ihren Augen in einen Vampir.
Coraline stieß einen gellenden Schrei blanken Entsetzens aus und flüchtete aus dem Zimmer, verfolgt von Brashers wahnsinnigem Gelächter.
Sie tastete sich durch die pechschwarzen Gänge, versuchte verzweifelt, sich an den Weg nach draußen zu erinnern, verirrte sich aber. Von Schrecken erfüllte Stunden vergingen, bis sie schließlich niedergeschlagen zu Boden sank und verzweifelt weinte.
Brasher schlich sich unbemerkt an. Sie
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