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Blutige Rache

Titel: Blutige Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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dem Wagen abgeholt und war den ganzen Tag mit ihm zusammen.«

    »Wie lange schon?«
    »Erst ein paar Wochen. John meinte, es sei vorübergehend, nur im Moment gehe es heiß her … Und jetzt ist David tot? Das kann nicht sein …« Wieder begann sie zu schluchzen.
     
    Virgil wartete, bis Jean Prestels Tante eintraf, bevor er sich verabschiedete.
    Ein Blick auf die Uhr: Viertel nach vier. Er musste eine Runde schlafen.
    Und mit Ralph Warren reden und Ray Bunton finden. Aber Schlaf brauchte er noch dringender.

ELF
     
     
     
     
    Das Telefon klingelte.
    Virgil lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Kissen, keine zusammenhängenden Gedanken, nur ein Zucken. Das Klingeln hörte nicht auf. Erst nach einer ganzen Weile ertastete er das Handy. Dabei fiel sein Blick auf die Uhr: 5.23 Uhr. Er war erst wenig mehr als eine Stunde im Bett.
    Der diensthabende Kollege vom SKA: »Virgil, tut mir leid, dass ich Sie wieder störe.«
    »Hat man Wigge gefunden?«, brummte Virgil.
    »Ja.«
    »Schlimm, oder?«
    »Ja, Zitrone im Mund, das ganze Drum und Dran.«
    »Wo ist er?«
    »Kennen Sie das Veteranendenkmal gleich neben dem Veterans Service Building, oben auf dem Capitol Hill? Nicht die Gedenktafel mit den Namen drauf, sondern die grüne Statue?«
    »Ja.« Einer der bekanntesten Orte im Bundesstaat, keine zehn Minuten von Virgils Motel entfernt.
    »Die Polizei von St. Paul ist da.«
    »Sagen Sie denen, dass ich mich gleich auf den Weg mache.«
    »Noch was: Die Sache mit dem Veteranendenkmal ist nicht das Schlimmste …«
    »Was noch?«

    »Die Kollegen sagen, er sieht aus wie Wigge, aber …«
    »Was?«
    »… gekreuzigt.«
     
    Das Veteranendenkmal befindet sich fast unmittelbar vor dem weißen Capitol Building. Der smaragdgrüne, mehrere Fußballfelder große Rasen erstreckt sich den Hügel mit Mahnmalen und Regierungsgebäuden bis praktisch zur Interstate hinunter, die durch St. Paul führt.
    Virgil duschte kurz, zog sich an und machte sich mit feuchten Haaren auf den Weg. Sein Truck stand auf dem Parkplatz eingezwängt zwischen einem Van und einer Limousine, so dass er kaum die Tür zum Einsteigen öffnen konnte. So was passiert immer, wenn man in Eile ist, dachte er.
    Virgil lenkte den Truck auf den Parkplatz des Veterans’ Service Building, hielt dem Polizisten am Eingang kurz seinen Ausweis hin, stellte den Wagen ab und ging im frühmorgendlichen Licht auf eine Gruppe von Beamten zu, in der sich auch sein Kollege Larry Waters befand. Er begrüßte Virgil mit den Worten: »So eine Scheiße, Mann.«
    »Wigge, kein Zweifel?«
    »Besser gesagt, was von ihm noch übrig ist«, antwortete Waters mit grimmiger Miene. »Diesmal werden wir die Medien wohl nicht raushalten können - sieht aus, als wär er gekreuzigt worden. Wie Jesus.«
     
    In St. Paul hatte Virgil Wigge vom Sehen und Grüßen gekannt. Als er nun seine Leiche betrachtete, dachte er: Wie die Zeit vergeht. Wigge war ein alter Mann geworden.
    »Scheußliche Sache«, sagte Tim Hayes, seit langem Detective bei der Polizei von St. Paul, ein hagerer Mann mit Bierbäuchlein. »Sie haben ihn im Norden vermutet?«

    »Ja.« Virgil deutete den Hügel hinunter. »Sehen Sie das Lagerhaus mit dem alten handgemalten Schild? Der Mann, der dort wohnte, wurde heute Nacht an der I-35 ermordet, und ich glaube, Wigge war bei ihm. Wir werden das anhand von Blutspuren überprüfen.«
    »Wahrscheinlich hat er um seinen Tod gebettelt«, sagte Hayes. »Schauen Sie …« Sie näherten sich der Leiche, die unter der Bronzestatue lag. »Seine Hände.«
    Der Leiche fehlten sämtliche Finger; übrig waren nur noch die Handflächen mit einem blutigen Loch in der Mitte. Virgil schüttelte den Kopf. »O Gott.«
    »Sehen Sie die Tüte da?« Hayes deutete auf eine Einkaufstasche aus braunem Papier, in der drei Dosen Bier Platz hatten. »Die Finger sind da drin. Der Täter hat sie nicht auf einmal abgeschnitten, sondern Glied für Glied, mit einer Art Gartenschere. Alles in allem achtundzwanzig Schnitte. Er hat ihn wirklich übel gefoltert. Seine Füße waren nackt, die Sohlen scheinen versengt zu sein …«
    Wigge lag mit dem Gesicht nach oben auf dem Boden, zwischen den grauen Lippen eine Zitrone.
    »Da wird die Volksseele kochen«, sagte Virgil und stand auf, nur mit Mühe ein Würgen unterdrückend. »Jetzt wollen die Leute Blut sehen.« Er blickte hinunter auf die Stadt. »In einem Monat versammeln sich hier die Republikaner, und wir haben einen gekreuzigten Ex-Cop direkt vor dem State Capitol. So

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