Blutige Rache
meiner Aktentasche. Der Secret Service fordert, dass ich Stillschweigen bewahre und mich im Hintergrund halte.«
»Das hat also nichts mit Wigge zu tun?«, fragte Virgil skeptisch.
»Nein. Es geht ausschließlich um den Parteitag. Glauben
Sie etwa, der Killer könnte … hinter Leuten her sein, die John kannten?«
Virgil zuckte mit den Achseln. »Wir wissen nicht, was er plant, Mr. Warren, also ist der Personenschutz für Sie keine schlechte Idee. Aber Sie haben mir gerade gesagt, dass Sie nichts von dem Treffen wussten. Hat Wigge Ihnen nichts davon erzählt?«
»Möglicherweise reicht die Angelegenheit in seine Zeit als Polizist zurück - er hat was von der Mafia erwähnt.«
»Die Mafia.« Wieder klang Virgil skeptisch.
»Seine Worte.«
»In Minnesota?«, fragte Virgil.
»Die Mafia gibt’s auch hier.«
Als Virgil ihm sagte, dass Wigge vor seinem Tod gefoltert worden war, schüttelte Warren den Kopf.
»Warum?«, fragte er.
»Sie dachten offenbar, dass er etwas weiß, und wollten das herausfinden. Ich hab nur keine Ahnung, was.«
»Ich jedenfalls …«
Da wurde ihr Gespräch durch das Klingeln von Virgils Handy unterbrochen.
»Ich hab’ne Nummer für Sie«, teilte Carol ihm mit, »von einem Cop draußen in Lake Elmo.«
Virgil verabschiedete sich, ging hinaus auf den Rasen und rief Roger Polk an, der sich gerade in Lake Elmo aufhielt, aber eigentlich Deputy Sheriff in Washington County war. »Die Liberty Patrol ist zu einer Beerdigung nach Grand Rapids unterwegs …«
»Die Liberty Patrol?«
»Eine Bikergruppe, die bei Beisetzungen von im Irak gefallenen Soldaten die Security übernimmt. Bei solchen Anlässen
tauchen gern mal militante Pazifisten auf, die die Eltern der Jungs blöd anmachen, dass ihre Kinder den Tod verdient hätten.«
»Davon hab ich gelesen.«
»Die Patrol hält sie von den Eltern fern. Sie haben sich gestern nach der Arbeit getroffen, sechzig Mann, und sind als Gruppe nach Duluth gefahren. Dort übernachten sie, und dann machen sie sich auf den Weg nach Grand Rapids. Meine Schwägerin ist mit einem von den Typen verheiratet. Sie hat die Sache mit Ray Bunton im Radio gehört und behauptet, dass er in der Gruppe ist. Er macht nicht das erste Mal bei solchen Aktionen mit.«
»Wow«, sagte Virgil.
Virgil verabschiedete sich von Warren, trottete zu seinem Truck zurück und holte die Straßenkarte heraus. Minnesota ist ein großer Bundesstaat, und bei einem Gutteil des nördlichen Drittels, zu dem Bunton unterwegs war, handelt es sich um Feriengebiete: Tausende von Blockhütten an Hunderten von Seen, umgeben von jeder Menge Wald, Sumpf und Prärie.
Solange Bunton auf den Highways blieb, ließ er sich vermutlich ausfindig machen. Im Red-Lake-Reservat hingegen, wo sein Onkel ihn vermutete, wäre er um etliches schwerer aufzuspüren. Die Red-Lake-Polizisten und die von außerhalb des Reservats konnten sich nicht riechen, am allerwenigsten, wenn es darum ging, Indianer dingfest zu machen.
Virgil wählte die Nummer des Highway Patrol Office in Grand Rapids, wo man nicht nur über die Pläne der Liberty Patrol Bescheid wusste, sondern auch darüber, wo sie sich im Moment aufhielt, nämlich in Duluth.
»Sie machen ein kleines Picknick am See, wollen noch ein paar Kumpel in Duluth abholen.«
»Hat sich einer von Ihren Leuten unter die Gruppe gemischt?«
»Nein, die örtlichen Sheriffs, die sie durchwinken, halten uns auf dem Laufenden.«
»Sorgen Sie dafür, dass sie einen Blick auf die Nummernschilder werfen«, bat Virgil den Mann in Grand Rapids und las ihm die Nummer von Bunton vor. »Aber nicht zu auffällig. Wir wollen ihn ja nicht vergraulen.«
»Falls der Typ tatsächlich in der Gruppe mitfährt, wird’s schwierig, ihn rauszupicken. Die Atmosphäre ist wegen der Beerdigung aufgeladen. Wir möchten keinen zusätzlichen Ärger, weil wir einen von den Bikern rauswinken.«
»Dann lassen Sie’s ruhig angehen. Wahrscheinlich möchte er mit der Gruppe nur unauffällig nach Red Lake kommen. Ich fahre rauf zu Ihnen. Bitte behalten Sie ihn so lange im Auge. Und halten Sie ihn fest, falls er sich nach Red Lake absetzen will.«
»Wir passen auf«, versprach der Beamte. »Wann, meinen Sie, werden Sie hier sein?«
»Ich beeile mich, aber vor denen werd ich wohl nicht eintreffen. Rufen Sie mich an, wenn Sie was Neues wissen.«
»Wird gemacht.«
Virgil informierte Carol telefonisch über seine Pläne, machte Zwischenstation im Motel, um Wechselkleidung und sein
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