Blutige Rache
Graben gefahren.
»Von hier aus gibt’s nur einen Weg ins Reservat, ziemlich bald nach rechts ab. Wenn wir ihn nicht davor kriegen, schafft er’s«, erklärte der Deputy.
Virgil drückte das Gaspedal durch, bis er den Truck fast nicht mehr unter Kontrolle hatte, und kam dem Van näher. Wieder zwei Minuten, drei Minuten, und er befand sich nur noch hundert Meter hinter ihm. Da wurde der Van plötzlich langsamer und bog unvermittelt nach rechts ab. Virgil, darauf vorbereitet, folgte ihm.
»Jetzt geht’s dann nach links«, brüllte der Deputy, und Virgil folgte seinen Anweisungen. »Sie sind beinah da.«
Vor Virgil stand ein Wagen am Straßenrand, zwei Männer daneben. Das , dachte er, ist offenbar die Ziellinie .
Ihm blieb nichts anderes mehr übrig, als noch einmal zu beschleunigen, sich neben den Van zu setzen und ihn von der Straße abzudrängen. Sie landeten neben dem abgestellten Wagen, wo Virgil seinen eigenen Truck zum Stehen brachte, mit der Waffe in der Hand heraussprang, ohne die beiden Männer zu beachten, und rief: »Raus, ihr Mistkerle.«
Übertrieben, das wusste er, aber es fühlte sich gut an.
Der Fahrer des Vans kletterte mit erhobenen Händen heraus. Ray Bunton schlüpfte auf der anderen Seite aus dem Wagen und begann durchs sumpfige Gestrüpp davonzulaufen. Virgil rief, jemand solle auf den Fahrer aufpassen, und folgte Bunton.
Virgil war erst Mitte dreißig und rannte gern und regelmäßig, Bunton war über sechzig, rauchte seit seinem vierzehnten Lebensjahr und trug eine Beinschiene. Virgil holte ihn nach dreißig Metern ein, lief noch kurz neben ihm her, und als Bunton zu ihm herüberschaute, zog Virgil ihm eins über den Schädel, so dass der alte Mann mit dem Gesicht voran in den Schmutz fiel.
Virgil drückte Bunton ein Knie ins Kreuz, löste die Handschellen von seinem Gürtel und legte sie Bunton an.
Dann zog er Bunton hoch. Als sie die Trucks und den Van im Straßengraben erreichten, traf der Mann von der Wasserwacht ein. Zwei Indianer, der eine um die fünfzig, der andere Mitte zwanzig, standen zwischen Virgil und seinem Wagen. Sie trugen beide keine Uniform, aber einen Waffengurt. »Wo wollen Sie mit ihm hin?«, fragte der Ältere.
»Zum nächsten Gefängnis«, antwortete Virgil.
»Das darfst du nicht zulassen, Louis«, jammerte Bunton. »Ich bin im Reservat.«
»Sie können ihn nicht haben, mein Junge«, sagte der Ältere. »Das hier ist Reservatsgebiet.«
»Tja, dann verklagen Sie mich doch«, erwiderte Virgil.
Die beiden Männer versperrten ihm den Weg zum Truck noch deutlicher, und der Jüngere legte die Hand auf die Waffe.
»Wollen Sie mich erschießen?«, fragte Virgil, trat einen Schritt auf den Jüngeren zu und sah zu dem Deputy und
dem Mann von der Wasserwacht hinüber. »Wenn diese Typen mich abknallen, möchte ich, dass ihr sie erschießt.«
»Hey, ganz ruhig«, rief der Deputy.
Inzwischen war Virgil nur noch wenige Zentimeter von dem Jüngeren entfernt. »Nun machen Sie schon. Oder sind Sie etwa zu feige dazu?«
»Junge …«, begann der Ältere.
»Ich bin nicht Ihr Junge«, blaffte Virgil, »sondern SKA-Agent, und dieser Mann hier« - er zerrte an Buntons Arm - »ist in vier Mordfälle verwickelt. Ich verhafte ihn.«
»Das glaub ich nicht«, sagte der Jüngere und legte die Hand fester um die Waffe. »Wenn ich Sie erschießen muss, werde ich das tun.«
Doch Virgil war schneller und hielt ihm seine Pistole ins Gesicht. Der Jüngere wich erschrocken einen Schritt zurück. »Was ist, Wyatt Earp? Nun zieh endlich.«
»Moment«, rief der Ältere. »Sie sind verrückt, Mann.«
»Louis …«, flehte Bunton.
Der Blick des Älteren wanderte zu Bunton. »Tut mir leid, Ray, die Sache wird ein bisschen zu heiß. Wenn wir mehr Leute hier hätten …«
Der Jüngere sah Louis erstaunt an. »Wir lassen ihm den Mann?«
»Halt die Klappe«, sagte der Ältere. »Willst du vielleicht, dass wegen Ray Bunton jemand stirbt? Schau dir den irren Weißen an. Der zögert keine Sekunde, dir’ne Kugel zu verpassen.« Er wandte sich wieder Virgil zu. »Nehmen Sie ihn mit, aber das gibt Ärger.«
»Na und?«, knurrte Virgil.
Der Jüngere nickte. »Ich fahr runter zu euch …«
Doch plötzlich war die Luft raus, und Virgil sagte zu Bunton: »Kommen Sie mit.«
Als sie den Deputy passierten, meinte dieser: »Das war ganz schön beschissen.« Und an Louis gewandt fügte er hinzu: »Tut mir leid, Louis. Hier geht’s um Mord. Dass das so gelaufen ist, find ich auch nicht
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