Blutige Rache
Wort«, sagte Virgil. »Wir schicken Ihnen morgen jemanden vorbei.«
Warren zog die Hemdsärmel straff, glättete die Krawatte, wandte sich seinem Sicherheitsmann zu und sagte: »Wir gehen.«
Als sie weg waren, bemerkte der Beamte von der Minneapolis-Polizei: »Die Aktion wird nicht gerade als Paradebeispiel für gute Polizeiarbeit in die Annalen eingehen.«
Sie rangen sich ein Lachen ab.
»Wann hat er sich denn mit Ihnen in Verbindung gesetzt?«, wollte Virgil wissen.
Offenbar hatte Warren die Polizei von Minneapolis eine halbe Stunde nach Andrenos Anruf informiert. »Sie haben die Sache also besprochen«, sagte Virgil.
»Ja. Wir mussten uns höllisch beeilen, um alles zu organisieren. Es waren nur ungefähr zwölf Minuten Zeit.«
»Aber durch Ihre Mitwirkung spielt er der Polizei die Fotos in die Hand.« Virgil wirkte verwirrt.
»Vielleicht dachte er, dass sie sowieso an die Öffentlichkeit gelangen, und wollte sie vorher manipulieren«, mutmaßte Shrake. »Bilder von Carl Knox sind kein wirklich sicheres Beweismittel. Wir wissen ja nicht mal, ob Knox überhaupt aussagen würde. Und ohne seine Aussage sind sie nichts wert.«
»Oder er wollte aus mir rauskitzeln, wo Knox steckt«, sagte Andreno.
»Möglicherweise«, erwiderte Virgil, die Hände in die Hüften gestemmt. »Mann, ist das alles eine Scheiße. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.«
EINUNDZWANZIG
Virgil rief Davenport an, um ihm zu berichten, was passiert war. Davenports Kommentar: »Sie sind gefeuert.«
»Tja …«
»Kümmern Sie sich um die DNS-Probe. Die jagen wir dann durch alle Datenbanken im Land. Viel bringt das wahrscheinlich nicht, aber wenn er wirklich verrückt ist …«
»Das ist mir egal. Eins beschäftigt mich: Ich glaube Knox alles, was er mir über Warren erzählt hat. Warren ist ein Arschloch. Aber ich kauf auch Warren alles ab, was der über Knox sagt. Ich denke nicht, dass man sich so verstellen kann.«
»Es steht fest, dass Warren jemanden umgebracht hat«, sagte Davenport. »Das sollten wir nicht aus dem Blick verlieren.«
»Okay. Haben Sie sonst noch was für mich?«
»Ja, einen Rat.«
»Und der wäre?«
»Gehen Sie angeln. Ich kenn jemanden draußen am St. Croix, ungefähr eineinhalb Kilometer südlich der Brücke über die I-94. Der hat eine Sechs-Meter-Lund, die er kaum jemals benutzt. Ich könnte das Boot für Sie ausleihen.«
Virgil dachte einen Augenblick über den Vorschlag nach, bevor er sagte: »Keine schlechte Idee. In meinem Kopf herrscht Chaos. Auf dem Fluss bring ich vielleicht Ordnung rein.«
»Gut, dann rufe ich ihn also an.«
»Und was ist mit Warren?«
»Rose Marie kennt ihn«, antwortete Davenport. »Heute Abend findet eine Cocktailparty im Town and Country Club statt für das Planungskomitee der Republikaner. Warren wird dort sein, weil er die Security organisiert, Rose Marie auch, und der Gouverneur hält eine Begrüßungsansprache. Da können wir Warren packen.«
»Er ist ziemlich sauer«, bemerkte Virgil.
»Tja, das passiert, wenn einem die Nekrophilie im Nacken sitzt. Kommt das ans Licht, hat er ein Problem. Man stelle sich die Schlagzeilen bei CNN vor: ›Nekrophiler verantwortlich für Security der Republikaner‹.«
»Wär das was Neues?«, fragte Virgil.
»Ha, ha. Ich lach mich tot.«
»Aber erklären Sie mir eins: Warum hat er der Polizei die Fotos in die Hände gespielt?«
»Vielleicht dachte er, dass Knox ihm an den Kragen will.«
»Knox … Ich wollte grade sagen: ›Knox ist nicht der Killer.‹< Aber Warren hält ihn möglicherweise dafür. Und wenn Warren das tut, ist Warren auch nicht der Mörder.«
»Nehmen Sie’ne Auszeit auf dem Wasser, und denken Sie in Ruhe drüber nach«, empfahl ihm Davenport.
Davenports Freund rief Virgil an, um ihm mitzuteilen, dass er sich auf dem Clifton-Hollow-Golfplatz aufhalte und nicht vorhabe, in den nächsten paar Stunden heimzukehren. »Gehen Sie ums Haus rum; die Terrassentür steht offen. Wenn Sie zum Balken raufschauen, sehen Sie einen Nagel mit einem pinkfarbenen Plastikschwimmer dran. Das ist der Bootsschlüssel. Ziehen Sie die Plane vom Boot runter, und verstauen Sie sie an der Anlegestelle. Lucas sagt, Sie haben Ihre eigene Angelausrüstung.«
»Ja. Ich möchte ein Stück nach Süden runterfahren, sehen, ob ich ein paar Schwarzbarsche erwische.«
»Nehmen Sie Muskie-Köder mit, die gibt’s da, das weiß ich.«
»Danke. Ich lass einen Zwanziger fürs Benzin da. Reicht das?«, fragte
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