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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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doch die Atemnot machte ihm zu schaffen.
    »Dieser Streb ist vermutlich ein alter Teil einer französischen Grube«, erklärte Remmark. »Die Bewetterung des Strebs scheint nur noch durch schleichendes Wetter zu funktionieren. Durch Risse und nach dem Mauereinbruch auch durch die Gezähekammer werden Wetter hoch durch den Streb auf die vierte Sohle gezogen, wo es offensichtlich Verbindungen zu deutschen Grubenbauten gibt. Damit will ich sagen, dass wir hier keine Luft für unnötige Schnüffler zu viel haben.«
    Schlagartig spürte Schnur, wie sich seine Brust zuschnürte. Und seine Klaustrophobie meldete sich mit aller Wucht zurück. Er schaute zu Kullmann, doch der strahlte einen beneidenswerten Kampfgeist in dieser beengten Situation aus, als er sagte: »Dann können Sie das Feld getrost uns überlassen!«
    »Sie kenne ich doch«, stellte Remmark auf diese Bemerkung hin erst fest. »Sie haben damals hier unten herumgeschnüffelt, als dieses Unglück passiert war. Aber herausbekommen haben Sie nichts.«
    »Stimmt! Deshalb bin ich heute hier. Damals wurden zwei Männer vermisst, die bis heute nicht gefunden worden sind. Und jetzt will ich mir den Toten anschauen.«
    »Sie glauben, dass es Winfried Bode oder Karl Fechter ist?«
    »Wie viele Männer werden außer den beiden noch vermisst?«, stellte Kullmann eine Gegenfrage, die Remmark verstummen ließ. »Na also«, fügte Kullmann zufrieden an.
    Endlich verließ Remmark seinen Platz, damit Kullmann und Schnur sich die Überreste anschauen konnten.
    Doch was sie zu sehen bekamen, half nicht weiter. Der Tote war mumifiziert, sein Gesicht teilweise vom Helm bedeckt. Dafür lugten unversehrte Zähne hervor. Die Kleidung hatte die Farbe der Umgebung angenommen.
    »Gibt es keine besonderen Kennzeichen, die ein Bergmann mit sich trägt, wenn er unter Tage fährt?«, fragte Schnur.
    »Normalerweise kann man einen Kameraden an Filterselbstretter oder an der Lampe erkennen, weil diese Nummern mit denen der Fahrmarken identisch sind. Aber hier sehe ich nichts davon. Ist vielleicht verschüttet worden.«
    Schnur stellte fest: »Die Zähne sehen noch intakt aus. Damit können wir ihn identifizieren.«
    »Das werden Sie aber nicht hier unten in diesem Stollen machen!«, funkte Remmark dazwischen.
    »Sie werden es nicht glauben, aber wir haben eine Rechtsmedizin in Homburg. Dort bringen wir den Toten hin«, erklärte Schnur süffisant und fragte weiter: »Wer hat den Toten gefunden?«
    Anton Grewe hob schüchtern die Hand.
    »Er und die beiden Auszubildenden, die vor der Tür stehen«, präzisierte Remmark.
    »Wie ist Ihr Name?«
    »Anton Grewe.«
    »Haben Sie die Lage des Toten verändert?«
    »Nein. Wir haben nur einige Steine zur Seite geräumt, um zu sehen, auf was wir gestoßen sind.«
    »Heißt das, dass der Tote komplett zugedeckt dort lag?«
    »Naja, komplett wohl nicht, sonst hätte Kevin ihn nicht entdeckt.«
    »Sie sind aber über ihn hinweggestiegen?«
    Grewe schaute verwirrt drein, bevor er meinte: »Wir sind über den Steinhaufen gestiegen!«
    »Das frage ich nur, weil wir dann mit Knochenbrüchen rechnen können, die postmortem entstanden sind«, erklärte Schnur. »Die Information ist für unseren Gerichtsmediziner wichtig.«
    »Wir konnten doch nicht ahnen, dass …«
    »Ich mache Ihnen ja keinen Vorwurf«, beschwichtigte Schnur, dem das Spiel Spaß zu machen begann. »Kommen Sie morgen früh zur Kriminalpolizeiinspektion nach Saarbrücken. Ich werde dort Ihre Aussage aufnehmen müssen.«
    »Für solche Sachen geben wir normalerweise Sonderurlaub«, schaltete sich Remmark ein, »aber da sich die Arbeit nicht von alleine macht und wir zu wenige sind, muss er morgen hier antreten.«
    »Wir brauchen eine Aussage. Das werden Sie doch verstehen«, drängte Schnur. »Es wird höchstens eine Stunde dauern. Dann kann er ja später noch unter Tage fahren.«
    Remmark verstummte.
    Ein Rascheln hinter ihnen weckte plötzlich ihre Aufmerksamkeit. Schnur staunte nicht schlecht, als er sah, wie Kullmann in den schwarzen Gang kroch, der steil nach oben führte. Er wollte seinen ehemaligen Chef gerade zurückrufen, als Kullmann seine Expedition von alleine beendete. Mit kohlrabenschwarzem Gesicht drehte sich der Altkommissar um, ein Anblick, der Schnur grinsen ließ.
    »Schade, dass ich hier unten meinen Fotoapparat nicht einsetzen darf«, brummte Remmark und kratzte sich am Kopf. »Der Anblick war wirklich zu köstlich.«
    »Manchmal habe ich eben Glück«, gab Kullmann zurück

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