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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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hineinpassen, oder aber es fehlt uns die Kraft dazu, und wir verkümmern in ihr. Aber das passiert nur den Menschen. Eine alte, vertrocknete, rissige Haut bedeckt diese Seiten – mit einer schwarz-weißen Schicht, mit den Worten und ihren Zwischenräumen. «
    Korbmann schenkte Wein nach. Leise sagte er: » José Saramago. «
    » … hat mal den Nobelpreis bekommen, oder? Endlich weiß ich auch mal was! « , freute sich Sternenberg. Er sah zu Isabel. Sie hatte das Buch zurückgestellt, setzte sich zurück an den Tisch, und über ihre Wange lief ein Strich aus Tränenwasser, das sie wie zufällig wegwischte, und sie lächelte ins Leere.
    Er hatte seine Kommissarin noch nie weinen sehen.

8
    Sternenberg öffnete die Tür zu seinem Büro. Zwei weibliche Körper, die mit einem Klopfen gerechnet haben mochten, zuckten zusammen. Die eine Frau, eine junge Dunkelhaarige mit starkem Körperbau, hatte den Besucherstuhl genommen. Die andere, eine Rothaarige mit schmaler, randloser Brille, sah ihn direkt an, sie hatte seinen Stuhl besetzt und ihn auf die Besucherseite gezogen.
    Sternenberg nickte ihnen ein Hallo zu, um seine Überraschung zu verbergen, und schloss die Tür wieder, von außen. Isabel kam den Gang herunter und erinnerte ihn an die Teamsitzung.
    » Ich weiß, danke. «
    » Ist was? « , fragte sie. » Ein Gespenst im Büro? «
    » Zwei Gespenster. «
    » Oh. Hübsch? «
    » Weiß ich nicht. Wer sind die? «
    »Laut Wolfgang werden uns zwei Leute zugeteilt. Beatrix war wohl beeindruckt von deiner Ansprache. «
    » Die eine ist ziemlich jung. «
    Isabel zog den Mund zu einem breiten Lächeln, von dem Kai Sternenberg nicht zu deuten wusste, ob es ein Grinsen war. » Schön, ne? «
    Er versuchte es sachlich. » Haben wir von den beiden Gespenstern auch eine Personalakte? «
    Isabel ließ ihren Blick auf die zwei Mappen fallen, die sie unter dem Arm hielt.
    Sternenberg fand, dass sie zu sehr die Verschwörerin spielen wollte. » Sag mir einfach die Namen. «
    Isabel flüsterte. » Barbara und – Moment, ich vergess’ es immer wieder – Saskia! Saskia ist die Alte, die Ältere, neununddreißig. Barbara ist die Kleine. Ein Frischling. «
    » Frischling? « , platzte es aus ihm heraus.
    Isabel blätterte etwas verlegen in den beiden Mappen. » Wolfgang meint, nur auf diese Weise können wir überhaupt zwei Leute bekommen. Sind Überhangkräfte, alle beide. «
    » Hm. «
    » Das heißt, wir haben sie so lange, bis ein anderes Dezernat sie anfordert und ihnen eine Stelle gibt. «
    » Schick sie weg! «
    Sie lachte – dann aber nicht mehr. » Kai, jetzt hör mal auf! Wir bekommen kein anderes Personal. «
    » Und wenn die zwei nichts taugen? «
    » Müssen wir erst mal sehen. Und wenn, dann können wir sie ablehnen. Kein Problem. Andere bekommen wir nicht. «
    » Wir können kein Team aufbauen mit Menschen, die morgen wieder weg sind. «
    » Na ja. Wolfgang war auch ganz plötzlich weg. Und Petra. Und denk an Walter und Rebecca. «
    Sternenberg stöhnte. » Die waren wenigstens ein paar Jahre bei uns. « Er äugte zu den Mappen. Isabel hielt sie ihm hin, doch er schüttelte den Kopf: » Interessiert mich nicht. Oder haben sie was ausgefressen? «
    » Keine Ahnung. Ich lese doch keine fremden Personalakten. «
    » Isabel! «
    » Ja, gut. Saskia ist zweimal versetzt worden, die Umstände sind etwas nebulös für meinen Geschmack. «
    » Und die Kleine? Wird bald konfirmiert, nehme ich an? «
    Isabel hob die freie Hand, um zu markieren, dass sie nichts sagen konnte oder wollte.
    Er tippte auf eine der Akten und nahm sie beide: » Hör mal, Goldstück … «
    Sie prustete durch die Lippen. » Mach nicht auf Philip Marlowe, das steht dir nicht … Alter. «
    » … ich wollte sagen: Findest du nicht, wir werden ein bisschen zu schnell ein reiner Frauenladen? «
    » Stimmt. Wär’ schön, wir bekämen mal einen Mann. «
    » Tarek …?! «
    Sie sah ihn mit einem gewissen Mitleid an.
    » Lassen wir mal das mit den Männern und Frauen « , sagte er. » Wenn wir die beiden da nehmen müssen … Ich meine, wenn du mit denen in eine gefährliche Situation gerätst – würdest du darauf vertrauen, dass sie dich rausholen? Vielleicht verdrücken die sich einfach. Vertraust du Menschen, die du nicht kennst? «
    Isabel legte ihren Kopf schief, diesmal freilich nicht aus Mitleid, sondern um ihn anzuschmachten: » Aber ich vertraue doch nur Ihnen, Mister Marlowe! «
    Er fand, dass sie ausgesprochen hinreißend aussah. Isabel und

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