Blutige Rosen
Oberlippenbart. Seine Augen blickten offen, nicht verschlagen.
Er führte mich in sein Zimmer. Es war eine Mischung aus Fitnessraum und Büro. Regale und Schreibtisch bestanden aus hellem Kiefernholz. Die Sitzgruppe war mit beigem Leinenstoff bezogen. Auf dem kleinen Tisch lagen Stapel mit bedrucktem Papier, und in einer Ecke waren Hanteln und Expander aufgebaut sowie ein Hometrainer.
»Setzen Sie sich. Möchten Sie etwas trinken?«
»Wasser.«
Er grinste. »Aus der Leitung?«
»Wenn's geht Mineralwasser.«
»Okay.« Er verschwand, ich hörte ihn mit seiner Mutter sprechen, dann kam er mit der Flasche und zwei Gläsern zurück. Während er einschenkte, stellte ich mich vor. »John Sinclair also«, sagte er nickend und drehte den Schraubverschluss wieder zu. »Ein hoher Besuch, Wirklich.«
»Sie kennen mich?«
»Man hört so einiges über Sie. Zudem sollen Sie ein fairer Mann sein, Cheerio.« Er hob sein Glas.
Auch ich trank. Bevor ich meine Fragen stellte, gab ich eine Erklärung ab. »Ich komme nicht, um Sie zu überprüfen, weil Sie oder Ihre Freunde etwas Unrechtes getan haben. Im Gegenteil, ich stehe Ihrer Arbeit positiv gegenüber, aber es sind da einige Punkte aufgetaucht, die ich gern geklärt hätte.«
Jack ließ sich ebenfalls in einen Sessel fallen. »Ehe Sie in die Vollen gehen«, sagte er, »möchte ich darauf hinweisen, dass ich nichts gegen meine Freunde aussage, das ihnen schaden könnte.«
»Das brauchen Sie auch nicht.«
»Dann ist es gut.«
»Es geht um folgendes. Am heutigen Abend wurde ich von zwei Weißen Engeln überholt. Als wir an einer Ampel stoppen mussten, warf mir einer eine gelbe Rose auf die Kühlerhaube meines Wagens. Das ist normalerweise nicht schlimm, doch gegen gelbe Rosen bin ich momentan allergisch. Aus Gründen, die ich erst noch für mich behalten möchte, wenn Sie verstehen.«
»Kaum, aber weiter.«
»Meine Frage: Haben Sie irgend etwas mit diesen gelben Rosen zu tun gehabt?«
»Nein.«
Die Antwort kam sehr spontan, so dass ich ihn bat, noch einmal darüber nachzudenken. »Wirklich nicht.«
»Also nichts mit einer gelben Rose?«
»Wirklich nicht, Oberinspektor. Ich wüsste auch keinen Club, der sich so nennt.«
»Haben Sie schon einmal den Namen Gordon Schreiber gehört?«
»Kann mich nicht erinnern.«
»Oder Wikka?«
Er schaute mich an. »Wikka«, murmelte er. »Hört sich sehr seltsam an, finden Sie nicht auch?«
»Ja.«
»Wer ist das denn?«
»Im Augenblick spielt das keine Rolle. Ich hätte nur gern gewusst, ob Sie den Namen schon einmal vernommen haben?«
»Nein.«
»Und was ist mit den anderen Mitgliedern Ihrer Vereinigung? Haben die vielleicht etwas davon gehört?«
»Man müsste sie fragen.«
»Wo?«
Jack Adrian nahm einen Schluck. »Das ist in der Tat das Problem. Wo kann man die anderen finden? Also hier nicht. Wir haben heute unseren freien Tag. Ich kümmere mich an diesem Abend immer um meine Mutter. Was die anderen machen, weiß ich wirklich nicht.«
»Sind sie gemeinsam weg?«
Er hob die breiten Schultern. »Alles ist möglich, wirklich. Ich weiß es nicht genau. Manchmal gehen sie in eine Flipperhalle und spielen eine heiße Kugel. Andererseits sind wir auch an den freien Tagen oft getrennt. Das kommt ganz darauf an.«
»Wie viele Mitglieder zählen die Weißen Engel?«
»Mit mir elf.«
»So viele?«
»Ja.«
»Können Sie mir die Namen geben?«
Er schaute mich an und grinste. »Da steckt doch etwas dahinter, Oberinspektor. Was haben die Jungen und Mädchen angestellt?«
»Nichts an sich. Ich muss nur jeder einzelnen Spur nachgehen, das verstehen Sie doch.«
»Klar.« Er grinste weiter. »Irgendwie gefallen Sie mir, Mr. Sinclair. Ehrlich, ich werde Ihnen die Namen der Mitglieder aufzählen.« Er tat es. Ich hörte genau zu und erfuhr auch, dass zwei Mädchen zu den Weißen Engeln gehörten.
»Die haben wir buchstäblich aus der Gosse geholt«, erklärte mir der junge Mann, den ich auf 21 Jahre schätzte. »Lilian Day ist eine Weiße. Dahlia Serranos Wiege hat in der Karibik gestanden. Als das Mädchen zwei Jahre alt war, kamen seine Eltern hier nach London.«
»Aber einen Namen haben Sie vergessen.«
»Wieso?«
Ich lächelte. »Es waren nur zehn, wobei Sie sich mitgezählt hatten.«
»Stimmt, ich habe wirklich einen nicht genannt. Er ist erst vor knapp vier Wochen zu uns gestoßen und passt eigentlich nicht hierher, weil sein Vater schwer Geld hat. Der Junge heißt Harry Goring. Er wohnt sogar außerhalb von London,
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