Blutige Rache
…«
»Soweit ich weiß, gibt’s Drogen-Connections zwischen hier und Indianern in den Cities«, sagte Virgil. »Hatte Ray was damit zu tun?«
»Meines Wissens nicht. Ray hat hin und wieder mal Marihuana geraucht, nicht mehr«, antwortete Bunch. »Nicht gedealt oder so. Jedenfalls nicht hier.«
»Irgendwie muss Ray ausspioniert worden sein«, sagte Virgil. »Wie sonst würde jemand, der sich in der Gegend nicht auskennt, den Weg zum Haus von Rays Mutter finden
und einen Cop erschießen können, der nicht mal die Waffe zieht?«
Ein anderer indianischer Polizist, der sich in der Zwischenzeit zu ihnen gesellt hatte, meldete sich zu Wort: »Denken Sie, was ich denke?«
»Und was denken Sie?«, fragte Virgil.
»Dass Olen den Typ kannte, der ihn angehalten hat? Keine Gefahr witterte, weil der andere auch Indianer war?«
Virgil nickte. »Hab ich zwar nicht gedacht, aber der Gedanke ist gut.«
Bunch sagte: »Auch hier gibt’s Arschlöcher und Leute, die jemanden erschießen würden. Wenn Sie also auf die Idee kämen, dass der Killer aus der Red-Lake-Gegend stammt, würd ich drüber nachdenken. Unmöglich ist es nicht. Doch was soll die Zitrone bei den Mordopfern? Glauben Sie, die wurden allesamt von Indianern umgebracht?«
»Nein. Ich vermute eher, sie wurden von jemandem getötet, der die nötigen Verbindungen hat, um einen Mord hier zu organisieren.«
Der andere indianische Polizist meldete sich erneut zu Wort: »Dann hat’s bestimmt mit Drogen zu tun. Das ist das Einzige, womit sich das organisierte Verbrechen in Red Lake beschäftigt.«
Der Mann von der Spurensicherung richtete sich auf, ging um den Wagen herum und fragte: »Sie sind Virgil?«
»Ja.«
»Ron Mapes aus Bemidji.« Er hatte rötlich blonde, schütter werdende Haare und trug Latexhandschuhe. »Unsere Leute am Veteranendenkmal in Bemidji meinen, Bunton könnte den Täter mit den Fingernägeln verletzt haben. Sie haben Blut- und Hautproben.«
»Sehr gut. Die sollen sie so schnell wie möglich ins Labor schicken.«
Mapes nickte. »Okay. Ich selbst kann, abgesehen von Fußspuren, nicht viel bieten.«
»Ach.«
Mapes führte ihn ein Stück die Straße hoch und deutete auf zwei mit kleinen orangefarbenen Plastikfähnchen markierte Fußabdrücke.
»Können Sie daraus etwas schließen?«, fragte Virgil.
»Kleine Füße, glatte Ledersohlen mit flachen Absätzen. Keine Stiefel, eher Anzugschuhe.«
»Kein sonderlich großer Mann also.«
»Genau. Er ist nicht sehr tief in den feuchten Boden eingesunken. Wir - das heißt die Beamten hier - vermuten, dass er seinen Wagen irgendwo im Wald abgestellt und das Bunton-Haus beobachtet hat. Etwa hundert Meter vom Haus entfernt befindet sich eine Straße, die zu einer Bootsanlegestelle führt. Wir überprüfen die Theorie, sobald es hell wird. In der Dunkelheit lässt sich nicht genug erkennen.«
»Was, denken Sie, werden Sie finden?«
Mapes zuckte mit den Achseln. »Nun, ich hoffe auf ein Streichholzheftchen mit dem Aufdruck ›Moonlight Café, St. Paul, Minnesota‹ und der handschriftlichen Notiz ›Ruf mich an, Sonia‹.«
»Ja, das wär super«, meinte Bunch.
»Jetzt mal im Ernst«, sagte Virgil.
»Im besten Fall? Mehr Blut. Wenn er das Haus aus der Nähe beobachtet hat, musste er in der Dunkelheit durchs Gestrüpp, und da könnte er sich gekratzt haben … Wahrscheinlicher ist allerdings, dass wir ein Stückchen Stoff von seiner Kleidung entdecken. Vielleicht ist er ja auch hingefallen und hat einen Handabdruck hinterlassen. Oder was verloren. Wer weiß?«
»War am Tatort.22er-Munition?«, fragte Virgil.
»Nein.«
»Er verwendet einen Schalldämpfer, hebt die ausgeworfenen Patronen vom Boden auf oder fängt sie mit der Hand beziehungsweise mittels eines an der Waffe befestigten Körbchens auf.«
»Klingt plausibel«, sagte Mapes. »Scheint ein Profi zu sein.«
»Glaube ich auch«, pflichtete Virgil ihm bei.
Virgil blieb bis vier Uhr morgens, weil er trotz allem hoffte, noch etwas Interessantes zu finden. Sie gingen in Buntons Haus, wo dessen Mutter vom Schaukelstuhl aus die Wand anstarrte, und sahen sich an, was Bunton hinterlassen hatte: eine Motorradtasche mit ein paar Hemden und einer Jeans, aber nicht das klitzekleinste Stück Papier.
Um vier teilte Virgil Jarlait und Bunch mit, dass er nach Bemidji fahren wolle, um ein wenig zu schlafen.
»Darf ich Sie was fragen?«, sagte Jarlait, als sie allein neben dessen Truck standen. »Wir haben über den weißen Van und den Indianer
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