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Blutige Rache

Titel: Blutige Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Adresse von diesem Sinclair.«
    »Prima. Ich hätte da noch einen Namen …«
    Er nannte ihr die Daten von Bunton, die er bereits kannte.
     
    Am Telefon klang Sinclair wie ein Schullehrer. Er wisse nichts über den Mord an Sanderson, erklärte er, weil er nicht viel fernsehe und die Lokalzeitungen nicht lese. »Ich informiere mich hauptsächlich übers Internet.«
    »Aber Sie kannten Robert Sanderson«, sagte Virgil.
    »Seinen Namen, ja, aber von richtig kennen kann keine Rede sein«, erwiderte Sinclair. »Wir haben uns neulich Abend nach dem Treffen ein paar Minuten lang unterhalten … es kam zu einer kurzen Diskussion über amerikanische Militäreinsätze in Vietnam.«
    »Könnte ich Sie besuchen, um mehr über dieses Treffen zu erfahren?«, fragte Virgil.
    »Kommen Sie ruhig, aber essen Sie vorher was. Wir sitzen gerade am Tisch; leider ist nicht genug für drei da.«
    Sinclair gab Virgil eine Adresse in der Lincoln Avenue in
einem der besseren Viertel von St. Paul, drei oder vier Kilometer westlich vom SKA-Büro. Bevor Virgil sich auf den Weg machte, gönnte er sich in einem Diner an der I-94 eine Hühnchenpastete mit jeder Menge Salz und Kalorien. Seinen Durst löschte er mit drei Cola, und als er aufstand, fühlte er sich wie die Hindenburg.
     
    Sinclair lebte in einem dunkelbraunen viktorianischen Gebäude mit breitem Portal und - Virgil zählte sie - vier Briefkästen, also vier Wohnungen. Virgil stellte den Wagen unter einer Ulme ab und ging die Stufen hinauf. Sinclair wohnte in Apartment Nr. 1. Die Haustür war geschlossen; neben der Sprechanlage in Form eines Adlers aus Holz befanden sich vier Klingeln.
    Virgil drückte die zur Nr. 1 gehörige, und wenig später fragte eine Frauenstimme: »Ja?«
    »Virgil Flowers, SKA. Ich habe vor einer Stunde mit Professor Sinclair telefoniert.«
    Als der Summer ertönte, trat Virgil ein. Links führte eine Treppe mit blattgoldverziertem Geländer aus Walnussholz nach oben. Virgil ging den Flur nach rechts entlang und klopfte an einer weißen Tür mit einer Eins darauf.
    Sie wurde von einer groß gewachsenen, schlanken Asiatin mit merkwürdig asymmetrischem Gesicht und angeschlagenem Schneidezahn geöffnet. Auf der Stirn der jungen Frau prangten drei etwa zweieinhalb Zentimeter lange weiße Narben, vermutlich von Schnittwunden, zwischen Haaransatz und rechter Augenbraue. Wie von einem Initiations- oder Stammesritus, überlegte Virgil, obwohl er sich auf diesem Gebiet nicht sonderlich gut auskannte.
    »Dad ist auf der Terrasse«, sagte die Frau, gänzlich ohne asiatischen Akzent. »Kommen Sie herein.«

    Nicht hübsch, dachte Virgil, aber attraktiv. Harte Oberlippe, sanfte braune Augen.
    »Virgil Flowers, der Name gefällt mir. Klassisch und kitschig zugleich - irgendwie hinterwäldlerisch. Tragen hier alle Polizisten Cowboystiefel? In Madison nicht … Sind Sie als verdeckter Ermittler mal in die Rolle eines Sängers geschlüpft? Was soll denn das WWTDD auf Ihrem T-Shirt bedeuten? Ist das eine Band?« Neugierig, aber freundlich.
    »Darüber darf ich nicht reden, Ma’am.«
    »Ein Insider-Scherz, was?«
    Hinter der Wohnung befand sich ein Wintergarten mit Blick auf ein rechteckiges Stück Rasen, und dort saß Sinclair, ein schlaksiger älterer Mann mit immer noch blonden Haaren und grauen Bartstoppeln am Kinn. Frauen eines gewissen Alters fuhren bestimmt auf ihn ab, dachte Virgil. Ein wenig ähnelte er mit seinem locker sitzenden weißen Hemd, den hochgekrempelten Ärmeln und dem goldenen Armreif dem Schauspieler Richard Harris. Er hackte auf die Tastatur eines Laptops ein, ein Glas Limonade neben sich.
    Er stand auf und streckte Virgil die Hand hin. »Mr. Flowers.« Virgil schätzte ihn auf Anfang sechzig. Sinclair war ein paar Zentimeter größer als Virgil, hatte breite Schultern und nach wie vor eine schmale Taille.
    »Mr. Sinclair«, begrüßte Virgil ihn, bevor er sich wieder der Frau zuwandte und sagte: »Sie haben mir Ihren Namen gar nicht verraten.«
    »Mai.«
    »Mai Sinclair?«
    »Ja. Ich bin unverheiratet. In Liebesdingen habe ich offenbar kein glückliches Händchen.«
    »Tja …«, sagte Virgil. Sinclair setzte sich lächelnd auf seinen Stuhl und bot Virgil den anderen an.

    »Beschäftigen Sie sich regelmäßig mit Mordfällen, Mr. Flowers?«, erkundigte er sich.
    »Sagen Sie Virgil zu mir.« Virgil nahm Platz und streckte die Beine aus. »Die meisten meiner Mordfälle halten sich leider überhaupt nicht an die Regeln. Ich würde viel um einen klassischen

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